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Der gruene Heinrich [Erste Fassung]

Der gruene Heinrich [Erste Fassung]

Titel: Der gruene Heinrich [Erste Fassung] Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gottfried Keller
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verschmelzend mit dem phantastischen Wesen meiner Abgeschiedenheit, gefiel ich mir in einer komischen, höchst unschuldigen Gelehrsamkeit, welche meine Beschäftigungen seltsam bereicherte und vermehrte. Ich schrieb am frühen stillen Morgen oder in später Nacht hochtrabende Aufsätze, begeisterte Schilderungen und Ausrufungen und war besonders eitel auf tiefsinnige Aphorismen, die ich, mit Skizzen und Schnörkeleien vermischt, in Tagebüchern anbrachte. So glich meine Zelle, in welcher sich gesuchte Gegenstände und Zieraten immer mehr anhäuften, dem kochenden Herde eines Hexenmeisters oder Alchimisten, auf welchem ein ringendes Leben gebraut wurde. Das Anmutige und Gesunde und das Verzerrte und Sonderbare, Maß und Willkür brodelten durcheinander und mischten sich oder schieden sich in Lichtblicken aus.
    Und ungeachtet meines äußerlich stillen Lebens trat doch manche frühe Trübung hinzu, welche mich sorgenvoll oder leidenschaftlich bewegte. Mein Trieb, mich zu unterrichten und zu unterhalten, und meine Sammlungslust führten mich überallhin, wo alte Bücher, Kupferstiche und sonstige Dinge zu kaufen waren; denn die Bücher meines Vaters, deren Hauptzierde Schiller war, hatte ich längst, soweit sie mir verständlich, durchgelesen und zu eigen gemacht, und selbst das Unverständliche übersetzte ich in eine eigens erfundene fabelhafte Wissenschaft, mit Worten spielend; Kupferstiche aber, wenn ich sie sah, reizten mich zum Besitz und bildeten überdies fast die einzige äußere Hilfsquelle für mich, so daß ihre Erwerbung mir Pflicht schien.
    Unsere Stadt zeugte in einer Menge alter guter Sammlungen von Büchern und Kupferstichen, welche für wenig Geld fast unerschöpflich in Winkeln und Magazinen zu finden waren, daß in den guten Häusern, aus welchen sie herrührten, in der vergangenen Zeit große Bildung gepflegt worden sei. Je mehr ich in Büchern und Bildwerken mich zurechtfand und mir was zugute tat, in Namen und Zeit bewandert zu sein, desto eifriger wurde meine Besitzlust; ich kaufte anfänglich manches für meine wenige Barschaft, dann entdeckte ich den verführerischen Ausweg schon früh, zu wählen und zu bestellen und sich, von der Bereitwilligkeit der Handelsleute unterstützt, reichliche Sendungen zuschicken und größere Rechnungen anlegen zu lassen. Diese waren nun bei alledem nie sehr bedenklich, und der Name meiner sparsamen Mutter gab mir einen guten Kredit. Allein da ich für mich allein handelte und meine Einkäufe selbst bezahlen wollte durch verkaufte Arbeiten, diesen Verkauf aber nicht einmal versuchte und vor dem Augenblicke scheu zurückwich, wo ich jemanden etwas antragen sollte, ohne was doch kein Anfang denkbar war, blieben meine Rechnungen so lange unbezahlt, bis es den Antiquaren und wunderlichen Trödelleuten endlich auffiel und sie mich durch höfliche Briefe mahnten. Dadurch geriet ich in tausend Ängsten, dachte aber nur unbestimmt auf Abhilfe, bis diese Mahnungen mir nicht mehr schrecklich waren. Dann erschienen meine Gläubiger mit feierlich langgezogenen Gesichtern unversehens im Hause, meine Mutter erschreckend und mir selbst nun streng und unheimlich vorkommend, die mich sonst so freundliche bejahrte Leutchen gedünkt hatten. Diese Umwandlung der sonst so harmlosen Persönlichkeiten durch ein Schuldverhältnis, aus einem unscheinbaren Trödelmännchen zum Beispiel in einen gefürchteten Verfolger, beunruhigte mich und ließ mich das Peinliche des Schuldenmachens empfinden, bis die Mutter, nachdem sie mich eine gute Weile hatte zappeln lassen, endlich unter ernsten Ermahnungen mich erlöste. Diese Weise sagte ihr gar nicht zu und war bisher unbekannt gewesen in ihrem Hause. Daher gedachte sie solche Frühlingsschwalben, die mit dem neuen Künstlerleben so zeitig einzogen, am besten zu vertreiben, wenn sie mich die Unbequemlichkeit eine Zeitlang fühlen ließe.
    Ferner hatte ich um die Zeit einen feurigen und lebhaften Freund, welcher meine Neigungen stärker teilte als alle anderen Bekannten, viel mit mir zeichnete und poetisch schwärmte und, da er noch die Schulen besuchte, reichlichen Stoff von da in meine Kammer brachte. Doch war unser Verkehr mehr ein prahlerisches Feuerwerk und glänzende Übung genialer und origineller Formen, die wir nachahmend aus Gelesenem erhaschten. Zugleich war er lebenslustig und trieb sich ebensooft mit flotten Leuten in Wirtshäusern herum, von deren Herrlichkeiten und energischen Gelagen er mir dann erzählte. Ich blieb meistens

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