Der Hauptmann von Koepenick
Militärstiefel betätigen, det is neemlich meine Spezialität, de Zuchstiebeln un de langen Schefte, und ins Jefängnis da habense mir ooch in de Maschinenarbeet ausjebildet.
OBERWACHTMEISTER
Habense sich denn schon nach Arbeit umgesehen?
VOIGT
Det mach ick ’n janzen Tach, seit ick raus bin. Ick hab mir schon ’n Paar Sohlen kaputtjeloofen. Die Jefängnisleitung hat mir ja ne Empfehlung mitjegeben – Er kramt sie aus der Tasche – aber ick komme jarnich dazu, det ick se vorzeichen kann. Iberall wollense Meldepapiere sehn, und wenn ick in son besseres Jeschäfte fragen will, da glaubense, ick will betteln, da haunse mir gleich raus.
OBERWACHTMEISTER
hat kaum zugehört, ordnet die Akten ein Also kommense mal wieder, wennse Arbeit haben. Dann können wir weiter sehn.
VOIGT
Ick bekomm ja keene Arbeet ohne de Anmeldung. Ick muß ja nu erst mal de Aufenthaltserlaubnis –
OBERWACHTMEISTER
Das schlagense sich mal ausm Kopp. Einem stellungslosen Zuchthäusler können wir hier keine Aufenthaltserlaubnis geben. Nachher denken Sie ja gar nicht mehr dran zu arbeiten und treiben sich hier rum.
VOIGT
Ick muß doch arbeeten. Von wat sollt ick denn leben?
OBERWACHTMEISTER
Das ist Ihre Sache. Sehnse zu, daß Sie ’n ordentlicher Mensch werden. Wenn einer arbeiten will, denn kriegt er auch Arbeit.
VOIGT
schüttelt den Kopf Nee, nee, det is nu ’n Karussell, det is nu ne Kaffeemihle. Wenn ick nich jemeldet bin, krieg ick keene Arbeet, und wenn ick keene Arbeet habe, da darf ick mir nich melden. Denn will ick wieder raus. Denn jebense mir ’n Paß mit ’n Grenzvisum, det ick rieber kann.
OBERWACHTMEISTER
Dafür sind wir hier nicht zuständig.
VOIGT
Se haben doch jetzt mein ganzes Vorleben da in de Hand, un wennse mir hier nich haben wollen, denn jebense doch bein Alex ein, det ick ’n Paß kriege!
OBERWACHTMEISTER
Ich sage Ihnen doch, dafür sind wir nicht zuständig. Wenn Sie ’n Paß wollen, müssense sich an Ihre Heimatbehörde wenden.
VOIGT
Da war’ck jrade jewesen! Aber da habense mir jar nich anjehört. Du bist bei uns abjehängt, habense jesacht. Hier kenn wa dich nich mehr, seit zwanzich Jahren biste jestrichen. Jeh mal ne Ortschaft weiter, die Heimat schämt sich deiner, habense jesacht. Na ja, sach ick, ick will ja nu hier ooch keen Denkmal jesetzt kriegen, ich will ja nur meine Zuständigkeit. Da habense mir rausjeflammt. Nee, nee, da jeh’ck nich mehr hin.
OBERWACHTMEISTER
Na, regense sich mal nicht auf hier.
VOIGT
Ick reg mir jarnich uff, ick will nur ’n Papier haben. ’n Papier, det is doch mehr wert als de janze menschliche Konstitution, det brauch ick doch neetijer als det tägliche Brot!
OBERWACHTMEISTER
schnallt um, setzt seinen Helm auf Jetzt machense mal ’n Punkt.
VOIGT
Nee, nee, ick reg mir jarnich uff, aber’t muß ja nu ’n Platz geben, wo der Mensch hingehört! Wenn ick keene Meldung kriege und nich hier bleiben darf, denn will’ck wenigstens ’n Paß haben, det ick raus kann! Ick kann ja nu mit de Füße nich in de Luft baumeln, det kann ja nur’n Erhenkter!
OBERWACHTMEISTER
Ich werde Ihr Gesuch um Aufenthaltserlaubnis weitergeben.
VOIGT
Jebense mir lieber ’n Paß! Ick will ja wieder raus. Ick will ja nu gerne wieder raus, und ick komme ooch so bald nich wieder, da kennse janz ruhig sind, da kennse Jift druff nehmen! Ick weiß ja nu Bescheid, mir hamse jebrannt, det langt forn Rest!
OBERWACHTMEISTER
Sie haben immer noch unklare Vorstellungen über die Zuständigkeitsgrenzen. Für ihre Paßangelegenheit kommen wir hier nicht in Frage, merken Sie sich das, is gänzlich ausgeschlossen. Ihr Gesuch um Aufenthaltserlaubnis geb ich weiter, aber befürworten kann ich’s nicht, dafür ist Ihr Vorleben zu fragwürdig. Wir haben genug unsichere Elemente in der Stadt. Schluß jetzt.
VOIGT
Da mecht ick Ihnen ’n Vorschlag machen – da mecht’ck Ihnen vorschlagen, det se mir gleich expreß wieder in de Plötze zuricktransportieren lassen!
OBERWACHTMEISTER
Raus!!! Jetzt wird er auch noch frech! Scherense sich raus!!
VOIGT
Na, nu nich. Ick geh ja schon. Jesegnete Mahlzeit. Ab.
OBERWACHTMEISTER
Dummer Kerl! Stiehlt mir ne Viertelstunde von mein Mittach. Zum Schluß schimpft er noch. Naja. Dem trau ich nicht übern Weg.
WACHTMEISTER
Ich auch nicht, Herr Kommissär.
OBERWACHTMEISTER
Ich geh jetzt essen. Um halb zwei lös ich Sie ab. Tach, Schlickmann. Dunkel.
Dritte Szene
Personen: Gäste und Kellner im Café National, darunter Hauptmann v.Schlettow, Dr.Jellinek, ein
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