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Der Herr der Ohrringe (German Edition)

Der Herr der Ohrringe (German Edition)

Titel: Der Herr der Ohrringe (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Myk Jung
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Amor also schmiedete inbrünstig, und am Ende schuf er die Drei Edelsteine, die Stillmarie – und fing das Licht der Zwei Blumenlampen, die im Zentrum Valiums hingen, in den Steinen ein. Dies rief seinen Unmut hervor: er hatte es nicht vorgehabt, das mit dem Lichteinfangen. Da jedoch damals das Segensreich ununterbrochen ins Licht der Blumenlampen getaucht war, hatte sich das Gleißen wohl wie von selbst eingeschlichen. Genau dieses Leuchtens aber war Fee Amor überdrüssig geworden: er hatte es regelrecht satt, das Licht, wegen seiner unspektakulären Gleichförmigkeit. Und jetzt war es in den Steinen! Hätte der Fürst einen Bart gehabt, so würde er sich ihn gerauft haben; aber über solcherlei verfügen die Albernen gemeinhin nicht. Übrigens hätte es auch gar nichts genutzt, sich irgendwo raufend zu ärgern, und zumindest das hat sich nicht verändert in den folgenden Jahrtausenden. Das Licht der Blumenlampen war gefangen in den Steinen namens Stillmarie, und selbst ein noch so inbrünstiges Wutschnauben machte es nicht sich verflüchtigen.
    So wanderte Fee Amor schließlich, seufzend und fluchend, zu einem Gefilde fern ab, um sich dort der Juwelen zu entledigen. Er war alles leid und wollte die Drei Steine in möglichst hohem Bogen fortwerfen. Schon fragte er sich, in Vorfreude, wie hoch der Bogen wohl ausfallen würde.
    Nun aber traf es sich, dass Finstergott Melk-Tor des Weges kam, in Begleitung eines dämonischen Ungeheuers, das in Gestalt eines abscheulichen riesigen Marienkäfers einherwandelte. Zu jenem Zeitpunkt, am Anfang des Weltenlaufs, besaßen viele der damals noch wenigen Lebewesen die Fähigkeit, sich die Gestalt, darin sie zu wandeln beliebten, nach Gutdünken auszuwählen, und diese bisweilen, wenn sie eine launische Laune überkam, wieder zu verändern. Erstaunenswertes Unterfangen, eigentlich. Diejenigen unter ihnen aber, die sich einer eher düsteren Charakterverfärbung verschrieben hatten, verloren diese Fähigkeit im Laufe der Zeit: wieso, darüber rätseln die Weisen der Tollkühnheit.
    Melk-Tor aber gewahrte die glitzernden Stillmarie, und es überkam ihn eine finstere Lust, sie zu besitzen; und so stieß er, da er sich ohnehin einmal mehr eine körperliche Gestalt gegeben hatte, den bedauernswerten Fee Amor in einen nahebeien Graben und bemächtigte sich der Steine. Kurz darauf, als hätte er nicht schon genug Unheil angerichtet, riss er an den Zwei Blumenlampen, enttopfte sie und überließ sie der Verdorrung. Hernach, boshaft giggelnd, preschte er von dannen.
    Das Segensreich Valium fiel ins Dunkel, allenthalben ertönten Klagelaute, und Fee Amor fluchte: »Ich verfluche sogar. Und zwar den ehrlosen Melk-Tor, und seht! ich heiße ihn Mordfott, den Finsteren Feind der Welt! Er hat mich meiner Berufung beraubt, die unsinnig funkelnden Steine zu zerstören. Nun will er sie wahrscheinlich eigenhändig wegwerfen. Diese Schmach darf ich nicht auf mir sitzen lassen!«
    In seinem verletzten Stolz, und ohne auf den Schläfrigsten Gott Mandel zu hören, der ihm von solcherlei Taten abriet, rief Fee Amor eine große Anzahl Alberner zusammen, und gemeinsam verließen sie das Segensreich in hoffnungsvoller Verfolgung Melk-Tors. Die Heerscharen eilten dem Düsterpeter hinterher über Äcker, Gefilde und Ozeane; und schließlich landeten sie im Osten der Mittelmäßigen Welt, im Lande Belehreramd, was ihnen den Einfall schenkte, den Fiesen Feind dort zu bekriegen.
    Um es kurz zu machen: Das ganze Unternehmen bescherte den Albernen nichts als Mühsal und Ärgernis, worauf sie es nicht abgesehen hatten, die Bedauernswerten. Immer dann, wenn sie meinten, die Zeit wäre reif und nahe der Augenblick, da sie dem finsteren Melk-Tor endlich die Stillmarie abnehmen würden, überraschte der sie mit einer neuen schlimmen Finte; zum Beispiel erschuf er ungeheure Ungeheuer wie Pank Rogs oder Drachen, die manches von dem, was sich ihnen in den Weg stellte, eigentlich leider alles, niederwalzten; und der Griff zu den Steinen war Fee Amor und seinem Geschlecht verwehrt.
    Die Albernen bauten großartige Burgen und schlanke Wachttürme, die fast so hoch waren wie die Türme, die sie in Valium errichtet hatten, aber Melk-Tor riss sie ein. Und die Albernen bauten etwas kleinere Türme, Mordfott jedoch zerstörte sie. Und die Albernen beschlossen, ein wenig niedriger zu bauen, was ihnen nicht half. Am Ende lag alles, was sie geschaffen hatten, wie zum Beispiel ihre spitzbogigen Rundbauten, in Schutt und Asche; und

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