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Der gruene Heinrich [Erste Fassung]

Der gruene Heinrich [Erste Fassung]

Titel: Der gruene Heinrich [Erste Fassung] Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gottfried Keller
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ein wohlgelungenes Leben und doch mit dem Sonnenschein ewiger Jugend um das weiße Haupt. Das junge Weib mit voller Brust und rundem Leib, wie Goethe sang, hatte ihm gezeigt:
    »Der Menschen wunderliches Weben, Ihr Wirren, Suchen, Stoßen und Treiben, Schieben, Reißen, Drängen und Reiben, Wie kunterbunt die Wirtschaft tollert, Der Ameishauf durcheinander kollert! – Unter dem Himmel allerlei Wesen, Wie ihr's möcht in sein'n Schriften lesen.«

    Welcher auch das alte Weiblein zu ihm gleiten sah:
    »Man nennet sie Historia,
    Mythologia, Fabula.
    Sie ist rumpfet, strumpfet, bucklet und krumb, Aber eben ehrwürdig darumb« –
    auch welcher tat einen Narren spüren
    »mit Bocks-und Affensprüngen hofiren«;

welchem endlich stieg

    »auf einer Wolke Saum
    Herein zu's Oberfensters Raum
    Die Muse, heilig anzuschaun
    Wie 'n Bild unsrer lieben Fraun.
    Die umgibt ihn mit ihrer Klarheit, Immer kräftig wirkender Wahrheit.« –
    Und obgleich hier der Sängergreis ganz erschien, wie ihn sein wackerer Schüler Puschmann beschrieben:
    »In dem Saal stund unecket

bedecket
    ein Tisch mit Seiden grün,
    am selben saß
    ein Alt Mann, was
    Grau und weiß, wie ein Taub dermaß, der hett ein'n großen Bart fürbas; in ein'm schönen großen Buch las mit Gold beschlagen schön«;

    so verstand der Darsteller doch sein Urbild so wohl, daß man ihm noch ansah, was Goethe wieder sang:

    »Ein holdes Mägdlein sitzend warten Am Bächlein beim Holunderstrauch; Mit abgesenktem Haupt und Aug
    Sitzt's unter einem Apfelbaum
    Und spürt die Welt rings um sich kaum; Hat Rosen in ihr'n Schoß gepflückt Und bindet ein Kränzlein gar geschickt Mit hellen Knospen und Blättern drein.
    Für wen mag wohl das Kränzel sein? – – Wie er den schlanken Leib umfaßt, Von aller Müh er findet Rast;
    Wie er ins runde Ärmlein sinkt, Neue Lebenstäg und Kräfte trinkt. – – So wird die Liebe nimmer alt Und wird der Dichter nimmer kalt.« –
    So ging er jetzt im Schmucke des Alters und der Poesie daher, ein großes Buch tragend.
    Aber das bürgerliche Lied war dazumal so reich und überquellend, daß es mit jeder Meisterschaft unzertrennlich war und hauptsächlich auch unter dem Banner der nun folgenden Baderzunft hinter Schermesser und Bartbecken herging. Da war unter den kränzegeschmückten Gesellen Hans Rosenplüt, genannt der Schnepperer, der vielgewanderte Schalks-und Wappendichter, ein krummbuckliger munterer Gesell mit einer großen Klistierspritze im Arm. Mit langen Schritten folgte diesem der hochbeinige magere Hans Foltz von Worms, der berühmte Barbier und Dichter der Fastnachtsspiele und Schwänke und als solcher Genoß des Rosenplüt und Vorzünder des Hans Sachs. Zwei Bartscherer und ein Schuhmacher pflegten so das zarte Schoß des deutschen Theaters.
    Liederreich waren alle die alten Zünfte, die jetzt folgten in ihren bestimmten Farben an Kleid und Banner; die Schäffler und Brauer, die Metzger, welche in rotem und schwarzem, mit Fuchspelz verbrämten Zunftgewande höchst tüchtig aussahen, sowie die hechtgrauen und weißen Bäcker; die Wachszieher, lieblich in Grün, Rot und Weiß, und die berühmten Lebküchler, hellbraun mit Dunkelrot gekleidet; die unsterblichen Schuster, schwarz und grün, in die Farbe des Peches und der Hoffnung gehüllt; buntflickig die Schneider; die Damast-und Teppichwirker, bei welchen das Künstlichere den Anfang nahm und schon meisterliche Namen aufzeichnete; denn diese webten und wirkten die fürstlichen Teppiche und Tücher, mit denen die Häuser der großen Kaufherren und Patrizier angefüllt waren.
    Alle nun folgenden Zünfte waren angefüllt mit einer wahren Republik kraftvoller, erfindungsreicher und arbeittreuer Handwerks-und Kunstmänner.
    Die Tüchtigkeit teilte sich sowohl unter die Gesellen, welche manchen handlichen berühmten Burschen aufzuweisen hatten, als unter die Meister.
    Schon die Dreher zeigten den Meister Hieronymus Gärtner, welcher mit kindlich frommem Eifer aus einem Stücklein Holz eine Kirsche schnitzte, so zart, daß sie auf dem Stiele schwankte und die Fliege, welche auf ihr saß, mit den Flügeln wehte und auf den Füßen sich bewegte, wenn man daran hauchte – der aber zugleich ein erfahrener Meister und Errichter von Wasserwerken und kunstreichen Brunnen war.
    Unter den Hufschmieden, rot und schwarz gekleidet wie Feuer und Kohle, ging Meister Melchior, der die großen eisernen Schlangengeschütze aus freier Hand schmiedete; unter den Büchsenmachern der erfindungsreiche

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