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Der häusliche Herd

Der häusliche Herd

Titel: Der häusliche Herd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emile Zola
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anzudeuten, daß die Ehe nicht allen Frauen guttue.
    Parbleu! murmelte Trublot. Ein Vater, der dreißig Jahre lang das
geisttötende Geschäft geübt hat, Nadeln und Zwirn zu verkaufen;
eine Mutter, die das Gesicht voller Warzen hatte: – wie sollen
solche Leute, die überdies ihr Leben in einem luftlosen Loche des
alten Paris verbringen, Töchter erzeugen, mit denen ein Mann in
glücklicher Ehe leben kann.
    Octave war überrascht; er begann klar zu sehen in diesem Salon,
den er mit dem Respekt eines Provinzmenschen betreten hatte. Die
Neugierde erwachte in ihm, als er Campardon bemerkte, der nun
seinerseits den Doktor befragte, aber ganz leise als Mann von
Selbstbewußtsein, der nicht will, daß sich jemand in die
Angelegenheiten seines Ehestandes menge.
    Hören Sie mal, fragte Octave den Trublot, da Sie alles wissen:
sagen Sie mir, welcher Art ist denn die Krankheit der Frau
Campardon? … Alle Welt wird tiefbetrübt, wenn man von ihr
spricht, und doch weiß niemand, nähere Aufschlüsse zu geben.
    Mein Lieber, erwiderte Trublot, sie hat …
    Und er neigte sich zu Octave, um ihm das übrige ins Ohr zu
flüstern. Dieser lächelte zuerst, dann ward sein Gesicht ernst, um
schließlich ein tiefes Befremden zu zeigen.
    Unmöglich! sagte er.
    Trublot beteuerte auf Ehrenwort und versicherte, daß er noch eine ändere Dame kenne, die sich in der
nämlichen Lage befinde.
    Als Folge der Entbindungen kommt es vor, sagte er,
daß …
    Und er fuhr fort leise zu sprechen. Octave war endlich überzeugt
und schien bekümmert. Er hatte sich einen Augenblick seltsame
Gedanken gemacht und einen Roman geträumt … daß der Architekt,
auswärts ein Verhältnis unterhaltend, ihn seiner Frau zuführen
werde, um diese zu unterhalten. Jedenfalls wußte er, daß sie wohl
gehütet sei. Die jungen Leute rückten eng zusammen, erregt durch
diese intimen Verhältnisse des Frauenlebens, die sie besprachen,
und vergessend, daß man sie hören konnte.
    Frau Juzeur tauschte mittlerweile mit Frau Josserand ihre
Gedanken über den Eindruck aus, den Octave auf sie machte. Sie fand
ihn sehr annehmbar, allein, Herr August Vabre war ihr doch lieber.
Dieser stand schweigend in einer Ecke des Salons mit seiner
unbedeutenden Miene und seiner allabendlichen Migräne.
    Mich wundert sehr, liebste Frau, daß Sie niemals für Ihre Berta
an ihn gedacht haben. Er ist ein kluger, vernünftiger Mann, der
sein Geschäft hat … und er braucht eine Frau; ich weiß, daß er
sich zu vermählen wünscht.
    Frau Josserand hörte erstaunt zu. Sie hatte in der Tat an Herrn
Vabre niemals gedacht. Frau Juzeur beharrte bei diesem Gegenstande,
denn sie hatte in ihrem Unglück die Leidenschaft, an dem Glücke
anderer Frauen zu arbeiten, so daß sie sich mit allen
Herzensangelegenheiten des ganzen Hauses befaßte. Sie versicherte,
daß August nicht aufhöre, Berta zu betrachten. Schließlich bemerkte
sie, gestützt auf ihre reichen Erfahrungen in Betreff der Männer,
daß es kaum gelingen werde, Herrn Mouret zu fangen, während Herr
Vabre eine so bequeme und vorteilhafte Partie sei. Doch Frau Josserand wog letztern mit den Blicken und
fand entschieden, daß ein solcher Schwiegersohn ihren Salon nicht
sonderlich zieren werde.
    Meine Tochter verabscheut ihn, sagte sie mit Nachdruck, und ich
werde niemals gegen ihre Gefühle handeln.
    Ein großes, mageres Fräulein hatte eben eine Phantasie über die
»Weiße Dame« beendet. Der Onkel Bachelard war im Speisesaal
eingeschlafen. Gueulin erschien daher mit seiner Flöte und ahmte
die Nachtigall nach. Man hörte ihm übrigens nicht zu, die
Geschichte Bonneauds hatte sich mittlerweile verbreitet. Herr
Josserand war ganz verstört; die Väter erhoben entsetzt die Arme,
den Müttern stockte der Atem in Angst und Bangen. Wie? Bonneauds
Schwiegersohn war ein Clown? Wem soll man noch trauen? Bonneaud
hatte in seiner Gier, seine Tochter unterzubringen, in der Tat nur
flüchtige Erkundigungen eingezogen – trotz seiner starren Vorsicht
eines Rechnungsabteilungschefs.
    Mama, der Tee ist angerichtet, sagte Berta, indem sie Adele
half, die Türflügel zu öffnen.
    Während die Gesellschaft sich langsam in den Speisesaal begab,
flüsterte sie ihrer Mutter zu:
    Ich habe genug … Er verlangt, daß ich bei ihm bleibe und
ihm Geschichten erzähle, weil er sonst alles in Trümmer schlagen
will.
    Auf einem grauen, etwas zu schmalen Tischtuche war der Tee in
dürftiger Weise angerichtet worden mit einem Kuchen, der bei einem
benachbarten

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