Der Herr Der Drachen: Roman
kreisten noch immer Drachen mit ihren Reitern. Tallis versuchte, nicht hinzusehen, als er dem Krieger folgte, doch sein Nacken prickelte, und seine Haare richteten sich auf, als er bemerkte, wie sie ihn beobachteten.
»Haltet euch an der Wand«, sagte Attar, als er in der dunklen Öffnung verschwand und mit dem Abstieg begann.
Tallis holte tief Luft und zögerte, und schon auf der ersten Stufe hielt er inne. Vom Eingang in die Drachenkuppel aus ging es schier endlos in die Tiefe; wenn er hinuntersah, konnte er den ganzen Weg bis zum Boden verfolgen. Dort unten räkelten sich einige Drachen in einem Wasserloch, und von hier oben sahen sie so klein wie Vögel aus.
Für die Reiter führte der Zugang über eine Reihe von Steinstufen, die an einer Seite aus der Mauer herausgehauen worden waren. Diese Treppe ging geradewegs nach unten und endete an einem gewölbten Durchgang. Ein schmaler Handlauf aus Holz war an der linken Seite in die Wand eingelassen, aber auf der anderen Seite war nur Luft.
Jared legte Tallis die Hand auf die Schulter und spähte an ihm vorbei hinunter zu den Drachen im Wasser. »Von hier oben sind die ja kaum größer als Mar-Ratten. Und sieh mal - da in den Wänden sitzen noch mehr von ihnen.«
In unregelmäßigen Abständen auf dem Weg nach unten ragten Simse aus der Mauer, und auf einigen saßen weitere Drachen und dösten in dem nur spärlich einfallenden Sonnenlicht.
»Wie viele von ihnen gibt es denn?« Jareds Stimme klang belegt.
»Fünfundachtzig leben in der Kuppel«, antwortete Attar, der
eine Stufe vor ihnen lief. »Aber es würden auch noch mehr Platz finden.«
Jared und Tallis starrten ihn an, und er grinste.
»Kommt schon, Clansmänner, es ist noch ein langer Weg bis unten.« Er drehte sich um und sprang die Treppe hinunter.
Die Stufen waren dick und breit, und zwei Männer könnten wohl nebeneinanderlaufen, wenn sie sich ein wenig vorsehen würden, aber Tallis und Jared liefen lieber hintereinander, und Tallis drückte sich so weit wie möglich an die Mauer. Sie kamen an einem schummrigen Gang heraus, der einen Bogen machte und der Mauer folgte wie eine spiralförmig angelegte Rampe. Öllampen, die hellgelbes Licht verströmten, waren in einigem Abstand zueinander angebracht, und es hing ein moschusartiger, trockener Geruch in der Luft.
»Hier entlang«, sagte Attar und ging mit raschen Schritten auf dem abschüssigen Gang voran.
Der Boden war sauber gefegt, und auf ihrem Weg nach unten kamen sie an Durchbrüchen vorbei, die zu großen Höhlen führten. Als Tallis durch die Öffnungen sah, entdeckte er den Zugang zu den Simsen, die er von oben gesehen hatte.
»Das sind die Boxen der Drachen«, erklärte Attar. »Jeder Drache hat seine eigene. Marathins befindet sich auf der siebten Ebene. Die Tiere ziehen sich dorthin zurück, wenn sie sich ausruhen wollen.« Mit einer schwungvollen Handbewegung zeigte er ihnen einen dieser Ruheorte, als sie daran vorbeikamen.
»Wie kommen sie denn da hinein?«, fragte Jared.
»Durch die Öffnung oben. Die meisten Reiter bleiben auf ihren Rücken sitzen und gelangen so auf kürzestem Weg zum Boden der Kuppel.« Er drehte sich zu ihnen um und grinste. »Aber ich dachte, dass ihr das nicht unbedingt ausprobieren wollt. Es ist ein steiler Sinkflug, und wenn man nicht daran gewöhnt ist …« Den Rest überließ er ihrer Einbildungskraft.
»Vielleicht wäre es die Sache wert gewesen, schon um unsere Beine zu schonen«, murmelte Jared, und Attar lachte unterdrückt auf.
Während des Abstiegs passierten sie noch weitere Boxen. In einigen lagen Drachen, wenn sie sich nicht auf ihre Simse verzogen hatten, und durch die jeweiligen Öffnungen sahen sie schwirrende Flügel, als weitere Drachen sich von oben hinabstürzten. Die Luft wurde aufgewirbelt, Krallen kratzten übers Gestein, und die Reiter riefen sich etwas zu. Aber im Gang trafen sie nur sehr wenige Menschen. Hin und wieder hasteten verschiedene Arbeiter an ihnen vorbei, mit Besen, Rechen oder Korb in ihren Händen, aber sie gönnten ihnen nur selten einen Blick, sondern eilten weiter, um sich um ihre jeweilige Aufgabe zu kümmern, woraus auch immer diese bestand.
»Bekommen die Drachen hier ihre Mahlzeiten?«, fragte Tallis.
»Ja, aber nur als ein Zusatz zu dem, was sie für sich selbst auf der Jagd erlegen. Wir bieten ihnen kleine Leckerbissen wie Früchte und Getreide an. Vor allem mögen sie es, in den heißen Quellen am Boden der Kuppel zu baden, dort.« Er zeigte nach vorne, und
Weitere Kostenlose Bücher