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Der Heckenritter von Westeros

Der Heckenritter von Westeros

Titel: Der Heckenritter von Westeros Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: George R.R. Martin
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schnell.«
    Ei errötete. Einen halben Herzschlag lang befürchtete Dunk, der Junge würde Widerworte geben. Stattdessen setzte er nur eine missmutige Miene auf und schmollte, wie nur ein Knabe von elf Jahren schmollen kann. »Ja, Ser«, sagte er und fischte in Dunks Helm herum. Sein rasierter Schädel glänzte rötlich im Feuerschein, als er das Pökelfleisch verteilte.
    Dunk nahm sein Stück und betrachtete es gequält. Durch das Einweichen hatte sich das Fleisch von Holz in Leder verwandelt, mehr nicht. Er lutschte an einer Ecke und schmeckte das Salz. Dabei versuchte er, sich nicht vorzustellen, wie das Wildschwein im Gasthaus am Spieß vor sich hin brutzelte.
    Als es dunkler wurde, zogen Fliegen und Mücken in Schwärmen vom See herauf. Die Fliegen plagten bevorzugt die Pferde, doch die Mücken hatten eine Vorliebe für Menschen. Die einzige Möglichkeit, den Stichen zu entgehen, bestand darin, sich dicht ans Feuer zu setzen und dabei Rauch einzuatmen. Geröstet oder ausgesaugt werden, dachte Dunk düster, die Wahl zwischen Regen und Traufe. Er kratzte sich die Arme und rückte näher ans Feuer.
    Der Weinschlauch machte wieder die Runde. Der Wein war sauer und stark. Dunk nahm einen guten Schluck und reichte den Schlauch weiter, während die Katze vom Nebelmoor erzählte, wie er während der Schwarzfeuer-Rebellion das Leben des Lords von Bitterbrück gerettet hatte. »Als Lord Armonds Fahnenträger fiel, sprang ich inmitten all der Verräter vom Pferd …«
    »Ser«, unterbrach ihn Glendon Ball. »Wer waren diese Verräter ?«
    »Schwarzfeuers Männer, meinte ich.«
    Der Schein des Feuers glitzerte auf dem Stahl in Ser Glendons Hand. Die Pockennarben in seinem Gesicht leuchteten rot wie offene Geschwüre, und sein ganzer Körper war straff gespannt wie eine Armbrust. »Mein Vater hat für den Schwarzen Drachen gekämpft.«
    Nicht schon wieder. Dunk schnaubte. Rot oder schwarz?, war eine Frage, die man besser niemandem stellte. Das brachte nur Ärger. »Sicherlich wollte Ser Kyl Euren Vater nicht beleidigen.«
    »Gewiss nicht«, stimmte Ser Kyl zu. »Das ist eine alte Geschichte, der Rote und der Schwarze Drache. Deswegen brauchen wir uns jetzt nicht zu streiten, Junge. Hier sind wir alle Brüder der Hecken.«
    Ser Glendon schien die Worte der Katze abzuwägen, um herauszufinden, ob man ihn verspottete. »Daemon Schwarzfeuer war kein Verräter. Der alte König hat ihm das Schwert gegeben. Er hatte erkannt, dass Daemon der Klinge würdig war, obwohl er als Bastard geboren wurde. Warum sonst hätte er ihm Schwarzfeuer in die Hand gelegt und nicht Daeron? Er wollte, dass er auch die Krone bekommt. Daemon war der bessere Mann.«
    Es wurde still. Dunk hörte das leise Knistern des Feuers. Die Mücken krabbelten auf seinem Nacken herum. Er schlug nach ihnen, sah Ei an und bedeutete ihm zu schweigen. »Ich war noch ein Junge, als auf dem Rotgrasfeld gekämpft wurde«, sagte er, als es schien, dass niemand sonst sprechen wollte, »aber ich war Knappe eines Ritters, der für den Roten Drachen kämpfte, und später diente ich einem anderen, der sein Schwert für den Schwarzen schwang. Auf beiden Seiten gab es tapfere Männer.«
    »Tapfere Männer«, wiederholte Kyl die Katze etwas kleinlaut.
    »Helden.« Glendon Ball drehte seinen Schild um, damit alle das Wappen sehen konnten, das darauf gemalt war, einen rotgelben Feuerball auf nachtschwarzem Grund. »Ich stamme von Heldenblut ab.«
    »Ihr seid der Sohn von Feuerball «, sagte Ei.
    Zum ersten Mal sahen sie Ser Glendon lächeln.
    Ser Kyl die Katze musterte den Jungen. »Wie kann das sein? Wie alt seid Ihr? Quentyn Ball starb …«
    »… vor meiner Geburt«, beendete Ser Glendon seinen Satz, »aber in mir ersteht er wieder auf.« Er rammte sein Schwert zurück in die Scheide. »Ich werde es Euch in Weißstein zeigen, wenn ich das Drachenei gewinne.«
    Am nächsten Tag ging Ser Kyls Prophezeiung in Erfüllung. Neds Fähre war bei weitem nicht groß genug, um alle aufzunehmen, die übersetzen wollten, also kamen die Lords Costayn und Wasserblatt mit ihrem Gefolge als Erste an die Reihe. Das erforderte bereits mehrere Überfahrten, und jede dauerte über eine Stunde. Man musste die Uferwiesen durchqueren, Pferde und Wagen die Planken hinunterbringen, auf das Boot laden und auf der anderen Seite des Sees wieder entladen. Die beiden Lords sorgten für weitere Verzögerung, da sie sich erst einmal lauthals darüber stritten, wer Vorrang habe. Wasserblatt war älter, aber

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