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Der häusliche Herd

Der häusliche Herd

Titel: Der häusliche Herd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emile Zola
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zitterte. Der Anblick des leer
gefegten Tisches mit seinem Durcheinander
von Tellern und Tassen brachte sie noch mehr in Wut; sie rannte
ringsherum und schleuderte wütende Blicke auf ihre Tochter
Hortense, die ruhig dasaß und die verbrannte Rinde des Kuchens
verzehrte.
    Du ärgerst dich schon wieder, Mama? sagte sie endlich. Die Sache
geht also nicht vonstatten? … Ich bin meinerseits zufrieden.
Er wird ihr eine Ausstattung kaufen, damit sie geht.
    Die Mutter zuckte die Achseln.
    Wie? Du meinst, das beweise nichts? Gut; führe dein Schifflein,
wie ich das meinige führe … Das war einmal ein elender Kuchen.
Man muß wahrhaftig wenig wählerisch sein, um solche Sachen
hinunterzuwürgen.
    Herr Josserand, den die Abendgesellschaften seiner Frau töteten,
saß gebrochen auf einem Sessel; doch mied er einen Streit mit
seiner Frau, er fürchtete, daß sie in ihrer Wut ihm übel mitspielen
könne; darum setzte er sich zu Bachelard und Gueulin, die Hortense
gegenüber saßen. Der Onkel hatte, vom Schlafe erwacht, eine Flasche
Rum entdeckt, die er jetzt leerte, wobei er mit Bitterkeit auf die
Geschichte mit den zwanzig Franken zu sprechen kam.
    Es handelt sich nicht um die zwanzig Franken, sagte er zu
Gueulin, sondern um die Art … Du weißt ja, wie ich zu den
Frauen bin; ich würde ihnen mein Hemd geben, aber ich will nicht,
daß sie verlangen. Wenn sie verlangen, verdrießt es mich, und ich
gebe ihnen nicht einen schwarzen Rettig.
    Als seine Schwester vor ihm stehen blieb, fuhr er fort:
    Schweig, Eleonore! Ich weiß schon, was ich für die Kleine tun
muß. Aber, siehst du, Frauen, die von mir verlangen, mag ich nicht.
Ich bin keiner einzigen dieser Art treu geblieben, nicht wahr,
Gueulin? Überhaupt nimmt man hier so wenig Rücksicht auf mich! Leo
hat nicht einmal geruht, mich zu meinem Geburtstage zu
beglückwünschen.
    Frau Josserand ging mit geballten Fäusten
wieder im Zimmer hin und her. Ja, dieser Leo hat auch versprochen
zu kommen und verläßt uns wie die übrigen. Ein sauberer Bruder, der
nicht einmal einen Abend opfern will, wenn es sich um die
Verheiratung seiner Schwestern handelt. Sie entdeckte jetzt ein
Stück Backwerk, das hinter eine Vase gefallen war und beeilte sich,
es in einem Schubfache zu versperren, als Berta, die fortgegangen
war, um Saturnin wieder freizulassen, mit diesem zurückkehrte. Sie
beschwichtigte ihn, er aber stierte in den Winkeln herum mit der
Wut eines Hundes, den man lange versperrt gehalten.
    Ist der blöd! sagte Berta; er glaubt, man habe mich verheiratet.
Und jetzt sucht er den Gatten! Geh, mein armer Saturnin, du kannst
lang suchen … Ich sage dir ja, es ist mißlungen! Du weißt ja,
daß es immer mißlingt.
    Jetzt brach Frau Josserand los.
    Ich schwöre euch, daß es jetzt nicht mißlingen wird und wenn ich
ihn anbinden müßte! Einer ist da, der wird es entgelten für alle
übrigen! … Ja, ja, Mann! Vergebens schaust du mich mit einer
Miene an, als ob du nicht verstündest! Wir werden Hochzeit machen
auch ohne dich, wenn es dir nicht anstehen sollte!… Hörst du,
Berta: Um diesen brauchst du dich nur zu bücken und laß' ihn nicht
los, wenn dir das Leben deiner Mutter etwas gilt!
    Saturnin schien nicht zu begreifen. Er schaute unter den Tisch.
Berta winkte mit den Augen nach ihm, allein Frau Josserand machte
eine Gebärde, die besagen wollte: »Wir werden ihn schon
beseitigen.« Berta aber murmelte:
    Also, Herr Vabre ist's: Nun, mir ist es gleich! … Aber daß
man mir nicht ein einziges Brötchen übriggelassen, das ist
abscheulich …

Kapitel 4
     
    Vom folgenden Tage an beschäftigte sich Octave mit Valerie. Er
erspähte ihre Gewohnheiten, erfuhr die Stunde, zu der er Aussicht
hatte, ihr auf der Treppe zu begegnen, und wußte es so
einzurichten, daß er oft in sein Zimmer hinaufzusteigen hatte,
teils zur Zeit des Frühstücks, das er bei den Campardons nahm,
teils, indem er aus dem Laden, wo er beschäftigt war, unter
irgendeinem Vorwande auf kurze Zeit sich entfernte. Bald hatte er
bemerkt, daß die junge Frau täglich um zwei Uhr ihr Kind in den
Tuileriengarten spazieren führte, wobei sie durch die Gaillonstraße
ging. Da stand er denn zu dieser Stunde in der Ladentüre, erwartete
sie und grüßte sie im Vorübergehen mit dem ihm eigenen galanten
Lächeln. Valerie erwiderte diesen Gruß stets mit einem höflichen
Kopfnicken, ohne stehen zu bleiben; doch sah er ihre schwarzen
Augen in Leidenschaft erglühen; er fand Aufmunterungen in ihrer
zerstörten

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