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Der Herr der Falken - Schlucht

Der Herr der Falken - Schlucht

Titel: Der Herr der Falken - Schlucht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Catherine Coulter
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wallte hinter ihm her. An diesen Anblick hatte sie sich mittlerweile gewöhnt. Sie fragte sich, wie Argana es schaffte, die Wolle so leicht zu spinnen und zu weben.
    Sie hatten Varrick sieben Tage lang nicht zu Gesicht bekommen. Argana war einmal herübergekommen und hatte berichtet, daß Varrick Cayman nach Inverness gebracht hatte, damit sie mit Turella nach York zu reise. »Sie lächelte und sang«, hatte Argana erzählt. »Sie wird Spaß haben, und sie wird ihre Freude an dem Narren Ragnor haben, von dem du mir so viel erzählt hast, Chessa. Cayman versteht es, sich ein schönes Leben zu machen.«
    Seit seiner Rückkehr hatte Varrick noch keinen Besuch auf Karelia gemacht. Doch Chessa wußte, daß er kommen würde. Sie fragte sich, mit welchen Augen er sie ansehen würde.
    Und nun war er da, am siebten Tag. Chessa begrüßte Varrick, Argana, Athol, der wie immer ein finsteres Gesicht machte, und Igmal, der Kiri zuwinkte. Die Kleine rief begeistert seinen Namen und rannte zu ihm. Er hob sie hoch, warf sie in die Luft und drückte sie an die Brust. Die Männer verteilten sich im Haus und begrüßten die Karelialeute. Man unterhielt sich laut, lachte und scherzte. Die vier Hunde bellten und sprangen schwanzwedelnd an den Ankömmlingen hoch.
    Varrick hielt sich abseits, beobachtete die heitere Szene. Sein Gesicht war ohne Ausdruck, weder düster noch fröhlich. Kiri sagte zu Igmal: »Du riechst so sauber. Hast du gebadet, wie ich es dir geraten habe, Igmal?«
    »Ja, meine Kleine. Es ist keine drei Tage her, daß ich mich abgeschrubbt habe.«
    »Dein Bärenfell stinkt auch nicht mehr so wie früher«, sagte Kiri und schnüffelte daran.
    »Nein. Ich habe es anbehalten und mit ihm gebadet.«
    Kiri lachte hell. »Ich möchte auch mit einem Bärenfell baden.«
    Es war nicht mehr lange hin bis zur Wintersonnenwende, und dennoch lag kein Schnee. Auch in den Nächten war noch kein Frost. Chessa tätschelte ihren schwellenden Bauch. Immer häufiger kamen die Bewohner von Kinloch zu Besuch, denn auf Karelia wurde gelacht und gescherzt, aber auch gestritten. Hier gab es keine Zauberei, keine Geheimnistuerei, und niemand wurde eingeschüchtert. Hier blähte sich auch kein Umhang bei Windstille.
    Chessa drückte Cleves Hand. Was würde Varrick tun? Hatte er endlich aufgegeben? War er endlich bereit, sie in Frieden zu lassen?
    »Willkommen, Vater«, begrüßte Cleve ihn. »Chessa ahnte, daß du kommst. Die Frauen bereiten ein Festessen vor. Wenn du einen deiner Männer nach Kinloch schickst, um die anderen zu holen, seid ihr alle herzlich eingeladen.«
    Varrick bedachte seinen Sohn mit einem überlegenen Lächeln. »Nicht nötig.« Damit zog er seinen Burra aus dem Gürtel. »Damit rufe ich sie.« Liebevoll strich er den Zauberstab entlang und trat einen Schritt vor. Sein Blick traf Chessa, und seine Augen ruhten auf ihrem Bauch. Unsicherheit war in seinem Blick zu lesen, aber auch Entschlossenheit. Chessa seufzte. Ihr hysterischer Anfall nach ihrer Rettung hatte nichts bewirkt. Sie verschränkte die Arme vor der Brust und gähnte. Varrick fixierte sie immer noch, und nun funkelte Ärger in seinen zweifarbigen Augen.
    Varrick trat an den Rand der Falkenschlucht, der einzigen Erhebung auf Karelia. Seine Inszenierung gelang auch diesmal aufs beste. Dumpfes Donnergrollen war zu hören und kalte, grelle Blitze zuckten über den Himmel. Auf Regen verzichtete er diesmal, und dafür waren ihm alle dankbar.
    Nach Beendigung seiner Vorstellung wandte er sich um und erstarrte. Kein Mensch schenkte ihm Beachtung. Igmal zeigte Kiri, wie sie das Holzmesser werfen mußte, das er für sie geschnitzt hatte. Andere Kinder schauten zu und wollten auch das Messerwerfen lernen. Drei seiner Männer - seine Männer - tranken und knufften einander in die Rippen. Ein paar andere redeten mit Karelialeuten, die ursprünglich auch seine Leute waren, und keiner schaute in seine Richtung. Zwei seiner Söhne warfen Steine in den See und wetteiferten, wer am weitesten werfen konnte. Die stille, gehorsame Argana unterhielt sich mit Chessa und ein paar anderen Frauen. Jetzt lachten die Frauen über etwas, das Argana gesagt hatte. Argana sagte etwas, worüber man lachen konnte?
    Niemand schaute zu ihm herüber. Nur ein Hund saß auf seinen Hinterläufen, und blickte Varrick mit seitlich geneigtem Kopf aufmerksam an.
    Varrick trat zu Chessa. »Komm mit mir.«
    Sie lächelte zu ihm auf. »Hast du die übrigen Kinlochleute gerufen?«
    »Ja, ich habe sie gerufen«,

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