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Der Herr der Falken - Schlucht

Der Herr der Falken - Schlucht

Titel: Der Herr der Falken - Schlucht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Catherine Coulter
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Frachtraum im Bug.
    Turella, die neben Kerek stand, blickte den beiden argwöhnisch nach. »Sie versucht, mich zu überlisten, Kerek, aber es wird ihr nicht gelingen. Mach dir keine Sorgen. Wenn Ragnor zu betrunken ist, um sie heute nacht zu nehmen, geschieht es eben morgen. Und wenn er sie einmal genommen hat, halten wir ihn stets betrunken. Das vereinfacht die Sache für uns.«
    »Mir gefällt das nicht, und Ihr wißt das«, antwortete Kerek finster.
    »Du bist zu weich, Kerek. Komm jetzt, für uns gibt es nichts mehr zu tun. Es sind genügend Wachen aufgestellt, die Chessa die ganze Nacht nicht aus den Augen lassen.«
    Cleve befahl den Männern, in den dunklen Schatten des Festungswalls Deckung zu suchen. »Keiner der Wachen darf einen von uns entdecken. Varrick wird uns sagen, was wir wissen müssen.«
    »Ich sehe acht Krieger auf den Wachtposten«, sagte Varrick. Er zeichnete die Aufstellung der Soldaten in den Sand. »Ragnor liegt völlig betrunken im Frachtraum. Hier. Chessa sitzt neben ihm und wartet.«
    »Wartet?« fragte Igmal.
    »Auf uns«, sagte Cleve. »Auf mich. Dann wird sie handeln. Davor habe ich Angst. Turella wird sie eher töten, als sie gehen lassen.«
    »Nein«, widersprach Varrick, »das wird sie nicht tun.«
    Cleve runzelte die Stirn ob der Gewißheit in der Stimme seines Vaters. »Jeder von euch nimmt sich einen Posten vor«, erteilte er seinen Männern Anweisung. »Sie müssen schnell und lautlos getötet werden. Keiner darf ins Wasser fallen. Das würde zuviel Lärm machen. Ich hole Chessa. Die Aktion muß blitzschnell und sehr leise vorgenommen werden. Gibt es noch Fragen?«
    Entgegen Varricks Ausführungen lag das Kriegsschiff nicht an der Holzmole vertäut. Es lag weit draußen im Hafenbecken vor Anker, mindestens drei Schiffslängen entfernt, allerdings an langen Leinen mit der Mole verbunden. Auf der Mole patrouillierten drei schwerbewaffnete Soldaten. Es war aussichtslos, das Schiff unbemerkt schwimmend zu erreichen. Dazu kam, daß vier Männer gar nicht schwimmen konnten.
    Cleve fluchte.
    Varrick machte ein verdutztes Gesicht. »Das darf nicht wahr sein«, sagte er. »Wann wurde das Schiff weggebracht? Ich sah es an der Mole liegen.«
    Igmal hob ratlos die Schultern. »Was wollen wir tun?«
    Cleve wandte sich an seinen Vater: »Weißt du Rat?«
    Varrick lächelte überlegen und zog den Burra aus dem Gürtel. Dann begab er sich auf eine kleine Erhebung neben dem Festungswall. Ob sein Vater sich nur wieder einmal in Szene setzen wollte, oder ob er für die Zauberei tatsächlich alleine sein mußte, wußte Cleve nicht zu sagen. Varrick hielt den Burra mit gestreckten Armen hoch und begann, fremdartige Worte in einem eintönigen Singsang zu sprechen. Es dauerte nicht lang, bis ein greller Blitz die schwarze Nacht durchzuckte und unweit eines Wachtpostens in die Planken der Mole fuhr. Holz splitterte, Rauch quoll auf. Der Mann erstarrte, dann brüllte er los.
    Ein zweiter Blitz durchzuckte die Nacht, und der dritte fuhr zischend bis ans Ende der Holzmole. Donner grollte so laut über ihren Köpfen, daß die Männer sich die Ohren zuhielten.
    Die Krieger an Bord des Schiffes rannten wie aufgescheuchte Hühner durcheinander, bückten verstört in den schwarzen Himmel und dann zu den Männern auf der Mole, wo die Planken wie Spielzeughölzchen unter den Blitzeinschlägen zersplitterten.
    Torric brüllte: »Die Leinen reißen. Rudert zur Mole, um die Männer zu retten. Beeilung, Leute! An die Ruder, rasch!«
    Die ersten Regentropfen klatschten bereits auf die Schiffsplanken, und im Handumdrehen ergossen sich wahre Sturzbäche vom Himmel. »An die Ruder!« schrie Torric. »Beeilung!«
    Einige Männer ruderten wie besessen, andere schöpften mit Holzeimern das Regenwasser, das bereits knöchelhoch stand. Der Regen ergoß sich sintflutartig aus dem aufgerissenen Himmel.
    »Sieh mal«, feixte Igmal neben Cleve. »Wie sie uns zufliegen, wie gebratene Tauben, und sie wissen es gar nicht. Bald haben wir unsere Chessa wieder.«
    Doch Cleve war sich da nicht so sicher. Seine sieben Mann standen einer Übermacht von sechzig Kriegern gegenüber.
    In diese bangen Gedanken fuhr ein Blitz in den hohen Mast und splitterte ihn entzwei. Die Trümmer stürzten krachend auf die Schiffsplanken und begruben ein Dutzend Männer unter sich. Jetzt sah Cleve seine Chessa. Sie stand vor der Überdachung, den Blick zum Ufer, zu Varrick gerichtet, der nun für jeden sichtbar war, der sich die Zeit nahm, hinzuschauen.

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