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Der heimliche Rebell

Der heimliche Rebell

Titel: Der heimliche Rebell Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philip K. Dick
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dürfen.“ Die Kamera schwenkte weiter, um Professor Sugermanns schwere, würdevolle Gesichtszüge zu zeigen. „Und neben Professor Sugermann sitzt Mr. Thomas L. Gates, Anwalt, Bürgerschaftssprecher und während einer Reihe von Jahren Berater des Komitees.“
    Jetzt erschien der Moderator, und Mrs. Birmingham sah sich Allen Purcell gegenüber.
    „Und ich“, sagte Mr. Purcell, „bin Allen Purcell, der Direktor von Telemedia.“ Er nahm am Ende des Tisches neben dem Wasserkrug Platz. „Ich glaube, meine Herren, wir sollten vielleicht mit ein paar kurzen Worten über die Herkunft des Begriffs ,Aktive Assimilation’ beginnen. Wie genau kam es eigentlich dazu, daß Major Streiter diese Politik entwickelte, die sich als so wirkungsvoll im Umgang mit oppositionellen Gruppen erweisen sollte?“
    „Nun, Mr. Purcell“, begann Professor Sugermann, hüstelte und strich sich bedeutungsschwer übers Kinn, „der Major hatte ja bei vielen Gelegenheiten aus eigener Anschauung die verheerenden Auswirkungen des Krieges auf vorwiegend landwirtschaftliche und nahrungsmittelproduzierende Regionen kennengelernt, etwa auf die Viehzuchtgebiete des Westens, die Weizenfelder von Kansas oder die Milchindustrie Neu-Englands. Diese waren praktisch ausradiert, und natürlich gab es, wie wir ja alle wissen, in großen Teilen des Landes eine Nahrungsmittelverknappung, wenn nicht gar Hungerkatastrophen. Dies trug zu einem Nachlassen der Gesamtproduktivität bei, was sich besonders negativ auf den Wiederaufbau der Industrie auswirkte. Und während dieser Periode brachen natürlich auch die Nachrichtenverbindungen zusammen; ganze Landstriche wurden abgeschnitten; es herrschte allgemeine Anarchie.“
    „Darüber hinaus“, warf Dr. Gleeby ein, „wurden viele der Probleme, die sich aus dem Verfall der moralischen Standards im Zeitalter der Großen Verschwendung ergeben hatten, durch den Zusammenbruch des bißchens an Regierung, was es noch gab, in erheblichem Maße intensiviert.“
    „Ja, genau“, pflichtete Professor Sugermann bei. „Da Major Streiter also nun die Gesetze dieser historischen Entwicklung aufgedeckt hatte, erkannte er die Notwendigkeit, neue Nahrungsmittelquellen zu erschließen… und der Boden war, wie wir wissen, übermäßig mit toxischen Metallen, Giftstoffen und Asche angereichert. Die meisten Viehbestände waren weggestorben.“ Er schaute kurz auf. „Ich glaube, bis 1975 war der Viehbestand auf weniger als dreihundert Stück zurückgegangen.“
    „Ich meine auch, die Zahl sei korrekt“, sprang Mr. Purcell ihm liebenswürdig bei.
    „Als die Moralischen Restauratoren“, fuhr Professor Sugermann fort, „überall im Land operierten, und zwar in Form von Teams…“ – er gestikulierte – „… mehr oder weniger voneinander unabhängige Einheiten; das Prinzip ist ja wohlbekannt… da sahen sie sich demnach einem nahezu unlösbaren Problem gegenüber, nämlich dem, die große Zahl von Menschen zu ernähren und versorgen, die von im gleichen Gebiet operierenden Feindgruppen überliefen. An dieser Stelle sollte ich hinzufügen, daß Major Streiter lange im voraus mit dem Niedergang der Tierhaltung gerechnet zu haben scheint, der dann ja auch wirklich während des kommenden Jahrzehnts eintreten sollte. Er leitete Schritte ein, um diesem Niedergang zuvorzukommen, und natürlich haben die Historiker seine geschickten Maßnahmen längst umfassend gewürdigt.“
    Professor Sugermann seufzte, musterte aufmerksam seine gefalteten Hände und fuhr dann fort.
    „Um die Lage dieser Moralischen Restauratoren begreifen zu können, müssen wir uns erst einmal mit dem Gedanken vertraut machen, wie es ist, ohne Regierung zu leben, in einer Welt der rohen Gewalt. Was noch an Moralvorstellungen existierte, war auf die Einheiten der Restauratoren beschränkt; außerhalb davon hieß es Hund-frißt-Hund, Tier gegen Tier. Eine Art Gesetz des Dschungels zur Sicherung des Überlebens, wobei kein Griff verboten war.“
    Der Tisch und die fünf Männer lösten sich auf; an ihrer Stelle erschienen nur zu vertraute Szenen aus den ersten Nachkriegsjahren. Ruinen, Verfall, Barbaren, die sich über Fleischfetzen anknurrten. Getrocknete Felle, die von elenden, schmuddeligen Hütten hingen. Fliegen. Schmutz.
    „In großer Zahl“, fuhr Professor Sugermann fort, „fielen täglich Oppositionsgruppen in unsere Hände und verkomplizierten damit das ohnehin bereits katastrophale Problem der Schaffung einer ausreichenden Nahrungsmittelversorgung in

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