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Der Hauptmann von Koepenick

Der Hauptmann von Koepenick

Titel: Der Hauptmann von Koepenick Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carl Zuckmayer
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stehend daneben.
    OBERMÜLLER
diktiert – können wir Ihnen daher in dieser Sache keineswegs entgegenkommen. Habense’s? Entgegenkommen. Die Verwaltung einer Stadtgemeinde, deren Hauptkontingent sich aus Industriebevölkerung rekrutiert – oder nein, lassense mal, zuviel Fremdworte – deren Bevölkerungsgroßteil sich aus Industrieangestellten zusammensetzt – zusammensetzt – kann nur nach den Grundsätzen der modernen freisinnigen Sozialpolitik geleitet werden. Wir haben hier in Köpenick keine Garnison und brauchen deshalb nicht, wie andre Gemeinden, die hauptsächlich auf die Militärbehörde Rücksicht nehmen müssen – na, was is denn los?
    KILIAN
steckt den Kopf herein, mit vorquellenden Augen Herr Bürjermeister! Herr Bürjer –
    OBERMÜLLER
Was soll denn das heißen? Wieso können Sie hier einfach, ohne anzuklopfen –
    VOIGTS STIMME
draußen Zwei Mann vor Gewehr, der Gefreite als Ordonnanz, die andern bleiben vorläufig auf dem Gang zur Verfügung. Mal Platz hier! Er schiebt von hinten Kilian beiseite, tritt ein. Man sieht in der Tür die beiden Soldaten und ihre aufgepflanzten Bajonette.
    OBERMÜLLER
sprachlos, erhebt sich langsam von seinem Sessel.
    VOIGT
Sind Sie der Bürgermeister von Köpenick?
    OBERMÜLLER
Allerdings.
    VOIGT
zu dem Schreiber Gehnse mal raus.
    OBERMÜLLER
Ja, was soll denn das –
    VOIGT
hebt die linke Hand, ihn zur Ruhe weisend, dann klappt er die Hacken zusammen, legt die rechte an den Mützenschirm Auf Allerhöchsten Befehl Seiner Majestät des Kaisers und Königs erkläre ich Sie für verhaftet. Ich habe Auftrag, Sie sofort auf die Neue Wache nach Berlin zu bringen. Machen Sie sich fertig.
    OBERMÜLLER
bleich, aber einigermaßen gefaßt Das verstehe ich nicht! Das muß doch ein Irrtum sein, wieso denn überhaupt?
    VOIGT
Wieso?! Weist auf die Truppe hinter sich Genügt Ihnen das nicht?
    OBERMÜLLER
Ja, aber, es muß doch ein Grund vorliegen! Können Sie mir denn nicht –
    VOIGT
Sie werden schon wissen. Ich habe nur Befehl.
    OBERMÜLLER
haut auf den Tisch Das is aber doch stark! Ich lasse mich hier nicht einfach –
    VOIGT
Haben Sie gedient?
    OBERMÜLLER
Jawohl, ich bin Oberleutnant der Reserve.
    VOIGT
Dann wissen Sie doch, daß jeder Widerstand nutzlos ist. Befehl ist Befehl. Hinterher könnense sich beschweren.
    OBERMÜLLER
Ja, ich habe aber doch gar keine Ahnung –
    VOIGT
Tut mir leid. Ich auch nicht. Ich habe nur Befehl. Winkt den beiden Grenadieren, die kommen mit festem Tritt ins Zimmer, nehmen mit aufgepflanztem Bajonett Posten rechts und links vom Schreibtisch.
    OBERMÜLLER
starrt, nimmt seinen Zwicker ab, Schweiß auf der Stirn.
    VOIGT
zum Gefreiten, der hinter ihm steht Schaunse mal nach, was der Polizei-Inspektor macht. Nebenan, Zimmer zwölf. Zu Obermüller Wer hat die Stadtkasse unter sich?
    OBERMÜLLER
Der Stadtkämmerer Rosencrantz. Ich möchte aber sehr bitten –
    VOIGT
Danke. Zu Kilian Holense den Herrn mal her.
    KILIAN
diensteifrig Der steht schon im Vorzimmer, Herr Hauptmann! Ruft nach rückwärts Herr Stadtkämmerer!! Reinkommen!!
    ROSENCRANTZ
mit sehr hohem Stehkragen, Glatze und Schmissen Zur Stelle, Herr Hauptmann!
    VOIGT
Haben Sie gedient?
    ROSENCRANTZ
Jawohl, Herr Hauptmann! Leutnant der Reserve im Ersten Nassauischen Feldartillerieregiment Nummer siebenundzwanzig Oranien.
    VOIGT
Danke. Leider muß ich auch Sie vorläufig in Haft nehmen und auf die Neue Wache in Berlin bringen. Sie machen sofort einen vollständigen Kassenabschluß, den ich kontrollieren werde.
    ROSENCRANTZ
Zu Befehl, Herr Hauptmann. Ich muß mich zu diesem Zweck in die Stadtrendantur und in den Kassenraum begeben. Bitte gehorsamst um Passiererlaubnis.
    VOIGT
Sie bekommen natürlich eine Wache mit.
    OBERMÜLLER
hat sich wieder gesammelt Erlauben Sie mal, Herr Stadtkämmerer, wie kommen Sie eigentlich dazu, hier ohne weiteres zu kapitulieren? Sie haben in diesem Hause ohne meinen Befehl keinen Abschluß zu machen! Noch bin ich nicht abgesetzt!
    ROSENCRANTZ
Aber verhaftet, verzeihen Herr Hauptmann, ich dachte wenigstens …
    OBERMÜLLER
Das geht nicht so einfach! Ich verlange die Bestellung eines Vertreters! Die Stadtkasse kann nicht ohne Beschluß der Verwaltung …
    VOIGT
sehr scharf Die Verwaltung der Stadt Köpenick bin ich! Der Herr Bürgermeister ist ganz einfach mein Gefangener. Zu Rosencrantz Führen Sie meine Anweisung aus!
    ROSENCRANTZ
mit vorwurfsvollem Blick zum Bürgermeister Selbstverständlich, Herr Hauptmann.
    VOIGT
ruft nach rückwärts Ein Mann vor

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