Der Herr der Ringe: Neuüberarbeitung der Übersetzung von Wolfgang Krege, überarbeitet und aktualisiert (German Edition)
nicht auf den Mund gefallen und redeten geflissentlich so wie die Leute in ihrer Umgebung, wobei allerdings ihre Aussprache manchen etwas kratzig und kehlig vorkam. Orks und Trolle dagegen redeten drauflos, ohne Rücksicht auf Wörter oder Dinge; und ihre Sprache war tatsächlich noch verkommener und unflätiger, als ich wiedergeben mochte. Ich glaube nicht, dass jemand hier auf eine genauere Übersetzung Wert legt; denn nach Vergleichbarem braucht man ja nicht lange zu suchen. Ähnliches hört man aus Orkmündern noch immer: ein trübsinniges Einerlei, gehässig und verachtungsvoll, zu lange vom Guten entfernt, als dass dem Wort wenigstens die Kraft geblieben wäre, ins Ohr zu dringen – außer in die Ohren derer, die nur dem Misston offen sind.
Diese Art zu übersetzen ist natürlich nichts Neues; sie ist unvermeidlich bei jeder Erzählung, die von Vergangenem handelt. Selten geht man weiter. Ich aber konnte es dabei nicht bewenden lassen. Ich habe auch alle Westron-Namen sinngemäß übersetzt. Wo in diesem Buch deutsche Namen oder Titel auftreten, ist dies ein Hinweis darauf, dass Namen in der Gemeinsprache zu jener Zeit geläufig waren, neben oder statt denen in den fremden (meist elbischen) Sprachen.
Die Westron-Namen waren in der Regel Übersetzungen älterer Namen, so etwa Bruchtal, Weißquell, Silberlauf, Langstrand, der Feind und der Dunkle Turm. Bei manchen war die Bedeutung eine andere: Schicksalsberg für Orodruin (»brennender Berg«) oder Düsterwald für Taur e-Ndaedelos (»Wald des großen Schreckens«). Manche waren verballhornte elbische Namen, wie Luhn und Brandywein, entstanden aus Lhûn und Baranduin .
Dieses Vorgehen bedarf vielleicht einer Rechtfertigung. Alle Namen in der Originalform zu belassen, hätte, wie mir schien, einen wesentlichen Zug jener Zeiten, so wie die Hobbits sie erlebten, verdunkelt (und die Sichtweise der Hobbits wollte ich doch vor allem beibehalten): den Kontrast zwischen einer weitverbreiteten Sprache,die ihnen so geläufig war wie uns das Deutsche, und den lebenden Resten einer viel älteren und ehrwürdigeren Sprache. Alle Namen, hätte ich sie bloß transkribiert, wären dem heutigen Leser gleichermaßen fremd vorgekommen: zum Beispiel, wenn der elbische Name Imladris und die Westron-Übersetzung Karningul beide in der Originalform belassen worden wären. Aber Bruchtal als Imladris zu bezeichnen, war so, als würde man zu dem heutigen Winchester Camelot sagen, abgesehen davon, dass die Identität gewiss war, da in Bruchtal noch ein ruhmreicher Fürst saß, weit älter, als es Artus wäre, wenn er heute noch als König in Winchester herrschte.
Der Name des Auenlandes (Sûza) und aller dort befindlichen Ortschaften wurde also eingedeutscht. Das war nicht weiter schwierig, weil sie sich meistens aus ähnlichen Bestandteilen zusammensetzen wie manche unserer Ortsnamen, teils aus noch geläufigen wie -berg , -stadt und -feld , teils aus etwas ungebräuchlicheren wie -weiler oder -bühl . Manche aber, wie schon erwähnt, leiten sich von alten, nicht mehr gebräuchlichen Hobbitwörtern her, und diese wurden durch ähnlich alte deutsche Entsprechungen wiedergegeben.
Was aber die Personen angeht, so hatten die Hobbits im Auenland und in Bree für jene Zeit ungewöhnliche Namen, da es bei ihnen schon einige Jahrhunderte vor dieser Zeit Sitte geworden war, einen Namen in der Familie weiterzuvererben. Zumeist hatten diese Zunamen in der damaligen Umgangssprache eine naheliegende Bedeutung, abgeleitet von Spitznamen, Ortschaften oder (vor allem in Bree) von Baum- und Pflanzennamen. Diese waren unschwer zu übersetzen; doch bei zwei älteren Namen, deren Bedeutung nicht mehr bekannt ist, haben wir uns damit begnügt, die Schreibweise etwas zu verdeutschen: Tuk für Tûk und Boffin für Bophin .
Die Vornamen der Hobbits habe ich, soweit möglich, ebenso behandelt. Ihren Töchtern gaben die Hobbits gern Blumen- oder Edelsteinnamen. Den Söhnen gaben sie meistens Namen ohne umgangssprachliche Bedeutung, und manche Mädchennamen waren ähnlich. Von dieser Art sind Bilbo, Bungo, Polo, Lotho, Tanta, Nina und so weiter. Ähnlichkeiten mit heute geläufigen Vornamen sindunvermeidlich häufig, aber zufällig: zum Beispiel Otho, Odo, Drogo, Dora, Cora und dergleichen. Diese Namen haben wir beibehalten, allerdings ihre Endungen für uns plausibler gemacht, denn in den Hobbitnamen war a eine maskuline Endung, und o und e waren feminin.
In manchen alten Familien, besonders solchen von
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