Der Held und die Feuergöttin
stand. Schwarz wie der Stein, aus dem sie gehauen war, waren auch die breiten Stufen, schwarz und purpurn die Geschöpfe, die sich um Mauni scharten, schwarz ihre Seelen, in denen das Böse hauste.
Das Gewölbe war riesig. Nie verlöschende magische Lichter beschienen nackten Fels und behauene Tafeln mit fremdartigen Schriftzeichen. Magie schirmte auch den gewaltigen Hohlraum gegen die bei jedem Ausbruch des Vulkans in die Höhe schießende, alles überflutende flüssige Glut ab, und so stand die Statue an dieser Stelle seit Anbeginn der Zeit.
So sagten es die Zeichen im Fels. Und sie nannten den Namen der Schwarzen Göttin: Kanea-Um-Boro.
Das Gewölbe war nach einer Seite hin offen. Dort klaffte der viele Mannslängen breite Hauptkrater auf. Einige Tukken und andere Monstrositäten knieten dort und ergötzten sich am Anblick der Lava, während Mauni aus der Versenkung erwachte und den Blick fast ehrfürchtig auf die in vielen Farben schimmernde Decke aus Tropfstein und Kaminen richtete - Farben, die ihr Auge nie zuvor hatte schauen dürfen.
Mauni trug nun das Gewand der Dienerinnen der Kanea-Um-Boro, einen einfachen, schwarzen Umhang, der vorne durch glänzende Schnallen aus einem fremdartigen Material zusammengehalten war. Sie trug es wie andere Dienerinnen vor vielen, vielen Großnebeln, bevor, die Tau und die Bewohner der anderen Inseln diese Welt betreten hatten. Diese Dienerinnen waren in Felsnischen aufgebahrt, Frauen mit sechs Armen wie die Göttin selbst, und sie waren nicht zu Staub zerfallen. Sie hatten die Zeiten überdauert und warteten darauf, zu neues, schreckliches Leben erweckt zu werden.
Auch das würde Mauni tun, wenn die Zeit dafür gekommen war. Noch war sie zu schwach dazu. Sie hatte die Macht, Mensch und Tier zu beeinflussen, sie unter ihren Willen zu beugen. Seit jener Zeit besaß sie sie, da sie den Pakt mit den Mächten der Finsternis eingegangen war. Zu nutzen aber verstand sie sie erst jetzt in vollem Umfang, sonst hätte sie sich nicht von den Tau demütigen lassen müssen.
Und es war gut, daß noch niemand um diese ihre Kräfte wußte.
Der Pakt war endgültig besiegelt, seitdem Mauni den Fraß trug. Das Schmarotzerwesen aus der Schattenzone hatte sich wie eine stachelige Haube um ihren Kopf gelegt und für immer daran festgesaugt. Nur Maunis Augen, Nase und Mund waren frei. Der Fraß hatte sie hierhergeführt, ihr den Weg durch die Stollen und tödlichen Fallen gewiesen, die der Berg für jeden Uneingeweihten bereithielt. Es war nicht so, daß der Fraß selbst über dieses Wissen verfügte, oder sich ihr mitteilen konnte. Was Mauni leise wispernd in ihrem Kopf vernahm, waren Stimmen aus dem Reich der Dämonen selbst.
Und nun, nachdem sie getan hatte, was von ihr verlangt wurde, hörte sie auch die Stimme der Göttin.
Mauni erhob sich, legte den Kopf in den Nacken, gerade so weit, wie es der Fraß zuließ, doch ausreichend, um in das einzige glühende Auge der Göttin blicken zu können.
Das blutrote Licht aus dem kopfgroßen Kristallstein, fünf Mannslängen hoch über Maunis Haupt, schmerzte nicht mehr in ihren Augen. Sie sah hinein und schien in einer fremden Welt zu schweben. Noch einmal hatte sie das Gefühl von Zeitlosigkeit, von Ewigkeit und Unvergänglichem.
Und das Auge versprach ihr: Sei meine Dienerin! Wecke die Mächte im Stein, und du wirst leben ohne Ende!
Nicht von den Mächten des Berges war die Rede, nicht vom Feuer aus dem Leib der Welt, mit dem Ramoa ihre lächerlichen Spielchen trieb. Und selbst Mauni erschauerte leicht, als ihr nachhaltig klar wurde, was sich im Stein verbarg.
Mauni fehlte die Vorstellungskraft, um die stumme Botschaft der Göttin in ihrem ganzen Umfang zu begreifen. Doch der Rausch der Macht, an der sie teilhaben sollte, hatte sie erfaßt. Sie mußte sich dazu zwingen, sich dem Naheliegenden zu widmen. Ein Schritt nach dem anderen.
»Es geschehe, wie du befiehlst, Schwarze Göttin!« rief die Stammesmutter von Matu-On, die sie nicht länger war, laut aus. Die Felswände warfen ihre Worte in schaurigem Widerhall zurück.
Doch zuerst galt es, Ramoa zu beseitigen und Honga zu fangen. Mauni verschwendete keinen Gedanken mehr daran, den Helden der Tau zu ihrem Diener zu machen. Die Göttin hatte ihr befohlen, ihn zu ihr zu bringen. Warum, das wußte Mauni nicht. Auch wenn sie nicht verstand, was Kanea-Um-Boro an einem Sterblichen lag, hatte sie kein Recht, Fragen zu stellen. Doch sie konnte sich vorstellen, daß Honga der Göttin hier
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