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Der Herr der Ohrringe (German Edition)

Der Herr der Ohrringe (German Edition)

Titel: Der Herr der Ohrringe (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Myk Jung
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bald beiwohnen würde.
    Und dann, während der Mittagspause, hatte ein gewaltiges Poltern das Haus erschüttert, und es stellte sich bald heraus, dass ein großgewachsener Krieger aus dem Norden, ein Mensch aus Vidas Tierlyth, der Hauptstadt Gondels, die Küche durchstöberte. Überflüssigerweise überbrachte der fremde Ritter mysteriöse Verse, die er beiläufig erwähnte, und bei denen es sich offenbar um Traumeinflüsterungen handelte, deren Deutung er sich von Allround beizeiten erhoffte. Kurze Zeit später war ein kleiner Kaltdrache aufgetaucht, der die Beilegung eines uralten Konflikts anbot, und dann eine Gruppe strauchähnlicher Waldwesen, die von einer Beisetzung kamen.
    Und so war es den ganzen Tag weitergegangen: Eine Gesandtschaft von Albernen, vom fernen Meer kommend, kicherte irgendwann im Flur und flüsterte Spottverse über den alten Cieldran, der sie geschickt hatte: mit Grüßen und düsteren Andeutungen und vagen Warnungen und mit der Bitte um Beitritt in eine Allianz gegen Saurum, natürlich. Dass hingegen mal eine junge Fee eintraf, mit der Bitte um Beischlaf, das passierte nie.
    »Sowas passiert natürlich nie«, murmelte Allround, während er versuchte, alles zu vergessen und nichts mehr mitzubekommen und sich unterm Laken zu verkriechen.
    Und gerade jetzt, als er schon fast geglaubt hatte, dass sein Einschlafplan doch noch gelingen mochte, da trafen Frohdoof und seine Begleiter ein. Pipifax erzählte lautstark Witze; Samenweis aber quiekte vor Vergnügen, weil er so viele Alberne zu Gesicht bekam.
    Allround schlug die Augen auf, und dann die Bettdecke zurück.
    »Jetzt reicht’s mir aber!«, schrie er und sprang von seiner Lagerstatt auf und mitten in eine ominöse Pfütze, deren Herkunft nie geklärt wurde. »Jetzt bekommen sie alle ihre Ratschläge! Sie bekommen eine richtige Ratsversammlung ! Harr! Und das haben sie nun davon!«
    So geschah es, dass am Abend, oder vielleicht am Morgen, wer soll das schon so genau wissen, Allround in der Großen Halle seines Hauses eine Versammlung einberief, die den Hilfe- und Ratsuchenden Hilfe und Rat angedeihen lassen sollte.
    An einem riesigen Tisch saßen sie alle in der Runde; denn es handelte sich ein weiteres Mal um den Runden Tisch. Die Albernen aus Ost und Fernwest waren da, und hohe Würdenträger aus Allrounds Haus, die sich die besten Stühle ergattert hatten; Zwerge von Weit Fort und Luftgeister von Noch Weiter hatten Platz genommen, und Trolljäger aus den Lichtlosen Wäldern. Der unwirsche Ritter aus Vidas Tierlyth war anwesend; und schließlich setzten sich die Gefährten um Ganzhalb und Frohdoof, lärmend und schwätzend, wie sie’s nicht anders gewohnt waren.
    An der Stirnseite des Tisches aber, die er seiner Rundheit zum Trotze ja hatte, und solch wunderbar Zweckloses gelingt einfach nur den Albernen, saß Allround auf einem Jugendstil-Thron. Dieser Sitzplatz war in der frühen Jugend der Welt geschnitzt worden, und deswegen trug er auch diese Bezeichnung.
    »Hallo!«, rief er, wie es die Etikette seines Hofstaats vorschrieb, also unfreundlich. »Ich habe euch zu mir gerufen, um Ratschläge zu erteilen – obgleich ich streng genommen keinen rief, sondern das Schicksal euch alle zur selben Stunde hierhin führte. Und das ist nicht allzu schlecht! So kann ich alles mit einem einzigen Aufwasch erledigen, um hernach ein Weilchen zu ruhen.«
    Das letztere sagte er nicht wirklich, aber er dachte es und hätte es gerne gesagt; und der Ton seiner Rede legte ihnen ans Herz, sich schnellstmöglich wieder aus dem Staub zu machen. Alle horchten aufgeregt, und ehrfürchtig schwiegen sie still.
    »Ihr kommt also vom Überlaufenen Berg?«, fragte Frohdoof umgehend einen weißgekleideten Zwerg, der neben ihm saß, hieß ihn kurz aufstehen und schnappte sich die Kissen von dessen Stuhl.
»Den kenn’ ich gar nicht!« Der Zwerg wollte etwas erwidern, aber seine Minderbemitteltheit verbot es.
    »Ihr habt wirklich allein die Neun in den Fluss gejagt?«, fragte Ganzhalb den neben ihm sitzenden Gluthwindel; jedoch Gluthwindel gab nur heiße Luft von sich.
    Marathorn aber buhlte um die Gunst einer hübschen Luftelfe, die sich plötzlich zur allgemeinen Verblüffung in Awon zurückverwandelte, Marathorns schöne Verlobte. Sie war sogar schön jenseits aller Erträglichkeit, in der Tat die Schönste der ganzen Welt und aller Zeiten (bis auf eine, deren Schönheit sie haargenau kopierte); und sie hatte den Dauerläufer gerade der Treulosigkeit überführt. Da

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