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Der gruene Heinrich [Erste Fassung]

Der gruene Heinrich [Erste Fassung]

Titel: Der gruene Heinrich [Erste Fassung] Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gottfried Keller
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paar elenden Münzen empfand und sie mit gierigen Blicken verschlang. Es schien ihm das reinste und höchste Glück zu sein, was er da in der Hand hielt; denn es war die unzweifelhafteste Lebensfristung, Rettung und Erquickung, und darüber hinaus dachte der Frohe gar nicht. Er dankte dem lieben Gott sehr zufrieden für die Erhörung seines Gebetes, wie in den Tagen seiner Kindheit; sonst dachte er nicht viel, denn die Gedanken waren allbereits sehr kurz und dünn gesäet; er genoß nur mit stillem Wohlgefühl den durch das Grün flimmernden Sonnenschein und den Glanz der klingenden Silberstücke.
    Hier wird sich nun der dogmatische Leser in zwei Heersäulen spalten die eine wird behaupten, daß es allerdings die Kraft des Gebetes und die Hilfe der Vorsehung gewesen sei, welche die magischen Guldenstücke auf Heinrichs Hand legten, und sie wird diesen Moment, da wir bereits mitten im letzten Bande stehen, als den Wendepunkt betrachten und sich eines erbaulichen Endes versehen; die andere Partei wird sprechen »Unsinn! Heinrich würde sich sowieso endlich dadurch haben helfen müssen, daß er das Buch oder irgendeinen andern Gegenstand verkaufte, und das Wunderbare an diesem Helden ist nur, daß er dies nicht schon am ersten Tage tat! Es sollte uns übrigens nicht wundern, wenn der dünne Feldweg dieser Geschichte doch noch in eine frömmliche Kapelle hineinführt!« Wir aber als die verfassenden Geister dieses Buches können hier nichts tun, als das Geschehene berichten, und enthalten uns diesmal aller Reflexion mit Ausnahme des Zurufes »Richtet nicht, damit ihr nicht gerichtet werdet!« Selbst wenn wir nun gleich erzählen, welches Verhalten Heinrich annahm, nachdem er sich durch einige gute Nahrung gestärkt, so werden wir durchaus nicht unsere Meinung hinzufügen, ob der nüchterne oder der gesättigte grüne Heinrich recht habe.
    Er begab sich also nun mit kurzen Schritten nach dem gewohnten Speisehaus, welches ihm als der allerseligste Aufenthalt vorkam, und der Geruch der Speisen dünkte ihn köstlicher denn der Duft von tausend Rosengärten. Die aufwartenden Mädchen, welche sonst schon hübsch und munter waren, erschienen ihm wie huldreiche Engel, in deren Obhut es gut wohnen sei, und gerührt darüber, daß es in der Welt doch so wohlmeinend zugehe, setzte sich der gänzlich Ausgehungerte und mürbe Gewordene zu Tisch, in der festen Absicht, sich für das Fasten gründlich zu entschädigen.
    Hatte aber der bloße Anblick; des vielvermögenden Geldes ihn aufgemuntert, so stärkte ihn jetzt das Essen zusehends, daß er ordentlich zu Gedanken kam, und schon während er die kräftige Fleischbrühe einschlürfte, besann er sich und nahm sich vor, nicht mehr zu essen als gewöhnlich und sich überhaupt anständig zu verhalten. Als er jedoch ein saftiges Stück Ochsenfleisch und einen guten Teller Blumenkohl verzehrt, dazu einen Krug schäumenden Bieres vor sich stehen hatte, strich und kräuselte er sich wieder ganz selbstbewußt den jungen Bart, und indem er das ganze Abenteuer gemächlich überdachte, schämte er sich jetzt plötzlich seines Wunderglaubens und daß er so ganz haltlos in die Falle gegangen, in seiner Schwäche den trivialsten Vorgang von der Welt als eine unmittelbare Einwirkung einer höheren Vorsehung zu nehmen. Er bat den lieben Gott sogar um Verzeihung für die Zumutung, sich mit seiner Ernährung unmittelbar zu behelligen, den natürlichen Lauf der Dinge unterbrechend, während er selbst die Hände in den Schoß gelegt.

Sechstes Kapitel
    Als er solchergestalt diese Dinge betrachtete, nicht eben denkend, daß sie damit noch lange nicht zu Ende seien, und einen kräftigen Zug aus seinem Kruge tat, kamen einige seiner Bekannten heran und überhäuften ihn mit Fragen, warum er sich so lange nicht sehen lassen und wo er gewesen sei.
    Heinrich tat, als ob nichts geschehen wäre, und froh, wieder unter frohen Menschen zu sein, zechte und scherzte er mit ihnen, während in seinem Gemüte dieser erste kräftige Stoß des stillen, aber unerbittlichen Lebens langsam verschmerzte. Denn er fühlte erst jetzt, als mitten in Scherz und Gelächter die Brust sich noch heftig bewegte und er eine nur allmählich sich legende Aufregung empfand, wie so vielsagend und schonungslos dieser Stoß gewesen, daß er sich wie geschändet fühlte und ihn unwillkürlich verschwieg.
    Er ging dessenungeachtet mit dem wenigen Gelde um, als ob er ohne alle Sorgen wäre, und das betrachten wir eher als eine Tugend denn als

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