Der Hauch von Skandal (German Edition)
erinnert worden war.
„Ich bin nicht erpicht auf Ruhm.“ Bei ihm klang es, als hätte sie angedeutet, er wäre in eine ungesetzliche, anstößige Angelegenheit verstrickt. „Sie werden nicht erleben, dass ich um die Gunst der Gesellschaft buhle, solange ich hier bin. Im Gegenteil, ich habe vor, London zu verlassen, sobald ich meine Order von der Admiralität empfangen habe.“
„Dazu muss ich Sie zuerst meines Bettes verweisen“, gab Joanna bissig zurück, „da Sie ja überall verbreitet haben, es für sich beansprucht zu haben.“
Wieder schenkte er ihr dieses beunruhigende, völlig unerwartete Lächeln. Es war das Lächeln eines Gegners, nicht eines Bewunderers. „Ich könnte mir vorstellen, dass Ihnen das viel Vergnügen bereitet“, murmelte er.
„So ist es.“
„Und wie werden Sie vorgehen?“
Joanna neigte den Kopf zur Seite und betrachtete Alex nachdenklich. „Ich bin mir noch nicht sicher. Seien Sie jedoch gewiss, dass es in aller Öffentlichkeit geschehen und sehr demütigend sein wird – und wahrscheinlich werden Sie der Letzte sein, der davon erfährt. Das ist das Mindeste, was Sie verdienen, nachdem Sie mich so in Verlegenheit gebracht haben.“
Sein Lächeln vertiefte sich. „Das war es wert.“
Joanna biss die Zähne aufeinander. Sie war bekannt für ihre kühle Gelassenheit, und daran würde dieser Mann ganz gewiss nichts ändern. Sie wusste, Alex hatte nur behauptet, ihr Liebhaber zu sein, um sie dafür zu bestrafen, dass sie ihn absichtlich benutzt hatte. Das war eine heilsame Lektion für sie, sich nicht mit ihm einzulassen. Wie weit sie auch gehen mochte – er würde noch weiter gehen.
Zunächst einmal würde er jetzt aus ihrem Haus gehen, und darüber war sie froh. Sie hielt ihm die Hand hin. „Nun, Lord Grant, ich danke Ihnen für Ihren Besuch und wünsche Ihnen alles Gute auf Ihren künftigen Reisen.“
Er ergriff wieder ihre Hand. Wahrscheinlich war es ein Fehler gewesen, sie ihm überhaupt anzubieten, denn unter seiner Berührung erbebte sie. Einen irrwitzigen Moment lang glaubte sie, er würde sie wieder küssen, und ihr Herzschlag beschleunigte sich. Fast konnte sie die verführerische Wärme seines Mundes auf ihren Lippen spüren, seinen Duft einatmen, ihn schmecken …
„Eine vollkommen angemessene Entlassung, Lady Joanna“, sagte er, ohne ihre Hand loszulassen. „Sollten Sie wieder einmal einen Liebhaber benötigen …“
„Keine Sorge, dann werde ich mich nicht an Sie wenden“, konterte Joanna. „Helden sind nicht nach meinem Geschmack.“ Das Allerletzte , was sie sich wünschte, war ein weiterer Held. Sie hatte geglaubt, in David einen Helden gefunden zu haben. Er war ihr Idol gewesen. Und dann hatte sie herausgefunden, dass er ein Schuft war, ein Idol von geringer Standfestigkeit … in mehrerlei Beziehung.
Alex lächelte sie an, warm und vertraulich, und Schwindel erfasste sie. Ihr war, als hätte sie Fieber und bekäme kaum Luft, bis er endlich ihre Hand losließ.
„Dann wünsche ich Ihnen einen guten Tag“, sagte er.
Er hatte sich verneigt und war gegangen, ehe sie sich wenigstens so weit zusammenreißen konnte, um nach dem Butler zu läuten, damit der ihn hinausbegleitete. Selbst nachdem sich die Tür hinter Alex geschlossen hatte, glaubte Joanna seine Anwesenheit noch immer im Raum zu spüren.
Sie setzte sich auf den Läufer und schlang die Arme um Max, der die Umarmung mit einem nachgiebigen Seufzer über sich ergehen ließ. Ich will keinen neuen Helden , dachte Joanna. Ich wäre eine hoffnungslose Närrin, wenn ich je wieder heiraten würde. Einen Moment lang lauerte der Schmerz an den Grenzen ihres Unterbewusstseins, aber sie war inzwischen so geschickt darin, ihn zu verdrängen, dass er schon bald verflogen war und nichts als das gewohnte Gefühl der Leere in ihr zurückblieb. Joanna bettete das Kinn auf Max’ Kopf und atmete seinen Hundeduft ein. Sein kleiner Körper fühlte sich warm und tröstlich an.
„Wir wollen einkaufen gehen, Max“, sagte Joanna zu ihm. „Genau wie wir das immer tun.“
Einkaufen, Bälle, Feste, Ausritte im Park – diese Gewohnheiten, die Vertrautheit und die Leere lullten sie wieder ein in ein Gefühl der Sicherheit. Genau wie immer.
Als er an der Ecke Half Moon Street in die Curzon Street einbog, dachte Alex über David Wares reizende Witwe nach. Kein Wunder, dass die Männer vor ihrer Tür Schlange standen. Sie war beeindruckend, eine auffallend aparte Frau mit einer kühlen, selbstbewussten Fassade,
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