Der große Ölkrieg
Schmierflüssigkeiten und das Fauchen des hydraulischen Dampfes. Sogar das Schmatzen, mit dem sich die Ventile öffnen und schließen. Spiegelglatt ist jetzt seine Haut, schlüpfrig und silbrig, ohne Ansatzpunkt für den Fahrtwind, der vergeblich versucht, unter den Vorderleib zu schlüpfen, der ganz dicht am Sande ist. Zornig pfeift der Wind über die Glätte der Haut, vorbei an der Wölbung seines Körpers, unter dem die Beine sich heben und senken, keines zu schnell, keines unsicher, trotz ihrer wuchtigen Kraft fast so flink wie die Flügel eines Kolibris.
Der Lauf belebt ihn.
Er nimmt Witterung auf. Vom Narbenzacken her dringt der Duft. Und auch der Boden rekelt sich. Tief unten schwabbt Glut hin und her, von Gasen bedrängt, vom Fels eingeengt, und strömt in Richtung Horizont. Er atmet die Sonne ein, um die Schwäche zu vertreiben, die der Hunger mitgebracht hat, er läuft schneller und schneller dem Narbenzacken entgegen, wo der Perlweißbelag der Gipfel und Hänge von Ascheflocken düster bemalt wird.
Er ist jetzt ein Geschoß. Vom Wind eingehüllt. Nur schattenhaft wahrnehmbar. Er läuft in dröhnender Hatz über die Wüste. Er atmet und filtert den Sauerstoff aus der Luft. Laufen. Leben.
Der Tag beginnt.
DIE SPREU, IM NICHTS VERTEILT
„Und das Ganze nach zwanzig Jahren Flug. Natürlich im Eisherzen, um nicht grau an Haar und Verstand zu werden.“ Der Raumscherge bohrte seinem Kameraden den rechten großen Zeh in den After. „Dann diese Welt, weiß wie ein Ei. Aus der Ferne. Steht man auf ihr, so ist sie schmutzig. Verschneit, aber schmutzig. Rußflocken aus den Hochöfen der Heiligen-Dreifaltigkeits-Kirche. Die Pfaffen selbst schmiedeten Schwerter und Boden-Raum-Raketen, und nicht einmal in der Hitze der Stahlschmelzen legten sie ihre schwarze Kluft ab.“ Der Raumscherge streichelte seinem Kameraden mit dem linken Fuß die Hoden. „Wir hatten leichtes Spiel mit ihnen, zumal ihr Papst von den ersten Landetruppen in die ewige Umlaufbahn geschossen wurde. Ein kurzes Gemetzel in den Gemächern des Neuen Vatikans, einige Bomben, die wie Eisblumen erblühten, und einige rote Flecke im schmutzigen Schnee. Das war ’65 auf Montblanc.“ Der Raumscherge nickte und gab seinem Kameraden einen Kuß.
Und das ist jetzt siebzig Jahre her, dachte Tlile.
Sie schritt an der Kabine vorbei, wie gewöhnlich das tote Metall der Zerospur benutzend, die sich durch den breiten Korridor schlängelte und irgendwo vor ihr im Dunst der Dämmervorhänge verschwand. Das Deckenlicht war grünlich wie das Nadelgras auf Myrion Cri, wie Mater, die Sonne, die ihr bei der Geburt ins Gesicht geblinzelt hatte.
„Du bist nicht dabeigewesen, du kannst es dir nicht vorstellen, wie das für uns gewesen ist. Selbst der perfekte sensitive Film kann nicht wiedergeben, wie die Senke auf den Menschen wirkt.“
Eine neue Kabine. Ein Raumscherge, der zu dem Ego-Portrait einer Frau sprach. Die Frau war blauäugig und gelbhaarig, und ihre Wimpern zitterten verhalten, während sie aufmerksam aus ihrem Rahmen hinunter auf den Schergen blickte, der sich die Nase puderte und langsam die holographischen Fotos sortierte, die er vor sich auf dem Klapptisch ausgebreitet hatte.
„Ich meine, es ist eine völlig neue Erfahrung. Es ist wie das erste Mal, wenn man mit einer Frau oder einem Mann schläft. Man sitzt auf dem Elektronischen Floß, eingehüllt in den Kriegspanzer, in dem es unablässig klickt und piepst und knirscht, und wenn man die Grenze überquert, dann erlöschen plötzlich und unerwartet die Sterne. Alle Sterne. Es wird finster. Es wird so finster, daß man sich fast selbst verliert.
Man weiß, irgendwo ganz in der Nähe befindet sich das Schwarze Loch, und man ist in der Senke, und nicht weit entfernt lauert der Feind in der Dunkelheit, die absolut ist. Wenn man dann auf diesem Floß hockt und selbst den Photonenbrenner ausgeschaltet hat, um nicht frühzeitig entdeckt zu werden, dann bleibt einem nichts anderes übrig, als die Magnetlanze zur Hand zu nehmen und Punkt für Punkt den zugeteilten Raumkubus abzutasten. Immer in der Hoffnung, einen von den Feinden zu erwischen und ihn in den Schwerkraftschlund zu schleudern. Immer in der Angst, selbst getroffen zu werden und hilflos davonzudriften, mitten in das Herz des Schwarzen Lochs. So war es ’23, mein Schatz, und nie habe ich einen Feind zu Gesicht bekommen.“ Der Raumscherge lächelte hinauf zu dem Ego-Portrait.
Vor hundertzwölf Jahren, durchfuhr es Tlile, als sie die
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