Der Herr der Ringe
und den anderen, mit brennenden Holzscheiten aus der Mulde heraus. Als die Reiter zwischen Feuer und Wasser gefangen waren und einen Herrn der Elben in seinem Zorn sahen, entsetzten sie sich, und ihre Pferde wurden von Raserei gepackt. Drei waren von der ersten Flutwelle davongetragen worden; jetzt wurden die anderen von ihren Pferden ins Wasser geschleudert und fortgerissen.«
»Und ist das das Ende der Schwarzen Reiter?«, fragte Frodo.
»Nein«, sagte Gandalf. »Ihre Pferde müssen zugrunde gegangen sein, und ohne sie sind sie kampfunfähig. Aber die Ringgeister selbst können nicht so leicht vernichtet werden. Indes ist im Augenblick nichts von ihnen zu befürchten. Deine Freunde durchquerten die Furt, als die Flut vorüber war; und sie fanden dich oben auf der Böschung auf dem Gesicht liegend, und ein zerbrochenes Schwert unter dir. Das Pferd hielt neben dir Wache. Du warstbleich und kalt, und sie fürchteten, du seiest tot oder noch etwas Schlimmeres. Elronds Leute kamen ihnen entgegen und trugen dich langsam nach Bruchtal.«
»Wer hatte die Flut bewirkt?«, fragte Frodo.
»Elrond hatte sie befohlen«, antwortete Gandalf. »Der Fluss dieses Tals untersteht seiner Macht, und er schwillt zornig an, wenn die dringende Notwendigkeit besteht, die Furt zu sperren. Sobald der Anführer der Ringgeister in das Wasser hineinritt, wurde die Flut ausgelöst. Wenn ich das sagen darf, habe ich auch meinerseits etwas dazu beigetragen: Vielleicht hast du es nicht bemerkt, aber einige der Wellen nahmen die Form von großen weißen Pferden mit schimmernden weißen Reitern an; und da waren viele rollende und mahlende Felsblöcke. Einen Augenblick fürchtete ich, wir hätten allzu große Naturgewalten entfesselt und würden die Herrschaft über die Flut verlieren, und sie würde euch alle hinwegreißen. Es ist eine große Kraft in den Wassern, die herabkommen von den Schneegefilden des Nebelgebirges.«
»Ja, jetzt kommt mir alles wieder«, sagte Frodo. »Das entsetzliche Tosen. Ich glaubte, ich würde ertrinken mit meinen Freunden und Feinden und allem. Aber jetzt sind wir in Sicherheit.«
Gandalf blickte Frodo rasch an, der aber die Augen geschlossen hatte. »Ja, im Augenblick seid ihr alle in Sicherheit. Bald gibt es ein Festmahl und fröhliches Treiben, um den Sieg an der Bruinenfurt zu feiern, und ihr alle werdet Ehrenplätze erhalten.«
»Großartig!«, sagte Frodo. »Es ist wunderbar, dass Elrond und Glorfindel und derart große Herren, ganz zu schweigen von Streicher, solche Mühen auf sich nehmen und mir so viel Freundlichkeit erweisen.«
»Nun, dafür gibt es mancherlei Gründe«, sagte Gandalf lächelnd. »Ein guter Grund bin ich. Der Ring ist ein weiterer: Du bist der Ringträger. Und du bist der Erbe von Bilbo, dem Ringfinder.«
»Lieber Bilbo«, sagte Frodo schläfrig. »Ich würde gern wissen, wo er ist. Ich wünschte, er wäre hier und könnte alles darüber hören. Er würde was zu lachen haben. Die Kuh sprang übern Mond. Und der arme alte Troll!« Und damit schlief er fest ein.
Frodo war nun in Sicherheit im Letzten Heimeligen Haus östlich der See. Dieses Haus war, wie Bilbo schon vor langer Zeit berichtet hatte, »ein vollkommenes Haus, ob du nun essen und schlafen möchtest, Geschichtenerzählen und Gesang gern hast oder am liebsten nur dasitzen und nachdenken willst, oder eine schöne Mischung von allem vorziehst«. Das bloße Dortsein genügte, um Müdigkeit, Furcht und Traurigkeit zu heilen.
Gegen Abend wachte Frodo wieder auf und merkte, dass er kein Bedürfnis mehr nach Ruhe und Schlaf hatte, sondern ihm der Sinn nach Essen und Trinken stand, und später dann wahrscheinlich nach Singen und Geschichtenerzählen. Er stieg aus dem Bett und entdeckte, dass er seinen Arm fast so gut wie früher gebrauchen konnte. Er fand saubere Kleider aus grünem Stoff, die für ihn bereitgelegt waren und ihm ausgezeichnet passten. Als er in den Spiegel schaute, war er erstaunt, dass er viel dünner war, als er sich in Erinnerung hatte: Sein Spiegelbild sah Bilbos jungem Neffen, der mit seinem Onkel im Auenland zu wandern pflegte, erstaunlich ähnlich; doch die Augen blickten ihn nachdenklich an.
»Ja, du hast einiges erlebt, seit du das letzte Mal aus einem Spiegel herausgeschaut hast«, sagte er zu seinem Spiegelbild. »Aber nun auf zum fröhlichen Feiern!« Er reckte die Arme und pfiff ein Lied.
In diesem Augenblick klopfte es an der Tür, und Sam kam herein. Er rannte auf Frodo zu und nahm seine linke Hand,
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