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Der Herr der Lüfte

Der Herr der Lüfte

Titel: Der Herr der Lüfte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Moorcock
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Datum haben wir eigentlich?«
    »Den 29. Mai«, erklärte ich ihm.
    »Welches Jahr?«
    »Nun, 1903!«
    »Das dachte ich mir schon. Das dachte ich mir.« Er sprach nun voller Abwehr. »1903, natürlich. Der Beginn des strahlenden, neuen Jahrhunderts, vielleicht des letzten Jahrhunderts der Welt.«
    Bei einem anderen Mann hätte ich diese zusammenhanglosen Bruchstücke für die wirren Äußerungen eines Opiumsüchtigen gehalten, doch aus seinem Munde klangen sie seltsam überzeugend. Ich kam zu der Auffassung, daß es Zeit wäre, mich vorzustellen und tat dies dann auch.
    Er reagierte auf ganz eigentümliche Art auf diese Vorstellung. Er erhob sich aus seinem Sessel und sagte: »Hauptmann Oswald Bastable, früher beim 53. Ulanenregiment.« Er lächelte über seinen Scherz, machte ein paar Schritte und nahm wieder in einem Lehnstuhl am Fenster Platz. Einen Augenblick später, als ich immer noch versuchte, mich wieder zu sammeln, wandte er den Kopf und schaute erheitert zu mir empor. »Entschuldigen Sie, aber Sie sehen, ich bin nicht in der Stimmung, meinen Wahnsinn zu verheimlichen. Sie sind sehr freundlich.« Er hob sein Glas, um mir zuzuprosten. »Ich danke Ihnen. Ich muß versuchen, mich an mein gutes Benehmen zu erinnern. Es war sogar einmal recht gut. Wirklich sehr gutes Benehmen. Ich wage zu behaupten, ich war unschlagbar. Aber ich könnte mich auf verschiedene Arten vorstellen. Was wäre, wenn ich sagen würde, mein Name ist Oswald Bastable, Luftschiffkommandant.«
    »Sie fliegen Ballons?«
    »Ich habe Luftschiffe geflogen, Sir. Schiffe von dreihundert Metern Länge mit Höchstgeschwindigkeiten von hundertsechzig Kilometern in der Stunde! Sie sehen also, ich bin verrückt.«
    »Nun, ich würde sagen, Sie haben zumindest eine rege Fantasie. Wo haben Sie diese Luftschiffe geflogen?«
    »Oh, in den meisten Teilen der Welt.«
    »Ich bin wohl absolut nicht mehr auf dem laufenden. Ich wußte, daß ich hier die Nachrichten ziemlich spät mitbekomme, aber ich fürchte, von diesen Schiffen habe ich noch nie gehört. Wann haben Sie diese Flüge absolviert?«
    Bastables opiumbenommene Augen starrten mich so hart an, daß mir ein Schauer über den Rücken lief.
    »Möchten Sie es wirklich gerne hören?« fragte er mit leiser, unbeteiligter Stimme.
    Mein Mund fühlte sich trocken an, und ich überlegte, ob er gewalttätig werden würde. Ich trat zum Klingelseil. Doch er begriff, was in meinem Kopf vorging, denn er lachte wieder und schüttelte den Kopf. »Ich werde nicht auf Sie losgehen, Sir. Aber Sie verstehen nun, warum ich Opium rauche, warum ich mich für verrückt halte. Wer sonst als ein Verrückter würde behaupten, schneller als die schnellsten Ozeanriesen durch die Himmel geflogen zu sein? Wer sonst als ein Verrückter würde behaupten, dies im Jahre 1973 a.D. getan zu haben, fast ein Dreivierteljahrhundert in der Zukunft?«
    »Und Sie glauben, das sei Ihnen widerfahren? Und keiner will Sie anhören. Ist es das, was Sie so verbittert?«
    »Das? Nein! Warum sollte es? Der Gedanke an meine eigene Tollheit quält mich so. Ich sollte tot sein - das wäre gerecht. Statt dessen bin ich halb am Leben, und kann kaum einen Traum vom anderen, eine Realität von der anderen unterscheiden!«
    Ich nahm ihm das leere Glas aus der Hand und goß ihm neu ein. »Schauen Sie!« sagte ich. »Wenn Sie etwas für mich tun wollen, bin ich bereit, mir anzuhören, was Sie zu sagen haben. Ich habe ohnehin nichts anderes vor.«
    »Was soll ich für Sie tun?«
    »Ich möchte gern, daß Sie ein wenig essen und versuchen, das Opium für eine Weile nicht anzurühren - zumindest, bis Sie bei einem Arzt waren. Dann möchte ich gerne, daß Sie sich meiner Pflege anvertrauen, vielleicht sogar mit mir nach England zurückkehren, wenn ich abreise. Werden Sie das tun?«
    »Vielleicht.« Er zuckte die Achseln. »Aber diese Laune könnte vorübergehen, ich warne Sie. Ich hatte niemals den Wunsch, mit jemandem über die… über die Luftschiffe und all das zu sprechen. Aber vielleicht ist Geschichte veränderbar…«
    »Ich kann Ihnen nicht folgen.«
    »Wenn ich Ihnen sagen würde, was ich weiß, was mir widerfahren ist - was ich erlebt habe -, könnte das einen Unterschied ausmachen. Wenn Sie einverstanden wären, es niederzuschreiben und - falls Sie können - es zu publizieren, wenn Sie heimfahren.«
    »Wenn wir heimfahren«, sagte ich unumstößlich.
    »Wie Sie wollen.« Sein Ausdruck veränderte sich und wurde finster, als wohne seinem Entschluß eine

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