Der gruene Stein
versucht er es jetzt? Ich werde einfach nicht daraus schlau. Das Medaillon befindet sich in meinem Beutel. Das weiß ich ziemlich genau. Ich habe eben noch mal nachgeschaut. Versuchen all diese Leute vielleicht, einen groß angelegten Schwindel durchzuziehen, oder ist es ein Effekt dieses magischen Wahnsinns, der überall ausgebrochen ist? Vielleicht ist Donax ja wirklich davon überzeugt, dass sich das Medaillon in seinem Besitz befindet. Und möglicherweise hält er sich ja sogar für einen Einhornflüsterer.
»Gestern Abend war ein Zentaur in meiner Taverne«, erzählt er. »Was mir den Eindruck vermittelt, dass ich mit meiner Vermutung gar nicht so weit danebenliegen könnte.«
»Wirklich?«
»Ja. Ich habe noch nie zuvor einen gesehen. Man könnte meinen, es wäre etwas befremdlich, halb Mensch, halb Pferd zu sein, aber den Zentaur scheint das nicht weiter gestört zu haben.«
»Was ist mit ihm passiert?«
»Er hat ein paar Biere getrunken und ist davongetrabt. Wird dieser ganze Unfug aufhören, nachdem das Medaillon jetzt endlich gefunden worden ist? Es ist schlecht fürs Geschäft, wenn ständig merkwürdige Sachen in der Stadt passieren. Meine Männer vergessen, was sie eigentlich tun sollten. Ich habe gestern Abend zwei Brüder losgeschickt, damit sie eine Schuld eintreiben, und als sie zurückgekommen sind, haben sie irgendwas von Meerjungfrauen in Springbrunnen gefaselt. Ich hätte sie auf der Stelle umgelegt, wenn dieser Zentaur nicht vorher aufgetaucht wäre. Das hat ihrer Geschichte einen Anstrich von Glaubwürdigkeit verliehen. Trotzdem ist es schlecht fürs Geschäft.«
Ich gebe zu, dass ich nicht weiß, ob diese merkwürdigen Vorfälle aufhören werden. Und ich weiß auch nicht, ob sie mit dem Medaillon in Verbindung stehen.
»Die Zaubererinnung sollte die Angelegenheit klären. Normale Leute sollten sich nicht mit solchen Dingen beschäftigen müssen.«
Ich verspreche Donax, Lisutaris sein Angebot zu unterbreiten. Was sie dazu wohl sagen wird? Warum lügen alle? Ich kann einfach nicht mehr logisch denken. Wenigstens weiß ich, warum nicht. Der Grund liegt darin, dass ich seit einigen Tagen keine ordentliche Pastete oder einen vernünftigen Rehbraten zwischen die Zähne bekommen habe. Seit Tanrose verschwunden ist, habe ich nichts mehr gegessen, was mich so richtig befriedigt hätte. Unter diesen Umständen kann niemand erwarten, dass ein Mann sein Bestes gibt. Ich beschließe, Tanrose einen Besuch abzustatten. Vielleicht kann ich sie ja überreden, wieder in die Rächende Axt zurückzukehren. Und wenn das nicht klappt, lädt sie mich hoffentlich wenigstens zum Abendessen ein.
Ich störe Makris Ruhe.
»Ich muss weg. Setz ein bisschen Geld auf vierzig Tote. Die Zahl steigt weiter.«
»Gut.«
»Ich besuche Tanrose. Soll ich dir eine Pastete mitbringen?«
Makri schüttelt den Kopf. Sie hat mit Nahrungsaufnahme nur wenig im Sinn.
17. KAPITEL
Tanrose wohnt bei ihrer Mutter im obersten Stockwerk eines finsteren Steinhauses zwischen ZwölfSeen und Pashish. Es sind fünf Treppen, die dringend eine Reinigung gebrauchen könnten, und außerdem ein paar mehr Fackeln zur Beleuchtung. Als ich eintrete, deckt Tanrose gerade den Tisch für das Abendessen. Das ist einer der wenigen Glücksfälle, die ich in diesem Sommer erlebe. Natürlich will ich nicht unhöflich sein und nehme ihre Einladung zum Essen an. Sobald ich jedoch am Tisch sitze, löst sich meine Selbstbeherrschung in Wohlgefallen auf, und ich bediene mich ein zweites, drittes und viertes Mal von allen Speisen. Das amüsiert Tanrose sichtlich, und ihre Mutter anscheinend auch. Sie ist eine ältliche Frau mit weißem Haar, die bereits von meinem legendären Appetit gehört hat.
»Einen Mann mit einem gesunden Appetit sehe ich gern«, sagt sie und holt mir noch eine Pastete aus der Speisekammer. Ich zögere. Da Tanrose jetzt keinen Verdienst mehr aus der Rächenden Axt nach Hause bringt, ist vielleicht nicht mehr so viel Geld in der Haushaltskasse. Andererseits will ich auf keinen Fall unhöflich erscheinen. Also mache ich mich über die Pastete her.
»Tanrose, du musst unbedingt in die Rächende Axt zurückkommen. Die Bevölkerung von ZwölfSeen hungert. Überall herrscht Verelendung, vor allem in meiner Zimmerflucht.«
Tanrose will wissen, ob Ghurd mich geschickt hat.
»Nein.«
»Also ist er sogar zu blöd, um eine Nachricht zu schicken«, sagt Tanrose. Was wohl auch irgendwie stimmt.
Ich versuche, ihn zu entschuldigen: »Er hat sein
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