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Der große Ölkrieg

Der große Ölkrieg

Titel: Der große Ölkrieg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans J. Alpers
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anatomisch geformt, und glitt lautlos heran, so daß sich Tlile erleichtert niederließ und hinaufgetragen wurde zu den anderen ineinander verschachtelten Ebenen, wo silhouettenhaft die Gestalten der Techniker und Gelehrten erkennbar waren.
    Die Scheibe fand allein ihr Ziel, wie jedesmal zum Schichtbeginn, durchstieß das substanzlose Gespinst der Dämmervorhänge und war unvermittelt in Licht getaucht. Klinisch hell war es in der Forschungszentrale. Die Wände waren weiß, mit Kontrolltafeln geschmückt, mit Monitoren und Anzeigen übersät, und an technische Geschwülste erinnernd erhoben sich überall die Computerblöcke, die die Bewegungen der Compagenten steuerten und alle gewonnenen Informationen speicherten und in Bezug zueinander setzten.
    Tlile sprang von der Scheibe und sah sich für einen Moment in der spiegelnden Oberfläche des Holo-Tanks.
    Tlile war klein und zierlich, mit zarten Händen und einem schmalen Gesicht, so schmal wie die Mandelform ihrer Augen. Haar und Augenbrauen schimmerten rötlich und besaßen nahezu die gleiche Tönung wie ihre Brustwarzen, die von der aufgesprühten, transparenten Bluse vor Kälte und Zugluft geschützt wurden. Ihre Sprühhose war schwarz wie Teer und nur dort, wo ihr Schoß lag, durchsichtig. Ihre Haut wirkte blaß.
    „Der Krieg geht weiter, Tlile“, wurde sie von der Gelehr ten Ornia begrüßt und fühlte Ornias feuchte Lippen für kurze Zeit auf ihren ruhen.
    „Der Krieg geht weiter“, entgegnete Tlile und schenkte der jüngeren Frau ein knappes Lächeln. „Du siehst gut aus, Ornia.“
    „Ich sehe schrecklich aus“, wehrte Ornia geschmeichelt ab.
    Berd, der männliche Gelehrte, der wie immer mit blau und golden tätowiertem Hodensack aufgeregt zwischen den Instrumenten hin und her huschte, nickte Tlile zu und murmelte etwas Unverständliches.
    „Dort“, sagte Ornia und deutete auf einen der Monitoren. „Pünktlich wie der Herzschlag eines Pulsars. Du erinnerst dich, daß wir schon dachten, ihn verloren zu haben, doch die Compagenten konnten ihn im Lauf der Nacht wieder aufspüren. Übernimmst du?“
    „Ich glaube nicht, daß ich das kann“, erwiderte Tlile höflich.
    Sie trat näher.
    Wüste. Flimmernde Hitze. Weißer Sand. Ein Himmel, grün und blau. Staub, der in langen, faserigen Schwaden über die Dünen wehte. Und der Marathon.
    Der Marathon …
    Tlile erkannte ihn sofort wieder, so vertraut war er ihr im Verlauf der vielen Schichten geworden, die sie in der Forschungszentrale verbracht hatte.
    Der Marathon war ein Riese. Er atmete Stärke aus. Naturgewalt. Der Marathon war silbern, und die Sonne hüllte ihn ein in eine flammende Aura. Wären diese Beine nicht, diese stampfenden, nimmermüden Säulen, die den monströsen Leib über die Wüste hetzen ließen … Ein Bild tauchte in Tliles Erinnerungen auf. Die Schnellbahnen von Myrion Cri, wie sie auf der elektromagnetischen Spur die Sümpfe im Norden und die endlosen Nadelgrasebenen im Westen durchquerten. Stromlinienförmig. Vorn abgeflacht, die Schnauze nur Millimeter vom Boden entfernt, dann hinten dicker werdend, wie eine Rakete.
    Der Marathon besaß sehr viel Ähnlichkeit mit diesen Schnellbahnen.
    Doch er war ein Tier.
    Falls man die Dinge, die auf Simbatrill existierten, noch als Tiere bezeichnen konnte.
    Der Computer blendete unablässig Zahlen auf dem Monitor ein.
    Fast fünfhundert Kilometer in der Stunde, dachte Tlile. So schnell. Und er produziert ein knappes Megawatt. Also ist er ausgehungert von der Nacht. Hat seine Reserven verbraucht, um der Kälte zu begegnen.
    Der Kälte … Tlile verzog die Lippen und lehnte sich zurück, als sie Ornias Hand auf ihrem Po fühlte. In der Nacht herrschten zwanzig Grad Celsius auf Simbatrill. Wie an einem sonnigen Frühlingstag auf Myrion Cri. Doch für den Marathon war diese Temperatur tödlich, wenn er sich nicht im Sand vergrub; draußen im Freien mußte er all seine während des Tages erzeugte und gespeicherte Energie aufbringen, um nicht zu erfrieren. Ornias Hand glitt weiter, zwischen ihre Schenkel, die unbehaarten Lippen ihres Schoßes, und mit einem stillen Ächzen verfolgte Tlile den Kurs des Marathons weiter, obwohl sie sein Ziel schon kannte, weil er es jeden Tag ansteuerte. Ihr Schoß war jetzt feucht, ganz anders wie die vulkanische Dürre des Bleichknochengebirges, wo die Ahnen des Marathons sich zur letzten Ruhe gebettet hatten und wo sich ihre mächtigen Skelette wie Skulpturen aus Eisen und Titan, Nickel, Kupfer und Gold der Sonne

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