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Der gute Liebhaber

Der gute Liebhaber

Titel: Der gute Liebhaber Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steinunn Sigurdardóttir
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einziges Mal in dem Haus gewesen, nachdem sie gerade dorthin gezogen war, aber er kannte es in- und auswendig. An einem sonnigen Abend im Juli – und es stimmte, er war einmal in diesem Leben in dem Haus und dem Garten gewesen, mit der Frau im blauen Pyjama. Dort lebte sie damals, im Haus der Eltern, dort waren sie den einen Abend zusammen gewesen und hatten auf das Meer hinausgeschaut, das immer noch da und gar nicht unendlich war, denn es endete am Strand vor diesem Haus, am gleichen Geröll wie seinerzeit.
    Das Licht im Schlafzimmer ging an, und er warf die Rose auf den Gehsteig zum Haus. Marmor! Stilbruch. Ganz gewiss etwas, was der Mann des Hauses sich hatte einfallen lassen. Seine Liebste hatte einen so perfekten Geschmack, dass er sie damit geneckt hatte, sie hätte den absoluten Blick. Nun würde sie sich, wenn sie am nächsten Morgen hinausschaute, am Anblick einer auf den Marmor gemeißelten Frostrose erfreuen.
    Er überquerte die Straße und setzte sich auf die Bank in dem Wartehäuschen schräg gegenüber dem Haus. Das Herz hatte sich nicht beeilt, obwohl sie am Fenster aufgetaucht war. Er war über den halben Erdball gereist, um das zu sehen – wieso sollte das Herz schneller schlagen?
    Das Licht im Schlafzimmer erlosch, im Haus war alles dunkel, nur die Außenlichter brannten und ließen eine schneeweiße Kiefer erstrahlen, die sich über die Grundstücksgrenze zu Nummer fünf hinwegstreckte. Jetzt deckte sich die Frau in Nummer drei zu. Sie legte sich auf die Seite, denn sie schlief immer auf der Seite, suchte sich eine bequeme Stellung, und wenn sie noch so schnell einschlief wie früher, würde sie bereits im Reich der Träume sein, bevor er um die nächste Ecke gebogen war.
    Der Reisende, der kaum je den Drang zur Eile verspürte, hätte am liebsten bis zum Morgengrauen in dem Wartehäuschen ausgeharrt, doch die Kälte trieb ihn auf die Beine. Er hätte sich nur zu gern ein Taxi bestellt, konnte sich aber nicht mehr an die Rufnummern erinnern, auch nicht an die Nummer der isländischen Telefonauskunft. Rein zufällig kam hier kein Taxi vorbei, ebenso wenig wie am Ende der Welt.
    Er näherte sich einem unförmigen Betonklotz, der vermutlich ein Einkaufszentrum war. Er ging davon aus, dass er dort eine Telefonzelle, ein Telefonbuch oder ein Taxi finden würde. Das letzte Stück rannte er, denn seine ungeschützten Ohren taten ihm außerordentlich weh. Und es war wie bei einer Gipfelbesteigung – das Ziel war immer weiter weg, als es den Anschein hatte.
    Das Ziel war schließlich Das Gelbe Schaf, eine Bar in einem Einkaufszentrum. Unter heftigen inneren Protesten betrat er das Lokal. Egal, in was für einer Notlage man war –
Das Gelbe Schaf
! Wer wollte schon dafür bekannt sein, den Fuß in eine derartige Geschmacklosigkeit zu setzen.
Das Scharze Schaf
, ja, oder
Der schräge Schöps
, aber das hier! Gelb? Wie konnte ein Schaf gelb sein?
    Der Reisende nahm die übliche Warteposition am Tresen ein, doch das brachte nichts, denn der Barkeeper war beschäftigt. Er drehte dem Kunden den Rücken zu und hantierte mit irgendetwas herum, schwer zu sagen, mit was.
    Der Reisende musste sich schnäuzen und tat es, nicht laut, aber laut genug, dass der Barkeeper zusammenzuckte und sich umdrehte.
    Guten Abend, sagte der Barkeeper.
    Guten Abend, sagte der Reisende und steckte das Taschentuch akkurat wieder in die innere Jacketttasche.
    Entschuldige, dass ich dich nicht gesehen habe, sagte der Barkeeper ehrerbietig. Endlich hatte es den lang ersehnten Kunden hierher verschlagen, der ernst zu nehmen war und wusste, wie man mit Taschentüchern umzugehen hatte.
    Keine Ursache, sagte der Reisende und fragte sich, seit wann man Leute mit dem Nacken sehen konnte.
    Was kann ich für dich tun?
    Einen doppelten Whisky, bitte.
    Der Barkeeper deutete auf die ein oder andere Flasche, und der Reisende wunderte sich über das beeindruckende Sortiment. Darunter war sogar ein sechzehn Jahre alter Edelwhisky von der gleichen Sorte, die er meist in seiner Hausbar auf Long Island und in Südfrankreich vorrätig hatte.
    Den bestellte er, und der Drink kostete ein Drittel einer ganzen Flasche, viertausend Kronen. Über derartigen Wucher konnte er sich aufregen; genau wie andere Geldmenschen bestand er darauf, den korrekten Preis für eine Ware zu bezahlen. Das hatte nichts mit Geiz zu tun, sondern mit seinem Gefühl für das, was recht und billig war, mit göttlichen Wertmaßstäben für das Verhältnis zwischen der Qualität

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