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Der gruene Heinrich [Zweite Fassung]

Der gruene Heinrich [Zweite Fassung]

Titel: Der gruene Heinrich [Zweite Fassung] Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gottfried Keller
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himmlische Jasmin, Die Seel' spazieret süß erbaut In Zimmetröslein her und hin, Da küßt der Bräutigam die Braut.

    Durch die letzteren Zeilen wurde er zuerst halb und dann ganz munter; plötzlich sah er den Garten hinter seinem Hause und in demselben die schlanke Nachbarin Cornelia durch die Jasminbüsche schlüpfen, und obgleich das Büchlein, das er in der Hand hielt, schon seit manchem Jahre gedruckt war, hielt er doch den Liedervers sogleich für eine unmittelbare Eingebung oder vielmehr für einen durch die Afra wunderbar bewirkten Aufruf zur Heimkehr und Heirat mit der Cornelia, die ihm mit jedem Augenblicke, den er darüber nachdachte, wieder wünschenswerter erschien. Aber auch gegen Afra Zigonia empfand er, zum ersten Male seit dem Abenteuer des Losziehens, ein dankbares Wohlwollen, überzeugt, daß sie weiser sei als er und ihn schließlich auf den Weg geleitet habe, den er nie hätte verlassen sollen. Das sei der Sinn ihres Wegganges im Traume und des Lichtes, das sie ihm aufgesteckt. Er packte in der Nacht seine Habseligkeiten zusammen, lief seinen Vorgesetzten davon, fuhr mit einem Walfischfänger südwärts und strebte unaufhaltsam der Heimat zu, wo er an seinem Hause eines Abends anschellte, gerade als er die einst mitgenommene Barschaft gänzlich aufgezehrt hatte; denn er war jetzt schon im zehnten Monat von Hause abwesend Er überlegte soeben, ob er, bei anbrechender Dämmerung, noch heute durch das Gartenpförtchen gehen und die verlassene Freundin wohltätig überraschen solle, als die Haustüre sich öffnete und ein fremdartiger Mensch vor ihm stand, ein blatternarbiger, gelbbrauner Mann mit gebogener Nase, starkem Schnurrbarte und runden Augen, der als Haustracht türkische Pantoffeln an den Füßen und eine lang herabhängende rote Kappe auf dem Kopfe trug, wie sie in den Ländern des Mittelländischen Meeres und weiterhin häufig bei Seeleuten gesehen wird. Der fragte nach dem Begehren desjenigen, der geläutet habe.
    »In mein Haus will ich!« antwortete dieser verwundert, »ich bin der Herr Hieronymus Zwiehan!«
    »Der bin ich selbst«, sagte jener barsch und schlug die Türe zu.
    Noch einige Minuten stand Albertus, bis ihm einfiel, er wolle den Notar aufsuchen, der wohl wissen werde, von welchem Insassen sein Haus besetzt sei. Allein der öffentliche Schreiber, der an seinem Abendessen gestört wurde, sah ihn groß an und rief ob er sich endlich sehen lasse, nachdem er so lang nichts von sich habe hören lassen? (Denn damals gab es noch nicht die vielen Publikationsmittel, um einen unbekannt Abwesenden aufzurufen.) Im Hause sitze kein anderer als der Adoptivsohn und einzige Erbe des verstorbenen Zwiehan, oder wenigstens einer, der sich gleichmäßig dafür ausgebe wie Albertus und ganz die gleichen Schriften besitze. Bereits habe die Mamsell Cornelia Soundso, die man für die Verlobte des letztern gehalten, gerichtlich bezeugt, daß sie von Albertus selbst auf dem Wege des Vertrauens das Geheimnis erfahren habe, wie er nicht sein Halbbruder, der ertrunkene Hieronymus, sondern der eigene natürliche Sohn des alten Zwiehans sei. Auf dieses Zeugnis hin habe man dem unvermutet angekommenen Hieronymus einstweilen den Aufenthalt in dem Hause gestattet; denn wenn es sich so verhalte, so sei nach hiesigem Erbrecht nicht der natürliche Sohn Albertus, sondern der Adoptivsohn rechtmäßiger Erbe, und jener könne gehen, wo er wolle, das heißt, insofern er nicht etwa wegen Fälschung des Familienstandes eingesperrt werde. Was er nun dazu sage?
    Albertus hatte zwar wenig Ursache mehr, auf seine Träume zu bauen; allein die grimmige Notwendigkeit zwang ihn, diesmal noch den Hieronymus für ertrunken zu halten; verwirrt und aufgebracht stotterte er, das sei alles nicht wahr und nicht möglich und werde sich leicht aufklären; aber der Notar zuckte die Achseln und ließ sich kaum herbei, dem Unglücklichen aus dem ihm anvertrauten Vermögen etwas weniges an Geld zu verabreichen, damit er eine Herberge suchen konnte. In der Tat war der verschollen gewesene Bruder bald nach der Abreise des Albertus in Ostindien unversehens erschienen und den Spuren des letztern nach der Schweiz gefolgt. Wo er die vielen Jahre sich umgetrieben, wurde nie völlig klar, unterderhand aber behauptet, er sei bei den Piraten gewesen und habe einen ordentlichen Beutel voll Dukaten zusammengerafft.
    Es kam nun zum gerichtlichen Austrag des Streites, welcher von den beiden Halbbrüdern und Bastarden der Adoptivsohn des

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