Der große Ölkrieg
O’Boogie, der leider vor einigen Monaten das Zeitliche gesegnet hat – ist dazu in der Lage, dieses Projekt in Angriff zu nehmen. Die Welt muß aufgerüttelt werden, und da auch deine Ausdrucksfähigkeiten in der deutschen Sprache wahrhaft begnadet sind …“
„Ich wünschte“, unterbrach ich ihn mit einem tiefen Seufzen, „die Lektoren könnten deine Meinung teilen …“
„Papperlapapp“, funkte Sepps Klon ungehalten dazwischen. „Was kümmert es den Mond, wenn ihn ein Hund anbellt? Du wirst diesen Roman schreiben, Punktum!“
Nun kann ich mich wirklich rühmen, den einen oder anderen ernsthaften Roman verfaßt zu haben. Ich kann sogar mit Stolz darauf verweisen, der Lieblingsautor des SF-Clubs „Die sechs Terraner“ zu sein – aber wenn es dazu kommt, daß der bekannt einfältige Sepp Siebenkäs einem schmeichelt, kann man in der Regel davon ausgehen, daß er sich davon ein Geschäft verspricht.
Ich ließ also die 93. Folge der Knallharten Typen erst einmal sausen, schaltete die stromfressende Maschine ab, klemmte mir eine Zigarre zwischen die Zähne und brachte meinen hochbetagten Drehstuhl zum Rotieren.
Sepps Klon zog ein Manuskript aus der Tasche.
Ich streckte abwehrend die Hände aus.
Der Klon warf mir die zwölfhundert Blätter umfassende Loseblattsammlung in den Schoß und sagte mit dem gleichen wahnsinnigen Augenfunkeln, das Sepp immer dann überkommt, wenn er es geschafft hat, einem naiven Provinzverleger einen Vertrag aus der Nase zu ziehen: „Dies ist die Bombe, die du zünden wirst!“
„Und warum, o Seppel“, erwiderte ich ungeheuer cool und setzte, um ihm zu zeigen, daß mich sein undechiffrierbares Gephrasel nicht vom Hocker riß, zu einem diskreten Gähnen an, „zündest du sie nicht selbst?“
„Mein Name muß unter allen Umständen aus dieser Affäre herausbleiben“, sagte Sepp. „Schon allein wegen der aufdringlichen Burschen von der Steuerfahndung. Laß dir erklären …“
„Wohlan denn“, brummelte ich mit einem verzweifelten Seufzer. „Aber fasse dich kurz, mein Lieber, denn für heute Mittag hat sich nicht nur mein blutsaugerischer Agent, sondern auch mein Lieblingsgerichtsvollzieher Dr. Grämlich zum Essen eingeladen.“
„Was du in dieser meiner Materialsammlung lesen wirst, wird dich entsetzen “, sagte Sepps Klon und rollte so verzweifelt mit den Augen, daß ich schon damit rechnete, sie würden ihm jeden Moment aus den Höhlen und in meine leere Kaffeetasse fallen. „Diese Unterlagen betreffen die geheimen Aktivitäten des Herrn der Welt; eines Individuums, das seit Anbeginn der Menscheitsgeschichte Katastrophen heraufbeschworen hat, alle Fäden der Entwicklung in der Hand hält und darauf hinarbeitet, unsere schöne Welt in einem Chaos versinken zu lassen. Der Herr der Welt ist die geheimnisumwobenste Gestalt der irdischen Historie. Niemand außer dem Geheimkomitee der SF-Autoren Westeuropas weiß bisher von seiner Existenz. Wir sind ihm nur durch einen Zufall auf die Schliche gekommen …“
„In der Tat?“ fragte ich und deutete mit einem ganz leisen Schnarcher an, daß ich Sepps Garn zum Gähnen fand. Ich hatte absolut keine Lust, mich von diesem Klon-Monster auf den Arm nehmen zu lassen. „Der Bursche muß ja steinalt sein, wenn er – ich zitiere –‚seit Anbeginn der Menschheitsgeschichte Katastrophen heraufbeschwört’.“
„Er ist erst zweiunddreißig“, sagte Sepp ein wenig verschnupft, weil er es auf den Tod nicht ausstehen kann, wenn man seine genialen Monologe mit kleinkariertem Gequengel unterbricht. „Aber es bereitet ihm nicht die geringsten Probleme, in der Vergangenheit herumzupfuschen, denn er besitzt eine Zeitmaschine. Er ist zudem ein Meister der Maske und tritt in den unterschiedlichsten Epochen in den verschiedensten Verkleidungen auf. Aber mir ist es gelungen, die Spuren seiner Untaten bis ins Jahr 33 zurückzuverfolgen. Und was ich dabei entdeckt habe, ist ungeheuerlich !“
„Tatsächlich?“ fragte ich.
„Yeah!“ fauchte Sepp, beziehungsweise sein Klon, giftig. „Wußtest du zum Beispiel, daß Pontius Pilatus anstelle dieses Halunken Barrabas eigentlich einen Burschen namens Jesus von Nazareth kreuzigen lassen wollte? Der Herr der Welt hat das verhindert, indem er Tausende von teuren Zigarren an den Mob verteilte und ihn so dazu brachte, ‚Kreuzigt Barrabas!’ zu schreien. Es ist auch seinen Aktivitäten zuzuschreiben, daß Napoleon die Schlacht bei Waterloo gewann! Der Herr der Welt hat die spanische
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