Der Herr der Ringe: Neuüberarbeitung der Übersetzung von Wolfgang Krege, überarbeitet und aktualisiert (German Edition)
Fuß felsiger Hügel erreicht und kamen nun langsamer voran, denn die Fährte war nicht mehr so leicht zu verfolgen. Das Hochland der Emyn Muil verlief hier in zwei langen, zerklüfteten Höhenzügen von Norden nach Süden. Die Hänge waren auf der Westseite steil und schwer zu überwinden, auf der Ostseite dagegen flacher und von vielen Wasserrinnen und schmalen Schluchten durchfurcht. Die ganze Nacht kletterten die drei Gefährten durch dieses kantige Gelände, stiegen zum Kamm der ersten, etwas höheren Hügelkette hinauf und auf der andern Seite wieder hinab in die Dunkelheit eines tiefen, gewundenen Tales.
In der stillen, kalten Stunde vor Morgengrauen hielten sie dort eine kurze Rast. Der Mond war vor ihnen längst untergegangen, und über ihnen funkelten die Sterne; das erste Tageslicht war noch nicht über die dunklen Hügel hinter ihnen gestiegen. Für einen Augenblick war Aragorn im Ungewissen: Die Orkfährte hatte ins Tal hinabgeführt, aber dort hatte sie sich verloren.
»Welchen Weg, glaubst du, werden sie genommen haben?«, fragte Legolas. »Nach Norden, den kürzeren Weg nach Isengard oder Fangorn, wenn das ihr Ziel ist, wie du annimmst? Oder nach Süden, zur Entwasser hin?«
»Zum Fluss werden sie nicht gehen wollen, was immer ihr Ziel sein mag«, sagte Aragorn. »Und wenn in Rohan noch nicht alleszum Schlimmsten steht und Sarumans Einfluss nicht sehr viel größer geworden ist, dann werden sie versuchen, die Felder der Rohirrim auf dem kürzesten Weg zu durchqueren. Suchen wir sie im Norden!«
Das Tal war eine steinerne Rinne zwischen den Hügelkämmen, und zwischen den Felsblöcken auf dem Grund rieselte ein Bach dahin. Rechts von ihnen begleitete sie eine abweisende Felswand; links stiegen graue Hänge undeutlich und schattenhaft in die späte Nacht auf. Sie gingen etwas über eine Meile weit nach Norden. Immer wieder bückte sich Aragorn und untersuchte den Boden an den Spalten und Rinnen, die zu den westlichen Hügelkämmen hinaufführten. Legolas war ein Stück voraus. Plötzlich stieß der Elb einen Ruf aus, und die anderen beiden rannten zu ihm hin.
»Einige von denen, die wir jagen, haben wir schon eingeholt«, sagte er. »Seht!« Er deutete auf etwas, das auf den ersten Blick wie Steinbrocken aussah, die am Fuß des Hanges lagen, und das sie nun als einen Haufen durcheinandergeworfener Leichen erkannten. Fünf tote Orks lagen da. Sie waren übel zusammengehauen, und zweien war der Kopf abgeschlagen. Der Boden war feucht von ihrem dunklen Blut.
»Schon wieder ein Rätsel!«, sagte Gimli. »Aber nur bei Tageslicht wäre es zu lösen, und darauf können wir nicht warten.«
»Doch was immer die Lösung sein mag, sie scheint Hoffnung in sich zu tragen«, sagte Legolas. »Orkfeinde sind wahrscheinlich unsere Freunde. Wohnen Menschen in diesen Hügeln?«
»Nein«, sagte Aragorn. »Die Rohirrim kommen selten hierher, und Minas Tirith ist weit. Es könnte sein, dass ein Trupp Menschen aus Gründen, die wir nicht kennen, hier auf Jagd gegangen ist. Aber das glaube ich nicht.«
»Was glaubst du denn?«, sagte Gimli.
»Dass der Feind sich den eigenen Feind mitgebracht hat«, sagte Aragorn. »Das hier sind Orks von weit her aus dem Norden. Unter ihnen ist keiner von den großen Kerlen mit den unbekannten Abzeichen. Ich denke mir, es hat Streit gegeben: nichts Ungewöhnliches bei diesem Gesindel. Vielleicht hatten sie Meinungsverschiedenheiten über den Weg.«
»Oder über die Gefangenen«, sagte Gimli. »Hoffen wir nur, dass nicht auch sie hier irgendwo liegen!«
Aragorn untersuchte den Boden in weitem Umkreis, aber andere Spuren eines Kampfes waren nicht zu sehen. Schon wurde der Himmel im Osten hell, die Sterne verblichen, und ein graues Licht breitete sich langsam aus. Etwas weiter nördlich kamen sie zu einer Bodenfalte, in der ein kleiner Bach, der von den Hängen herabkam, sich einen steinigen Weg ins Tal gebahnt hatte. Darin wuchsen ein paar Büsche und an den Seiten hier und da Gras.
»Endlich!«, sagte Aragorn. »Da sind die Spuren, die wir suchen! Diese Wasserrinne hinauf: Das ist der Weg, den die Orks nach ihrem Streit genommen haben.«
Rasch schlugen die Verfolger die neue Richtung ein. Als hätte eine gute Nachtruhe sie erfrischt, sprangen sie von Stein zu Stein. Als sie den Kamm des grauen Hügels erreichten, blies ihnen plötzlich eine Böe ins Haar und blähte ihre Mäntel: der kühle Wind der Morgendämmerung.
Sie blickten zurück und sahen die Berggipfel jenseits des
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