Der Hauptmann von Koepenick
richtiges Leben komme. Ick hab det satt, wissense.
INSPEKTOR
Wie alt sind Sie denn?
VOIGT
Ick jeh ins Siebenundfuffzichste.
INSPEKTOR
Aha! Und da sehen Sie einer – doch wohl unvermeidlichen Freiheitsstrafe so ruhig ins Auge?
VOIGT
Warum nich? Det jeht vorüber, det bin ick jewohnt. Aber det rumlaufen ohne Paß, und det Versteckspielen, und de janze Schinderei, det kann ick nu nich mehr mitmachen. Det kann ick nich mehr.
INSPEKTOR
Aber – Sie hatten doch das Geld, über viertausend Mark, das is doch ne ganze Menge.
VOIGT
greift in die Brusttasche, holt ein Paket heraus Da isses. Allerdings nich mehr janz vollzählig. Ick mußte ja leben, und ick hab auch ’n paar neue Stiefel jebraucht. Im janzen hab ick drei- undachtzig Mark entnommen. De Abrechnung liegt bei.
INSPEKTOR
Na, sagense mal, da hättense doch weit mit reisen können!
VOIGT
Und wenn’s dann alle is, da steh’ck wieder da. Über de Grenze wär ick mit Jeld schon jekommen, aber denn kann ick nich mehr zurück und muß mir in fremde Erde begraben lassen. Nee, nee. ’n Paß will ick, und denn will ick meine Ruhe. Der Polizist mit der halben Flasche Portwein.
POLIZIST
Soll ich gleich aufkorken, Herr Inspektor?
INSPEKTOR
Natürlich, der Voigt muß sich mal ’n bißken stärken auf den Schreck.
VOIGT
Ick bin jarnich verschrocken. Ick hatte mir dat jenau so vorjestellt. Nur, daß die Herrn so freundlich mit mir sind, det bin ick nich jewohnt.
INSPEKTOR
biedermännisch Aber mein guter Voigt, das is doch selbstverständlich, hier wird doch keiner gebissen!
VOIGT
Na na.
INSPEKTOR
So, trinkense mal.
VOIGT
Ich trinke eigentlich nichts uffn nichternen Magen.
INSPEKTOR
Wachtmeister! Ne Schinkenstulle. Trinkense nur mal, das kann Ihnen nichts schaden.
VOIGT
Na, ick will ja kein Spielverderber sein. Prost, Herr Inspektor! Trinkt.
INSPEKTOR
So is recht. – Habense sich denn gar nicht mal ’n bißchen was geleistet von dem Geld?
VOIGT
Doch, ick hab in ’n janz ordentlichen Gasthof jewohnt. Nur de erste Nacht hab ick bei Aschingern verpennt. Da war ick todmüde, da bin ick einfach umjefallen.
INSPEKTOR
Nee, ich meine, mal ’n tüchtigen Rausch, oder son richtigen großstädtischen Betrieb oder so was?
VOIGT
Da mach ick mir wenig draus. Etwas vertraulicher Ick mechte meine Ruhe haben, und meine Freiheit, verstehnse? Det schmeckt aber gut. Trinkt.
DER KRIMINALDIREKTOR
kommt eilig herein. Dicker älterer Herr Wo isser? Ach – Er starrt Voigt an.
INSPEKTOR
Jawohl, Herr Direktor, das is er! Zwinkert ihm zu Ein reizender Mensch, er sagt uns alles ganz offen. Ich habe ihm mal ne kleine Stärkung kommen lassen.
DIREKTOR
Das is recht! Zu Voigt, der höflich aufgestanden ist Aber bleibense doch sitzen, mein Lieber! Setzense sich doch wieder!
VOIGT
Jewiß, wenn Sie auch ’n bißchen Platz nehmen wollen –
DIREKTOR
lachend Aber natürlich, wir wollen doch mal zusammen plaudern, nich? Trinkense doch mal!
VOIGT
Ja, danke, det is ausjezeichnet. Ick trinke sonst nie, wissense, ick bin det eigentlich nich jewohnt –
DIREKTOR
Na, wenn’s Ihnen mal schmeckt, das is die Hauptsache.
VOIGT
Prost, Herr Direktor! Det laß ick mir jefallen. Er lacht aber nicht, bleibt immer still und gleichmäßig.
INSPEKTOR
leise Wir haben alles mitgeschrieben. Es handelt sich offenbar um einen Geisteskranken. Laut zu Voigt Na, nu erzählense mal dem Herrn Direktor, mein lieber Voigt, wie se überhaupt zu der ganzen Sache jekommen sind!
VOIGT
Det is doch janz einfach. Da braucht ick nich erst zu kommen, det kam jewissermaßen zu mir.
DIREKTOR
Aber wie kamense denn auf die Idee, als falscher Hauptmann son Ding zu drehn?
VOIGT
Na, det weiß doch ’n Kind, daß man bei uns mitn Militär allens machen kann. Det hab ick immer jewußt.
DIREKTOR
Und ausgerechnet in Köpenick! Wie kommense denn grade nach Köpenick?
VOIGT
Det war das nächste uff der Bahnstrecke. Aber det war ’n Fehler von mir. Da jibt et nämlich keine Paßabteilung, in Köpenick. Wenn ick det bedacht hätte, denn wär ick nach Teltow, ins Kreisamt.
DIREKTOR
Da haben die Teltower ja noch mal Dusel gehabt.
VOIGT
Denn hätt ick nämlich ’n Paß, denn könntense mir nich hier bewirtschaften. Trinkt.
DIREKTOR
sieht Voigt an Das muß ein schöner Trottel sein, der Herr Bürgermeister Obermüller!
VOIGT
Sagense det nich, Herr Direktor! Der Mann is gar nich so uneben. Det wär Ihnen jenau so ergangen – det liecht in der Natur der Sache.
DIREKTOR
Na ja, schon gut. Aber sagense mal, woher hatten
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