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Der Herr der Ringe: Neuüberarbeitung der Übersetzung von Wolfgang Krege, überarbeitet und aktualisiert (German Edition)

Der Herr der Ringe: Neuüberarbeitung der Übersetzung von Wolfgang Krege, überarbeitet und aktualisiert (German Edition)

Titel: Der Herr der Ringe: Neuüberarbeitung der Übersetzung von Wolfgang Krege, überarbeitet und aktualisiert (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John R Tolkien
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weiter südlich stieg vor ihnen golden schimmernd der Sprühregen des Rauros auf. Das donnernde Tosen des Wasserfalls erschütterte die windstille Luft.
    Traurig machten sie das Bestattungsboot los. Da lag er, Boromir, und ruhte in Frieden, auf der Oberfläche des fließenden Wassers dahingleitend. Die Strömung trug ihn fort, während sie ihr Boot mit den Paddeln zurückhielten. Er trieb an ihnen vorüber, und langsam entfernte sich sein Boot und schrumpfte zu einem dunklen Fleck vor dem goldenen Licht. Dann plötzlich verschwand es. Der Rauros toste wie immer. Der Strom hatte Boromir, Denethors Sohn, an sich genommen; und nie wieder sah man ihn in Minas Tirith, wie es seine Art war, morgens auf dem Weißen Turm stehen. Doch in Gondor hieß es noch in späteren Zeiten, das Elbenboot sei den Wasserfall hinab und durch das schäumende Becken darunter gefahren und habe ihn durch Osgiliath getragen und dann weiter zu einer der vielen Mündungen des Anduin, hinaus ins Große Meer in einer Nacht unter den Sternen.
    Eine Weile blickten die Gefährten ihm schweigend nach. Dann sagte Aragorn: »Vom Weißen Turm werden sie nach ihm Ausschau halten, doch weder vom Gebirge noch vom Meer wird er wiederkehren.« Dann stimmte er ein langsames Lied an:
    Über Fenne und Fluren von Rohan, das grün im Grase steht,
    Von Westen streicht der Wind her, der um die Mauern weht.
    »O Wind, du Wandrer, was bringst du mir Neues zur Abendstund?
    Was ward dir über Boromir, den jungen Recken, kund?«
    »Im Mondschein sah ich ihn reiten durch eine öde Au,
    Gen Norden durch sieben Flüsse, die Wasser breit und grau;
    Vielleicht sah ihn später der Nordwind, als ich seine Spur verlor,
    Und hörte, wie er ins Horn stieß, der Sohn des Denethor.«
    »O Boromir! Von den Wällen gen Westen blick ich aus,
    Doch aus den leeren Auen kamest du nicht nach Haus.«
    Dann sang Legolas:
    Von Süden ein salziger Meerwind fährt stöhnend zum Tor herein,
    Von Dünen und Klippen her trägt er der Möwen klagendes Schrein.
    »O seufzender Wind von Süden, was bringst du mir Neues zur Nacht?
    Wo ist der edle Boromir? Um ihn halt ich trauernd Wacht.«
    »Frage nicht mich, wo er sein mag! Der sturmgepeitschte Strand
    Birgt vieler Männer Knochen im weißen und schwarzen Sand.
    So viele kamen stromabwärts getrieben ins brandende Meer.
    Den Nordwind frag! Wen er hertreibt, weiß keiner besser als er.«
    »O Boromir! Von der Küste zum Tor führt ein breiter Pfad,
    Doch kamest du nicht mit den Möwen vom grauen Seegestad.«
    Und dann wieder Aragorn:
    Durchs Königstor fegt der Nordwind und über den Raurosfall
    Und trägt zum Weißen Turme des Hornes dunklen Schall.
    »O stürmischer Nord, was bringst du mir Neues zum neuen Tag?
    Sag, wo der edle Krieger so lang verweilen mag!«
    »Am Amon Hen, da rief er und schlug seine letzte Schlacht,
    Mit Schwert und Schild, die brachen, ward er zu Wasser gebracht.
    Das stolze Haupt und die Glieder, die betteten sie zur Ruh,
    Und Rauros, golden schimmernd, trug ihn dem Meere zu.«
    »O Boromir! Solange der Weiße Turm wird stehn,
    Solange wird er nordwärts zum goldenen Rauros sehn.«
    So schloss das Lied. Sie wendeten das Boot und fuhren, so schnell es die Gegenströmung erlaubte, zurück nach Parth Galen.
    »Den Ostwind habt ihr mir überlassen«, sagte Gimli, »doch über den mag ich nichts sagen.«
    »Das sollst du auch nicht«, sagte Aragorn. »In Minas Tirith ertragen sie zwar auch den Ostwind, fragen ihn aber nicht, was für Kunde er bringt. Doch nun hat Boromir sich auf seinen Weg gemacht, und wir müssen in aller Eile beschließen, welchen Weg wir gehen wollen.«
    Schnell, aber gründlich untersuchte er den Boden der Wiese, oft tief gebückt. »Orks sind hier nicht gewesen«, sagte er. »Im Übrigen kann ich nichts zuverlässig erkennen. Alle unsere Fußspuren laufen hier kreuz und quer durcheinander. Ich kann nicht sagen, ob einer von den Hobbits zurückgekommen ist, seit wir nach Frodo zu suchen anfingen.« Er ging noch mal ans Ufer, dorthin, wo der kleine Bach in den Fluss rieselte. »Hier sind ein paar deutliche Abdrücke«, sagte er. »Ein Hobbit ist ins Wasser gewatet und wieder zurückgekommen; aber wie lange es her ist, kann ich nicht sagen.«
    »Was sagst du zu diesem Rätsel?«, fragte Gimli.
    Aragorn antwortete nicht gleich, sondern ging wieder zum Lagerplatz und schaute nach dem Gepäck. »Zwei Rucksäcke fehlen«, sagte er, »und der eine ist mit Sicherheit der von Sam: ein sehr großer und schwerer. Also

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