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Der gruene Heinrich [Erste Fassung]

Der gruene Heinrich [Erste Fassung]

Titel: Der gruene Heinrich [Erste Fassung] Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gottfried Keller
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Geselle Hans Danner, welcher schon dazumal von den harten Metallen Späne trieb, als hätte er weiches Holz unter den Händen, und sein Bruder Leonhard, der Erfinder von mauerstürzenden Brechschrauben. Da ging auch der Meister Wolff, Danner, der Erfinder des Feuersteinschlosses an den Gewehren und Büchsen, die er trefflich schmiedete und künstlich ausbohrte, und neben ihm Böheim, der Meister der Geschützgießer, welche ihre gleißenden, wohlverzierten Geschützröhren, Kanonen, Metzen und Kartaunen durch alle Welt berühmt machten.
    Überhaupt war der Krieg die zehnte Muse. Die Zunft der Schwertfeger und Waffenschmiede allein umfaßte eine mehrfach gegliederte Welt kunstreicher, feiner und fleißiger Metallarbeiter. Der Schwertfeger der Haubenschmied, der Harnischmacher, jeder von diesen brachte den Teil der kriegerischen Rüstung, der seinem Namen entsprach, zur größten Gediegenheit und Zierlichkeit und bewährte darin ein nachhaltiges Künstler dasein. Wunderbar löste sich diese strenge Einteilung und Beschränkung in die Freiheit und Allseitigkeit, mit welcher die schlichten Zunftmänner wieder zu den wichtigsten Taten und Erfindungen vorschritten und alle wieder alles konnten, oft ohne lesen und schreiben zu können. So der Schlosser Hans Bullmann, der Verfertiger großer Uhrwerke mit Planetensystemen und musizierenden Figuren, und der Vervollkommner dieser, Andreas Heinlein, welcher auch so kleine Uhren zuwege brachte, daß sie im Knopfe der Spazierstöcke Platz fanden; auch Peter Hele, der eigentliche Erfinder der Taschenuhren, ging hier unter dem handfesten Namen eines Schlossermeisters.
    Gleich auf dies handlich sinnige Zunftwesen folgte dasjenige, welches am schärfsten diese Zeit von einem frühern Jahrtausend unterschied, nämlich das der Buchdrucker und Formschneider, welche für Wort und Bild die Schleusen der unendlichen Vervielfältigung auftaten und den Strom losließen, der nun die Welt überschwemmt. Vor bald vierhundert Jahren haben sie den Zapfen ausgestoßen, daß das Brünnlein sprang, und wo stehen wir jetzt? Es ist ein großes unentbehrliches Mittel geworden, welches der Unsinn ebenso behende braucht als die Vernunft; es ist die Luft, welche der Gerechte wie der Ungerechte atmet, und der Tischklopfer badet sich so munter und unbefangen in seiner Flut wie der Sperling im Bache. Weit hinter dieser Flut ist die langsame, aber stete Bewegung des eigentlichen Geistes geblieben, des Geistes, der nicht auf dem Papier, sondern in Fleisch und Blut lebt und sich nur von Leib zu Leib, von Auge zu Auge, von Ohr zu Ohr mitteilt, überzeugt, trennt und einigt.
    Auch hier kommt zuletzt alles wieder auf den persönlichen Menschen an, wie er leibt und lebt und zu dem andern hintritt mit seiner Wahrheit oder Täuschung.
    Aber nichtsdestominder wollen wir die Gruppe der Meister höchlich ehren, welche nun schwarz und weiß gekleidet daherkam. Es waren die Männer, welche nebst der unschätzbaren Bibel freilich auch das Corpus juris druckten, aber daneben auch eifrig bemüht waren, stattliche Ausgaben der wiedererstandenen Klassiker herzustellen, und eine Ehre dareinsetzten. So wackere und fähige Werkleute waren sie, daß sie nicht nur das kitzlige und zusammengesetzte Handwerkszeug selbst anfertigten und verbesserten, sondern auch die griechischen und lateinischen Bücher selbst zu korrigieren verstanden.
    Es lag aber etwas Griechisches in der Luft jener Zeit, und wie alle Gewerke schon durch den Meistergesang mit der Kunst verbunden waren, so ging beinahe jedes einzelne unmittelbar in die bildende Kunst über und hatte bei derselben als Legaten die Sprößlinge seiner Werkstatt. So waren hier mit den Buchdruckern die Formschneider gepaart, deren Kunst alsobald der jungen Buchdruckerei zur Seite ging und in dem damaligen Drange, jedem geeigneten Raume Form und Bild aufzudrücken, sich blühend entfaltete. Ein tödlicher Frost ist dann lange Jahre hindurch auf diesen Blütendrang, der in allem Handwerk trieb, gefallen, und erst in neuester Zeit erholt er sich wieder ein wenig und fängt gerade, die bis zur Überfeinerung gediehene Kupferstecherei der verdunkelten Jahre überspringend, wieder da an wie ehemals, nämlich beim Holzschnitt. Aber noch wuchert mit der zehnfachen Mühe, mit welcher das Gute zu tun wäre, das Krabbelige, Charakterlose und Schwächliche und überwuchert das Klare und Feste, und das Übel scheint von oben zu kommen, wo man den festen Gedanken, der zur festen Form gehört, nicht

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