Der gruene Stein
verkündet sie.
Ich hebe meine Augenbrauen ein Stückchen. »Tatsächlich?«
»Ja. Heute Morgen. Sie hat mich geschickt, damit Ihr aufhört, danach zu suchen, und um Euch zu bezahlen.«
Avenaris legt Geld auf meinen Schreibtisch. Wie immer, spüre ich die Anspannung hinter ihren knappen, gemessenen Bewegungen. Sie will so schnell wie möglich hier weg.
»Und wie hat Lisutaris das Medaillon aufgespürt?«
»Das hat sie mir nicht gesagt.«
»Wart Ihr nicht neugierig?«
»Ich sollte jetzt gehen. Denkt daran, niemandem gegenüber auch nur ein Wort von dieser Angelegenheit verlauten zu lassen.«
»Na klar. Wir wollen doch nicht die paar Leute misstrauisch machen, die noch nichts davon wissen.« Wie immer macht mich diese nervöse junge Frau, die Lisutaris so unbedingt beschützen will, neugierig. »Wisst Ihr etwas darüber, wie das Medaillon überhaupt verschwunden ist?«, frage ich sie.
»Was?«
»Ihr habt mich sehr genau verstanden. Eben noch achtet Ihr auf Lisutaris Beutel, und im nächsten Moment ist das Medaillon verschwunden. Das ist mir immer schon merkwürdig vorgekommen.«
»Ich weiß wirklich nicht, warum Lisutaris einen Mann wie Euch überhaupt engagiert hat!«, bricht es aus Avenaris heraus.
»Weil ich eine ausgezeichnete Gabe habe, Dinge zu bemerken. Zum Beispiel fällt mir auf, wenn Leute nervöser sind, als sie eigentlich sein sollten. Warum ist Lisutaris so darum bemüht, Euch zu beschützen? Braucht Ihr Schutz?«
»Nein.«
»Behandelt Lisutaris Euch gut?«
»Lisutaris war immer sehr gut zu mir. Ich muss jetzt gehen.«
Der nervöse Tick auf ihrem Gesicht meldet sich wieder. Und mir fällt auf, wie hager sie ist. Noch dünner als Makri. Sie ist sicherlich keine besonders hingebungsvolle Esserin. So, wie sie aussieht, genießt sie wahrscheinlich so gut wie gar nichts. Plötzlich steht mir ein Bild vor Augen. Der junge Barius, der japsend auf der Couch liegt.
»Hat Euch jemals jemand Vee genannt, Avenaris?«, erkundige ich mich unvermittelt.
Ihr Tick wird unkontrollierbar. Avenaris schlägt die Hände vor das Gesicht, um es zu verbergen. Eine Sekunde glaube ich schon, dass sie ohnmächtig wird.
»Nein!«, sagt sie. »Hört auf, mich zu verhören! Lisutaris hat Euch befohlen, das nicht zu tun!«
Mit diesen Worten flüchtet sie aus meinem Büro. Ich denke immer noch über die Bedeutung unserer Begegnung nach, als Sarin in mein Büro rauscht. Diesmal zielt sie nicht mit einer Armbrust auf mich.
»Das enttäuscht mich jetzt aber«, begrüße ich sie.
»Was denn?«
»Ich hatte gehofft, dass du in dem Zusammenbruch des Lagerhauses ums Leben gekommen wärst.«
»Bin ich aber nicht«, erwidert Sarin. Für Wortgefechte hat sie wenig übrig.
»Was willst du?«
»Ich habe ein Medaillon zum Verkauf anzubieten.«
»Ein Medaillon?«
»Es gehört Lisutaris. Ich habe es gefunden. Eigentlich wollte ich es Harm verkaufen. Aber die Umstände haben sich geändert, und ich bin bereit, es entweder Lisutaris oder der Regierung zu verkaufen. Dich würde ich dabei als Unterhändler benutzen.«
Lisutaris hat das Medaillon. Und Sarin hat es auch. Ganz offenkundig lügen beide, weil ich es ja habe. Ich werde Sarin ein bisschen an der Nase herumführen und versuchen herauszufinden, was sie eigentlich im Schilde führt.
»Die Umstände haben sich geändert? Lass mich raten: Harm der Mörderische vermutet, dass du ihn hintergehen wolltest und Georgius Drachentöter das Juwel angeboten hast. Und jetzt machst du dir Sorgen, dass du möglicherweise das Ziel eines Herzinfarktzaubers werden könntest.«
Meine Worte entlocken Sarin keine Reaktion.
»Wie kommst du darauf, dass ich als dein Unterhändler fungieren würde?«
»Du hast es schon einmal getan«, erwidert Sarin. Damit hat sie Recht. Auch wenn die Umstände damals andere waren.
Sarins Preis sind fünftausend Gurans.
»Das sollte Lisutaris ihre Haut wert sein.«
»Vielleicht, Sarin. Aber du wirst eines Tages bedauern, dass du dich mit all den Zauberern angelegt hast. Sie werden dir nicht alle verfallen wie Budhaius von der Östlichen Erleuchtung. Wie hast du ihn umgelegt? Einfach mit einem Dolchstoß in den Rücken?«
»So ähnlich«, antwortet Sarin die Gnadenlose. »Lisutaris muss bis morgen das Geld beschafft haben. Sie sollte sich besser daran halten. Mein nächstes Angebot gebe ich im Palast ab. Dort wird man sehr gut dafür bezahlen, das Medaillon vor den Orgks zu retten.«
»Bereitet es dir keine Gewissensbisse, Staatsgeheimnisse an den Feind
Weitere Kostenlose Bücher