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Der gruene Heinrich [Zweite Fassung]

Der gruene Heinrich [Zweite Fassung]

Titel: Der gruene Heinrich [Zweite Fassung] Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gottfried Keller
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Afra Zigonia in der Tat angekommen war, er dieselbe erst entdeckte, als sie am andern Morgen früh mit zweien von den religiösen Personen in einen Reisewagen stieg. Er hatte kaum noch die gemessene, aber innige Freundlichkeit gesehen, mit welcher die Zurückbleibenden die in Reisekleider gehüllte Gestalt umgeben und begleitet hatten, als der Wagen schon davonrollte und bald aus dem Gesichte entschwand, während jene Zurückbleibenden mit andächtig zufriedener Miene an ihm vorübergingen wie Leute, die eine ihnen am Herzen liegende und teure Sache wohl verrichtet haben. »Nun ist das liebe Kind gut aufgehoben!« hörte er sagen, »nun geht sie ihrem Heil entgegen und wird bald in den Gärten des Herren wandeln!«
    Eine unaussprechliche Vorstellung überfiel ihn mit diesen Worten; er eilte beklemmten Herzens, seine Gönnerinnen aufzusuchen und sich nach der Bedeutung des soeben erlebten Vorganges zu erkundigen. Lächelnd teilten sie ihm mit, die Neuigkeit werde just überall besprochen es heiße, die Afra Zigonia sei nach Sachsen verreist, um in die Brüdergemeinde zu Herrnhut aufgenommen zu werden und dort ihr Leben zu verbringen. »Das ist mein Traum!« sagte er sich; »sie wandelt mit dem Lichte durch die Nacht in den Morgenstern hinein, aber ich lasse mich nicht zurückhalten von dieser Cornelia, sondern folge ihr diesmal nach!« Mit verstellter Ruhe blieb er noch ein paar Tage in dem Bade; dann aber begab er sich ohne Abschied eines frühen Morgens nach Hause, übergab seine Vermögensangelegenheiten dem öffentlichen Notarius, das Haus der Köchin, auch versah er sich mit Geldmitteln und verschwand darauf aus der Stadt, seinem Traumbilde nachzujagen. Da ihm aber die geographischen Verhältnisse der abendländischen Welt nicht geläufig waren und er das Ziel seiner Reise niemandem verraten mochte, gelangte er erst nach einigen Irrfahrten in die Gegend von Herrnhut. Er umkreiste diese Niederlassung der Gottseligen immer näher, drang endlich hinein und bewarb sich um die Aufnahme in ihre Gemeinschaft. Weil er nun weder in seinem Äußern noch in seiner Sprache, weder in seinen Blicken noch in seinen Bewegungen irgendeine Verwandtschaft oder Kenntnis dessen verriet, was er erlangen zu wollen vorgab, und sich überhaupt als ein unbeholfener Himmelsbarbar darstellte, so wurde er befremdlich und verdächtig angesehen und nach einigen Fragen mit einer Ablehnung entlassen. Betrübt und unentschlossen stand er da und hatte sogar Tränen in den Augen wegen seiner vergeblichen Reise, als ein Chor lediger Frauen vorüberging, deren letzte die Afra Zigonia war. Als diese ihn erblickte, schien sie ihn zu erkennen oder sich zu besinnen, wo sie den Mann schon gesehen habe; denn sie stand einen Augenblick still, ihn aufmerksam betrachtend, was er sogleich benutzte, sich ihr demütig grüßend zu nähern und das Bekenntnis zu stammeln, daß er aus heftiger Liebe ihr gefolgt, aber mit seiner Bitte um Aufnahme als Bruder abgewiesen sei. Ebenso betroffen als mitleidig liebevoll, wie ihm schien, ließ sie ihr Auge auf ihm ruhen, wie von einem innern Lichte sanft erglänzend, und sagte dann mit leiser und doch wohltönender Stimme, ihm sei mehr die Liebe zum Herrn und Erlöser als irdische Liebe vonnöten; aber er solle nicht verstoßen werden und möge einen oder zwei Tage noch im Gasthause warten. Hierauf grüßte sie ihn mit mildem Ernste und ging ihren Schwestern nach. Schon am nächsten Morgen wurde Albertus von einem der Vorsteher aufgesucht und nochmals abgehört und geprüft. Sei es nun, daß er durch die träumerischsüße Hoffnung, die ihn von neuem erfüllte, ein etwas andächtigeres Aussehen gewonnen oder daß die Mayluftin einen so bedeutenden Einfluß übte er wurde auf Probe zugelassen und der untersten Klasse von Neulingen beigesellt, immerhin in der Meinung, daß er sich nach Verlauf einiger Zeit dem Entscheide des Loses über seine endgültige Aufnahme zu unterwerfen habe, wie denn dieses Mittel in wichtigeren Angelegenheiten bekanntlich angewendet wurde, um dem unmittelbaren Kundgeben des göttlichen Willens Raum zu gestatten.
    Er mußte nun auf die rechte Art lesen, beten, singen lernen, bescheiden, still und arbeitsam sein und vor allem aus über sein sündhaftes und elendiges Wesen nachdenken; da er aber von alledem inwendig nichts fühlte und nur an die, wie er glaubte, von ihm geliebte Afra dachte, so wurde ihm die Sache sehr schwierig, und er verriet sich täglich mit barbarischen Blicken und Worten.
    Die

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