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Der Henker von Paris

Der Henker von Paris

Titel: Der Henker von Paris Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claude Cueni
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den Ruf zu kommen, zu gemässigt zu sein. Jeder fürchtet, verhaftet zu werden.«
    Beide schwiegen. Nach einer Weile sagte Marie-Anne: »Wenn wir uns nichts mehr zu sagen haben, gehe ich jetzt.«
    Charles nickte. »Wir hatten über zwanzig Jahre Zeit, uns etwas zu sagen, Marie-Anne. Wir haben es nicht getan. Doch da ist etwas, was ich dir sagen will.«
    Marie-Anne schaute ihn fragend an.
    »Falls ich je wieder hier rauskomme, wird Dan-Mali bei mir wohnen. Uns vereint ja nur noch das gemeinsame Dach. Das kann so bleiben.«
    »Eine Frau weiss, wann sie ihren Mann verloren hat. Ich wünsche dir, dass du hier unten vermoderst. Dann werde ich dafür sorgen, dass deine siamesische Schlampe unser Land verlässt.« Sie drehte sich um und verschwand im düsteren Korridor zwischen den Besuchern.
    Eine Woche später wurde Charles erneut Antoine Fouquier vorgeführt.
    »Hast du Namen?«, fragte er ohne Umschweife.
    »Ich arbeite daran«, sagte Charles. Er wollte Zeit gewinnen.
    »Kanntest du den Inhalt der Flugblätter, die in deinem Schuppen gedruckt wurden?«
    »Nein«, sagte Charles, »ich habe Ihnen doch schon gesagt, dass sie behaupteten, Revolutionslieder zu drucken. Ich habe mir offen gestanden nichts dabei gedacht. Im Gegenteil. Ich dachte, es sei für diese jungen Menschen besser, sie hätten Arbeit und lungerten nachts nicht in den Gassen herum.«
    »Wieso hast du nicht nachgeschaut?«
    »Wieso hätte ich das tun sollen? Ich bin Vermieter. Ein Vermieter spioniert seinen Mietern nicht nach. Hätte ich denn jeden Abend ihre Druck-Erzeugnisse lesen sollen? Ist es dieses Versäumnis, das man mir vorwirft? Wie hätte ich ahnen sollen, dass sie Assignaten fälschen und Spottverse auf die Revolution drucken?«
    Fouquier schüttelte sich vor Lachen, ohne dass ein Laut zu hören war. »Die Leute haben kein Geld für Brot, aber sie sollen Liedtexte kaufen? Du beleidigst meine Intelligenz.«
    Charles zuckte die Schultern. »Ich erzähle Ihnen nur, was meine Mieter mir versicherten.«
    »Und du wurdest nicht stutzig?«
    »Wenn sie Flausen im Kopf haben, haben sie eben Flausen im Kopf. Wenn ich gewusst hätte, was sie tatsächlich drucken, hätte ich ihnen selbstverständlich den Schuppen nicht vermietet und sie gleich bei Ihnen angezeigt, Monsieur.«
    Fouquier lächelte. Es gefiel ihm, dass Charles ihn nun mit Monsieur anredete. Mit einer gewissen Belustigungmusterte er den Hünen, der ihm gegenüberstand und auf sein Wohlwollen angewiesen war. Während ihn alle Welt fürchtete, war er jetzt hier und kämpfte um seine Freiheit.
    »Nun gut«, sagte Fouquier, »die jungen Kerle sind fast alle geflohen, als wir den Schuppen stürmten. Wir haben eine Menge Assignaten gefunden. Wir wissen noch nicht, ob das Fälschungen aus England sind oder ob sie in deinem Schuppen gedruckt wurden. Dass junge Leute über so viel Papiergeld verfügen, halten wir eher für unwahrscheinlich. Das Ergebnis der laufenden Untersuchung hängt natürlich auch ein bisschen davon ab, ob dir noch der eine oder andere Name einfällt. Nimm es also nicht auf die leichte Schulter, sonst wird dein Sohn Henri plötzlich die unangenehme Pflicht haben, seinen Vater hinzurichten. Also erinnere dich, hör dich um, und melde mir Namen.«
    Charles nickte.
    »Du kannst gehen. Du bist frei. Vorläufig. Und beeil dich mit der neuen Maschine. Wir haben hier jeden Tag mehr Verurteilungen.«
    Charles nickte erneut und drehte sich um. Als er gerade die Tür öffnen wollte, fragte Fouquier: »Kanntest du Hentz?«
    »Den Henker aus dem Elsass?«
    »Ja, der wurde letzte Woche hingerichtet. Selbst der Henkersberuf schützt niemanden.«
    Charles stieg in den Hof der Conciergerie hinunter und fragte die Stallburschen nach seinem Pferd. Hentz’ Geschichte war ihm bekannt. Fouquier hatte nicht alles erzählt. Hentz hatte jeweils die Leichname enthaupteter Frauen vergewaltigt.
    Ein Stallbursche reichte ihm die Zügel. Charles wollte gerade aufsteigen, als eine Kutsche ihm den Weg versperrte. Ein Diener öffnete die Tür. Doktor Louis stieg aus. »Oh, Monsieur de Paris«, sagte er, »wir können die Maschine bauen, aber der Zimmermann Guédon verlangt fast sechstausend Livre pro Maschine. Das ist der Staatsanwaltschaft zu teuer. Guédon meint, kein Mensch wolle so etwas bauen, deshalb sei der Preis so hoch.«
    »Tobias Schmidt baut die Maschine für dreihundert Livre«, sagte Charles, »für den Leinensack will er gut zwanzig Livre extra.«
    »Er soll noch heute damit anfangen«, sagte

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