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Der Herr Der Drachen: Roman

Titel: Der Herr Der Drachen: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lara Morgan
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des Traums betritt. Das Muster bewirkt Spuren wie nasse Fußabdrücke im Sand. Diese Spuren bleiben eine Weile bestehen, ehe sie verblassen, und so ist es mir möglich, im Zwielicht dein Muster der letzten Träume aufzuspüren. Ich werde ihm folgen und sehen, was ich finde.« Er lächelte.
    Shaan nickte und war erleichtert, dass nicht mehr zu tun war. Er schloss die Augen. Im Zimmer war es still. Shaan lehnte sich auf dem Kissen zurück, sodass sie in den Garten sehen konnte, und betrachtete über ihre Zehen hinweg das Grün. Es kam ihr so vor, als würde es wärmer im Zimmer werden, und das machte sie träge und schläfrig. Sie rückte sich das Kissen unter ihrem Kopf zurecht und lauschte auf den Klang von Petars Atem. Ihre Lider wurden schwer. Er schien lange zu brauchen. Vielleicht wäre es in Ordnung, wenn sie beim Warten ein wenig döste. Ihr fielen die Augen zu, während er arbeitete, und sie glitt in einen Traum …
     
    … Tiefe Dunkelheit umfing sie. Ihre Herzschlag war laut, und sie spürte, dass da etwas bei ihr war. Mit zunehmendem Entsetzen drehte sie sich um. Aus den Augenwinkeln nahm sie eine Bewegung wahr. Ein Licht blitzte auf. Ein hoher, durchdringender Schrei ertönte, und plötzlich fiel sie. Voller Panik streckte sie die Arme aus, aber da war nichts, woran sie sich festhalten konnte. Sie fiel tiefer und tiefer irgendwohin, und sie wusste, dass sie da nicht sein wollte. Mit einem dumpfen Aufprall landete sie auf dem Boden. Rotes, heißes Licht umflackerte sie, und der Geruch von nasser Erde stieg ihr in die Nase. Mit wachsender Verzweiflung sah sie den breiten, dunklen Fluss an ihr vorbeiströmen und Holzteile und hilflos herumtreibende Menschen mit sich reißen, die schrien, während sie in den dichten Dschungel davongetragen wurden. Hinter Shaans Rücken stieg Hitze auf.
    Arak-si , flüsterte die Stimme, und entsetzliche Furcht erfüllte Shaan.
    Sie wollte sich nicht umdrehen.
    Doch dann rief eine andere Stimme ihren Namen. Eine Stimme,
die dort nicht sein sollte. Sie wandte sich um. Die Mauer stand in Flammen, die Tore waren zerborsten, und ein Menschenstrom ergoss sich hindurch. Vor ihr jedoch stand Petar, auf die Knie gezwungen von dem Monster ihrer Albträume. Es war ein Mann, und doch auch nicht; er war größer und muskelbepackt, und er hatte einen leuchtend blauen Kamm, mit Drachenhaut bedeckt, der von seinem abrasierten Kopf den nackten Rücken hinunterlief. Er lächelte triumphierend, und in seinen Augen spiegelte sich das Rot des Feuers. Mit einer Hand hatte er die Haare des Traumsehers gepackt, in der anderen hielt er eine gebogene Klinge.
    Arak-si , zischte er ihr zu und hob den Arm.
    »Shaan, du musst aufwachen!«, schrie Petar, und sie fuhr zusammen, als sie das Entsetzen in seiner Stimme hörte.
    »Shaan!« Seine Augen, mit denen er sie anstarrte, waren voller Angst. Was tat er hier?
    »Shaan, wach auf!« Petar wand sich unter dem Griff des Dinges, das sie anlachte und zischte. Arak-si . Der Arm mit der Klinge senkte sich.
    »Nein!« Mit einem Schrei drehte sich Shaan um und streckte verzweifelt ihre Hand in das Feuer, das an der Mauer entlanglief. Heißer, blendender Schmerz durchfuhr sie, und sie erwachte keuchend auf dem Fußboden von Petars Haus. Aber sie kam zu spät. Der Seher lag ebenfalls auf dem Boden, mit durchgeschnittener Kehle; Blut sickerte in den Teppich.
    »Shaan!« Tuon erschien im Eingang. »Ich habe dich schreien gehört. Ich … Petar!« Sie stürmte in den Raum, ließ sich neben dem Seher auf die Knie fallen und packte ihn an der Schulter. Petars Kopf rollte haltlos hin und her, seine Augen waren weit geöffnet und starr, und die Knorpel seines Halses knirschten.
    »Shaan … Was hast du getan?«
    Shaan stierte sie an. »Nichts! Ich weiß nicht, was geschehen ist. Ich habe ihn in meinem Traum gesehen, und dann wachte ich auf und …« Sie schüttelte den Kopf und fühlte sich krank.
    »Was ist das?« Tuon griff nach ihrer verletzten Hand. »Warum ist deine Hand verbrannt?«

    »Ich weiß es nicht.« Shaan starrte darauf.
    Tuons Gesicht war weiß. »Nun, was auch immer geschehen ist, wir müssen von hier verschwinden. Nur seine Tochter weiß, dass wir hier sind.«
    Shaans Eingeweide zogen sich zusammen. Das Kind hatte sie ganz vergessen.
    »Komm schon!« Tuon zog sie auf die Füße, und Shaan zuckte zusammen, als ihre Hand schmerzhaft zu pochen begann. Sie schlichen sich aus dem Zimmer, überquerten den Hof und schlüpften aus dem Haus zurück auf den Markt.

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