Der Herr der Ringe
sich aufwärts und bis zum Himmel erstreckten; braun und verdorrt sahen sie aus, als sei ein Feuer über sie hinweggegangen und habe keinen lebenden grünen Halm zurückgelassen: eine unfreundliche Wüste, deren Leere nicht einmal von einem Baumstumpf oder einem aufragenden Stein unterbrochen wurde. Sie hatten die Braunen Lande erreicht, die sich riesig und verlassen zwischen dem Südlichen Düsterwald und den Bergen des Emyn Muil erstreckten. Welche Pestilenz oder Krieg oder böse Tat des Feindes dieses ganze Gebiet so verheert hatte, wusste selbst Aragorn nicht.
Auch im Westen zu ihrer Rechten war das Land baumlos, aber es war eben und an manchen Stellen grün von weiten Grasflächen. Auf dieser Seite des Stroms kamen sie an ganzen Wäldern von Schilf vorüber, das so hoch war, dass es die Aussicht nach Westen völlig versperrte, als die kleinen Boote an seinem raschelnden Saum entlangglitten. Die herabhängenden dunklen, verwelkten Federbüschel des Schilfs schwankten hin und her in den hellen,kalten Lüften und zischten leise und traurig. Hier und dort konnte Frodo durch Einschnitte einen Blick auf hügelige Wiesen werfen und sah weit dahinter Berge im Sonnenuntergang und ganz in der Ferne am Horizont eine dunkle Linie: die südlichsten Ketten des Nebelgebirges.
Es gab kein Zeichen von irgendwelchen Lebewesen, die sich bewegten, ausgenommen Vögel. Deren gab es viele: kleine Wasservögel, die im Schilf pfiffen und piepsten, doch ließen sie sich selten blicken. Ein- oder zweimal hörten die Gefährten das Rauschen und Schlagen von Schwanenflügeln, und als sie aufschauten, sahen sie eine lange Kette, die über den Himmel zog.
»Schwäne!«, sagte Sam. »Und mächtig große noch dazu!«
»Ja!«, sagte Aragorn. »Und es sind schwarze Schwäne!«
»Wie weit und leer und traurig dieses ganze Land aussieht!«, sagte Frodo. »Ich hatte mir vorgestellt, wenn man nach Süden kommt, wird es wärmer und fröhlicher, bis man den Winter für immer hinter sich lässt.«
»Aber wir sind noch nicht weit im Süden«, sagte Aragorn. »Es ist noch Winter, und wir sind fern vom Meer. Hier ist die Welt kalt, bis es plötzlich Frühling wird, und wir können sogar noch Schnee bekommen. Weit unten in der Bucht von Belfalas, in die der Anduin fließt, ist es vielleicht warm und heiter, oder würde es sein, wenn der Feind nicht wäre. Doch hier sind wir nicht mehr als sechzig Wegstunden, glaube ich, südlicher als das Südviertel in eurem Auenland, obwohl es Hunderte von Meilen entfernt ist. Ihr seht jetzt im Südwesten über die nördlichen Ebenen der Riddermark, Rohan, das Land der Herren der Rösser. Es wird nicht lange dauern, dann kommen wir zur Mündung des Limklar, der von Fangorn herabkommt und sich in den Großen Strom ergießt. Er bildet die Nordgrenze von Rohan; und in alter Zeit gehörte alles Land zwischen dem Limklar und dem Weißen Gebirge den Rohirrim. Es ist ein reiches und angenehmes Land, und sein Gras ist ohnegleichen; doch in diesen bösen Zeiten wohnen die Leute nicht mehr am Strom und reiten auch nicht oft an seine Ufer. Der Anduin ist breit, doch können die Orks ihre Pfeile weit über den Fluss schießen; und neuerdings, heißt es, haben sie sich sogar über das Wasser gewagt, um die Herden und Gestüte von Rohan zu überfallen.«
Sam blickte beklommen von Ufer zu Ufer. Vorher hatten ihm die Bäume einen feindseligen Eindruck gemacht, als ob sie geheime Augen und lauernde Gefahren bergen würden. Jetzt wünschte er, dass noch Bäume da wären. Er hatte das Gefühl, die Gemeinschaft sei allzu wehrlos in den kleinen, offenen Booten in einem Gelände, das keinen Schutz bot, auf einem Fluss, der eine Kriegsfront war.
In den nächsten paar Tagen, als sie immer weiter nach Süden kamen, wurde die ganze Gemeinschaft von diesem Gefühl der Unsicherheit ergriffen. Einen ganzen Tag lang nahmen sie die Paddel zu Hilfe und hasteten davon. Die Ufer glitten vorbei. Bald wurde der Strom breiter und seichter.Lange steinige Strände erstreckten sich am Ostufer, und dort waren Sandbänke, sodass vorsichtig gesteuert werden musste. Die Braunen Lande verwandelten sich in ödes Heideland, über das ein kalter Wind aus dem Osten blies. Auf der anderen Seite waren aus den Wiesen hügelige Höhen mit verdorrtem Gras inmitten einer Ried- und Moorlandschaft geworden. Frodo fröstelte bei dem Gedanken an die Rasenflächen und den Springquell, die klare Sonne und den sanften Regen von Lothlórien. In allen Booten wurde wenig
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