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Der gruene Heinrich [Zweite Fassung]

Der gruene Heinrich [Zweite Fassung]

Titel: Der gruene Heinrich [Zweite Fassung] Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gottfried Keller
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Geist verschwand.
    Hiemit lösten sich auch seine vorhinnigen Pläne und Luftschlösser in nichts auf, und Albertus hatte sie in diesem Augenblicke schon so vollständig vergessen, als ob statt einiger Minuten hundert Jahre verflossen wären. Er stand und starrte hinüber, wo der Abendschein im Hintergrunde allmählich verblich und die Dämmerung das Zimmer füllte, bis es völlig dunkel war, wie die Stube, in welcher er selber weilte. Nur der Blick jener geheimnisvollen Augen leuchtete noch in seinem Gehirne fort, und zwar auch während des nächtlichen Schlafes, bis der Morgenstern am Himmel glänzte, dessen Licht seine Augenlider berührt haben mochte; denn er sah es unmittelbar, als er aufwachte. Ihm hatte soeben geträumt, er sitze tief verborgen in dem Gartensälchen der Cornelia zwischen dieser und der unbekannten Spinnerin, die jedoch wie jene seine angetraute Frau sei, und von beiden werde er geliebkost, während er um jede von ihnen einen Arm geschlungen hielt. Das schien ihm eine sehr annehmbare und preiswürdige Sachlage zu sein, und er hielt sich dabei so still wie die Luft und die reglosen Jasmingebüsche, als plötzlich die Unbekannte sich erhob und ihm mit einem unaussprechlich lieblichen Blicke zuwinkte, ihr zu folgen. Allein die Cornelia umklammerte ihn so fest, daß er sich nicht zu bewegen vermochte und sehen mußte, wie jene durch einen unendlich langen Baumgang fortschwebte, ein helles Licht in der Hand tragend, welches im Vorübereilen einen Baum nach dem andern beglänzte und wieder im Dunkeln ließ. Zuletzt verschwand sie in der blauen Nacht, in der das Licht allein hängenblieb, das eben der Morgenstern oder Luzifer war, den er beim Erwachen erblickte. Voll unerträglicher Sehnsucht mochte er kaum die schickliche Zeit abwarten, um sich endlich näher nach der Unbekannten zu erkundigen und einen Zugang zu ihr zu finden.
    Sonderbarerweise ergriff er zuallererst den Schlüssel des cornelianischen Nachbarpförtchens, schlüpfte hindurch und machte den dortigen Frauen einen Morgenbesuch. Er traf sie am Packen einiger Koffer, da sie auf acht oder vierzehn Tage nach einem kleinen Badeorte reisen wollten und die alte Mietkutsche, die sie jährlich dahin brachte, schon erwarteten. Als Zwiehan mit seinen Fragen nach der spinnenden Nachbarin begann, hielt Cornelia ein kleines Weilchen mit ihrer Arbeit inne und sah dem Frager, an einem Koffer kniend, stutzig ins Gesicht. »Das wird wohl die Afra Zigonia Mayluft sein!«
    sagte sie weniger erstaunt als überrascht; denn schon früher hatte sie sich gewundert, daß er die wunderlich schöne Person nach nicht zu kennen schien.
    Wie sie aber bemerkte, daß er die gehörten Namensworte mit glänzenden Augen wiederholte, unterbrach sie ihn mit der plötzlichen Einladung, sie und die Mutter nach dem Kurorte zu begleiten. Wenn er sich für das Frauenzimmer interessiere, fügte sie errötend hinzu, werde man ihm unterwegs Weiteres mitteilen können, und überdies werde dasselbe, soviel man wisse, in wenigen Tagen auch in das Bad kommen, um mit Freunden zusammenzutreffen. Da habe er dann die beste Gelegenheit, die Schöne in freiem Verkehre zu sehen und kennenzulernen. Unverzüglich rannte Albertus in seine Behausung zurück, einiges Gepäck zu holen, und eine Stunde später saß er bei den zwei Frauen im Reisewagen und vernahm nun, daß die Fräulein Afra Zigonia Mayluft eigentlich nicht in unserer Stadt gebürtig sei, sondern nur als eine verwaiste Verwandte sich seit einiger Zeit in dem betreffenden Nachbarhause aufhalte und im übrigen für eine Fromme und Heilige gelte, ja sogar bereits halb und halb der evangelischen Brüdergemeinde, die man die Herrnhuter nenne, angehören solle. Cornelia und ihre Mutter betrachteten hierauf Herrn Zwiehan genau, um die abschreckende Wirkung zu gewahren, welche sie von diesen Tatsachen erhofften. Aber er schaute nur um so träumerischer vor sich hin, in süßen Gedanken verloren; was er vernommen, schien ihm vielmehr die verlockende Aussicht zu eröffnen, sich an irgendeiner unbekannten Glückseligkeit beteiligen zu können. In dem Badeort angelangt, zogen ihn daher seine Freundinnen, um ihn zu zerstreuen, sogleich in einen Kreis lustiger Badegäste, von welchen getrennt eine kleine Gruppe einfach gekleideter Männer und Frauen der Gesundheit pflegte. Immer wurde er andere Wege geführt als diejenigen, auf welchen diese Stillen in gemäßigten Gesprächen lustwandelten, und so kam es, daß, als eines Abends die sogenannte

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