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Der Held und die Feuergöttin

Der Held und die Feuergöttin

Titel: Der Held und die Feuergöttin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst Hoffmann
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den Mann, der seine Lippen auf die ihren gelegt hat.«
    Er konnte über den eigenen Galgenhumor nicht lachen. Mythor löste das rechte Gelenk aus dem Seil und begann zu klettern. Bei jedem Stück, daß er sich weiter in die Höhe arbeitete, glaubte er, daß es das letzte sei. Er fühlte sich wie gerädert. Doch er kämpfte. Die Füße gegen die Wand gestemmt, zog er sich weiter am Seil hoch, hielt ein, um Atem zu holen, und kletterte weiter, bis er die Linke endlich auf den Stab legen konnte, der sich hinter den Steinen verfangen hatte.
    Mit einem letzten Kraftakt zog er sich in den Höhleneingang. Erschöpft blieb er auf dem Rücken liegen und atmete schwer. Tausend kleine Sterne erschienen vor seinen Augen. Er spürte seine Glieder kaum mehr. Sein Herz schlug wie rasend und trieb ihm hämmernd das Blut in die Schläfen.
    Und er durfte nicht rasten! Nicht liegenbleiben, bis ihn der Schlaf übermannte!
    Mythor wartete, bis die tanzenden Punkte verschwunden waren und sein Herzschlag sich halbwegs normalisierte. Er richtete sich stöhnend auf und betastete die wundgescheuerte Haut am Gelenk.
    »Wenn das so weitergeht, hängt mir das Fleisch in Fetzen von den Knochen, bevor ich Ramoa finde«, murmelte er. Er hatte gewußt, daß dies kein Spaziergang werden würde. Warum hatte er also von den Tau nicht verlangt, daß sie ihm etwas von ihren Kräutern mit auf den Weg gaben?
    Ein Held hat zu schweigen, dachte er bitter. Ein Held hat zu tun, was ihm von den Frauen gesagt wird, und keine Fragen zu stellen. Das kurze Zwischenspiel mit Kauna war fast schon wieder vergessen. Vermutlich hatten sie beide - sie und Mythor - einander »beschnüffeln« wollen, ein Spiel gespielt, um zu sehen, wer sein Gesicht besser zu wahren verstand - die stolze Tau oder der Mann, dessen Körper aus einem fernen Land kam.
    Mythor schüttelte schwach den Kopf. Nein, er tat ihr unrecht. Mit Sicherheit bangte sie jetzt am Drachenfelsen um sein Leben. Die Frauen herrschten auf den Inseln, und die Männer schienen sich in ihre Rolle zu fügen. Mythor sollte es gleichgültig sein. Es war nicht sein Problem. Was ihn in Rage brachte, war, daß er zum Berg geschickt worden war, um die abtrünnige Feuergöttin zu töten - eine, die aus den Jungfrauen der Tau hervorgegangen war, und die er auch als Honga nie gesehen hatte. Was war er - ein in zweifelhaften Ehren stehender Mordbube?
    Und wo sollte er Ramoa finden, wo mit der Suche beginnen?
    Mythor winkte ab, als wollte er sich selbst gebieten: Denk nicht soviel! Tu was, was zu tun ist, und sieh zu, das du’s so schnell wie möglich hinter dich bringst! Erst dann kannst du hoffen, mehr über diese merkwürdige und tödliche Welt zu erfahren!
    Wie er das anstellen sollte, war ihm noch schleierhaft. Doch etwas sagte ihm nun noch deutlicher als schon im Dschungel, daß Ramoa der Schlüssel dazu sein konnte. Wenn es eine Vorherbestimmung gab, so durfte es kein Zufall sein, daß er mit Hongas Erinnerungen zu sich gekommen war, die Sprache der Tau beherrschte und sich jetzt auf dem Vulkan befand.
    Mythor blickte noch einmal in die Nacht hinaus, bevor er sich umwandte, um die Höhle oder den Stollen zu untersuchen. Nicht einmal eine Fackel besaß er. Es war still. Der Berg schwieg, und von Tukken oder anderen dämonischen Kreaturen war nichts mehr zu Sehen.
    Ramoa wartete, irgendwo.
    Als der Sohn des Kometen sich anschickte, seinen Weg ins Ungewisse anzutreten, war er entschlossen, sich nicht von Vorurteilen leiten zu lassen. Wenn der Feuerberg tatsächlich von Eroberern aus der Schattenzone besetzt war, konnte die Göttin ihm in allen möglichen Gestalten gegenübertreten, vielleicht sogar selbst als ein Opfer.
    Mythor zog Alton. Und nun, im schwachen Schein der leuchtenden Klinge, sah er etwas, das ihn einen heiseren Laut der Überraschung ausstoßen ließ.
    Er nahm den Stoffetzen mit der Spitze der Klinge von dem scharfen Felsen am Rand des Eingangs. Es war ein Stück graues und grobes Gewebe gerade so wie…
    »Oniak«, rief Mythor leise. »Oniak, bist du hier?«
    Er erhielt keine Antwort. Aber der Fetzen in seiner Hand stammte eindeutig von Oniaks Sackkleid. Es konnte keinen Zweifel geben. Entweder hatte der Grünhäutige ihn sich hier im Kampf abgerissen, oder es sollte ein Zeichen für Mythor sein.
    »Aber dann… ist er nicht tot«, flüsterte Mythor. »Nicht in die Tiefe gesprungen. Und aus eigener Kraft konnte er die Höhle niemals erreichen…«
    Was daraus zu folgern war, jagte Mythor einen eisigen

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