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Der häusliche Herd

Der häusliche Herd

Titel: Der häusliche Herd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emile Zola
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Tenoren: das war etwas Außerordentliches, noch nicht Dagewesenes. Seit zwei
Monaten war Duverdy wieder ein liebenswürdiger Hausherr geworden;
er empfing seine Freunde immer mit der nämlichen Phrase: »Man sieht
Sie ja gar nicht mehr; kommen Sie doch zu uns; meine Frau wird ihre
Chöre wieder aufnehmen.« Seitdem die Zwischengerichte aufgetragen
wurden, sprach man nur von Musik; kurz, es herrschte die
erfreulichste Heiterkeit, die durch den Champagner nur noch
gesteigert wurde.
    Allmählich trafen die Gäste ein: Campardon, der Abbé Mauduit,
der Doktor Juillerat; dazu kamen die Tischgäste, mit Ausnahme
Trublots, der gleich nach aufgehobener Tafel verschwunden war. Man
kam bald auf die Politik zu sprechen. Die Herren erörterten sehr
lebhaft die Kammerdebatten und den Sieg der Opposition, die bei den
Maiwahlen in ganz Paris ihre Kandidaten durchgesetzt hatte. Trotz
der scheinbaren Befriedigung waren die Herren durch diesen Erfolg
des sich widersetzenden Spießbürgertums ziemlich beunruhigt.
    Mein Gott, erklärte Leo, Herr Thiers ist ja unzweifelhaft ein
Mann von Talent; allein, er ist in seinen Reden über die
mexikanische Expedition von einer Heftigkeit, die ihnen jede
Bedeutung benimmt.
    Durch die Bemühungen der Frau Dambreville war er vor kurzem zum
Referendar ernannt worden und machte seinen Frieden mit dem
herrschenden System. Der hungrige Demagog von ehedem war
verschwunden, nur die unerträgliche Unduldsamkeit gegen die Meinung
anderer war geblieben.
    Sie haben vordem die Regierung aller erdenklichen Fehler
angeklagt, bemerkte der Doktor Juillerat lächelnd. Ich hoffe, daß
Sie wenigstens für Herrn Thiers gestimmt haben.
    Leo blieb die Antwort schuldig. Theophile, der
schlecht verdaute und in neuerer Zeit
wieder an der Treue seiner Frau zweifelte, rief aus:
    Ich habe für ihn gestimmt. Wenn die Menschen nicht in
brüderlicher Eintracht leben können – ist's um so schlimmer für
sie!
    August wagte nicht zu gestehen, daß auch er für Herrn Thiers
gestimmt habe. Bachelard bekannte sich zur allgemeinen Überraschung
als Legitimist; er fand es sehr vornehm. Campardon stimmte ihm
lebhaft bei; er selbst habe sich der Abstimmung enthalten, sagte
er, weil der Regierungskandidat, Herr Dewinck, vom religiösen
Gesichtspunkte keine ausreichenden Sicherheiten bot. Zugleich brach
er in wütende Schimpfworte über das Werk »Das Leben Jesu« aus, das
kurz vorher erschienen war.
    Den Verfasser sollte man verbrennen, nicht das Buch! erklärte er
wiederholt.
    Sie gehen vielleicht zu weit, mein Freund! sagte der Abbé in
versöhnlichem Tone. Aber die Symptome werden in der Tat
schrecklich. Man spricht von der Vertreibung des Papstes; im
Parlament sehen wir die Revolution: wir treiben einem Abgrunde
zu.
    Umso besser! bemerkte der Doktor Juillerat einfach.
    Alle waren entrüstet. Er aber wiederholte seine Angriffe gegen
das Bürgertum und prophezeite, daß an dem Tage, wo das Volk sich
erheben, das Bürgertum hinweggefegt werde. Die anderen unterbrachen
ihn heftig; das Bürgertum stelle die Tugend dar, die Sparsamkeit
der Nation, erklärten sie. Endlich konnte sich Duverdy Gehör
verschaffen; er gestand ganz offen, daß er für Herrn Dewinck
gestimmt habe; nicht als ob er ganz mit seinen politischen
Ansichten übereinstimme, sondern weil er das Banner der Ordnung
entfaltet habe. Ja, es sei zu befürchten, daß die
Schreckensherrschaft wiederkehre; Herr Rouher, der große
Staatsmann, der eben an Stelle Billaults
ernannt worden war, hatte es von der Tribüne herab geweissagt. Der
Rat schloß mit folgenden Worten:
    Der Triumph Ihrer Kandidatenliste ist die erste Erschütterung
des Gebäudes. Geben Sie acht, daß es sie nicht unter seinen
Trümmern begrabe!
    Die Herren schwiegen in der uneingestandenen Furcht, ihre
persönliche Sicherheit zu gefährden. Schon sahen sie, wie von
Pulver und Blei geschwärzte Arbeiter in ihre Wohnungen drangen,
ihre Mägde schändeten und ihren Wein austranken. Gewiß, der Kaiser
verdiente eine Lehre, aber sie bedauerten dennoch, daß die Lehre so
stark ausgefallen.
    Beruhigen Sie sich, brummte der Doktor; man wird sie wieder mit
Flintenschüssen retten.
    Doch er ging zu weit. Man behandelte ihn als Original. Diesem
Ruf der Originalität hatte er es überhaupt zu verdanken, daß er
seine Praxis nicht einbüßte. Jetzt nahm er mit dem Abbé den
gewohnten Streit über das bevorstehende Verschwinden der Kirche
auf. Leo stellte sich auf die Seite des Priesters; er sprach in
letzter Zeit viel von

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