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Der Herr der Ohrringe (German Edition)

Der Herr der Ohrringe (German Edition)

Titel: Der Herr der Ohrringe (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Myk Jung
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werden. Am Ende all der erwähnten Ärgernisse, und als alles fast gut ausgegangen war – abgesehen davon, dass zwei der drei zurückeroberten Stillmarie-Steine durch die Tölpelei eines Bannerträgers wieder verloren gingen – wurden die beiden Brüder vor die Wahl gestellt, ob sie zu den Unsterblichen oder den Sterblichen gezählt werden wollten, denn sie stammten ja aus beiderlei Geschlecht, und in dieser Sache wünschten sich alle Klarheit, vor allem Hochgott Mandel selber, der Unordnung und Asymmetrie nicht ausstehen konnte. Und Asynchrones auch nicht.
    Eros entschied sich dafür, zu den sterblichen Menschen gezählt zu werden, denn er hielt sie für die sexuell aktiveren Geschöpfe Eydus, und da ihm eine starke Triebsamkeit gegeben war, dachte er, eine gute Wahl getroffen zu haben. Er fuhr übers Meer, mitsamt seinem elitären Familienclan, Kurs und Geschwindigkeit haltend, wie es ihm die Müden Götter anempfohlen hatten, und er landete schließlich auf der Insel, die ihm und den Seinen bereitet worden war: Blubberror in den Weiten des Meeres, dem östlichsten aller sterblichen Länder, einer Insel in Form eines vogelkopfförmigen Achtecks. Dort lebten die Erossaner, die sich alsbald als die Edelsten überhaupt ansahen, für eine lange Zeit in leidlichem Seelenfrieden, und Eros selber ergoss sich in so manchem Schoße.
    Den Blubberorrern war von den Schläfrigen Göttern für das kommende Zeitalter eine besonders lange Lebensspanne gewährt worden – weit über das Maß normaler Sterblicher hinaus.
    »Und eure Nachfahren werden obendrein besonders gut aussehen «, hatten die Götter gezwinkert. »Zumindest, wenn sie reinblütig sind. Sie werden groß sein, blond vielleicht oder auch dunkelhaarig, jedenfalls helläugig. Ist es nicht herrlich? Menschen minderer Abstammung aber werden nicht so gut aussehen. Sie sind dann viel kleiner und breiter und unförmiger, vielleicht gräulichgelbhäutig oder gar schwarz, mit großen Mündern und weißen Augen wie Halbmonster!«
    »Hui!«, hatten die Blubberrorer geantwortet. »Das klingt ja jetzt ein bisschen heikel!«
    »Wieso?«
    »Na, es klingt nach finsteren Ideologien fieser Rassisten!«
    »Och, so etwas liegt uns aber fern! Wir dürfen doch ein wenig verhaftet sein in Weltanschauungen, die erst in einigen Jahrtausenden als überkommen angesehen werden, oder? Jetzt stellt euch mal nicht so an, ihr Blubberrorer!«
    Und das taten die Blubberrorer dann auch nicht.
    Als Eros jedoch ein paar Jahrhunderte später das Kommen seines Todes und damit das Ende seiner Umtriebe spürte, wurde er nicht froh ob seiner Entscheidung, das Leben der sterblichen Menschen gewählt zu haben; und er erkundigte sich sicherheitshalber, ob sie rückgängig zu machen wäre. Doch einige Alberne, die gerade auf Besuch in Blubberror waren, schüttelten schadenfreudig die Köpfe, bevor sie hastig davonpaddelten. Und Eros dachte daran, wie viele Missetaten sein Bruder Allround noch zu begehen imstande wäre in den ihm verbleibenden zehntausend Jahrhunderten, und Eros schalt sich einen törichten Knecht und Ärgeres, wie zum Beispiel:
    »Ein Dhaem-lak 26 war ich ja!«, rief er und patschte sich gegen die Stirn. »Wie kam ich nur auf die arme Idee, ein sterbliches Schicksal zu wählen? Maeyne Vraessae! Allround, der hat’s gut! Wohinein der sich noch alles ergießen kann in zukünftigen zehntausend Jahrhunderten! Ich werd’ nicht mehr!«
    Er wurde nicht mehr, der bedauernswerte Eros; in der Tat hörte er sogar umgehend mit Sein auf, und es war dies das letzte, was er jemals von sich gegeben hatte. Seine Nachkommen indes merkten sich seine letzten Worte gut, und im Laufe der verrinnenden Zeit, derweil ihr Inselreich noch blühte, brüteten sie in angestrengtem Sinnen, und es wuchs dieser eine Gedanke stetig und unniederringbar in ihnen: »Wir werden nicht mehr! Tatsächlich sind wir nicht einmal lange genug! Wir wollen mehr! Zum Beispiel mehr Leben ! Wieso hat sich Eros nicht für ein unsterbliches Schicksal entschieden, für sich und die Seinen? Nun dürfen wir eine Suppe auslöffeln, die wir uns selber gar nicht eingebrockt haben!«
    Und sie nannten sich die vom Schicksal Betrogenen: » elenvahr « in Blubberrorianisch. Doch dieser Begriff wurde nur zögerlich ins Blaue Buch übernommen.
    In ihrer Hilflosigkeit und Wut erwuchs den Blubberrorern aber zum Glück ein aufbauender Gedanke: »Also preschen wir nun am besten los, in unserer hilflosen Wut, und machen anderen das Leben zur Hölle! Das

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