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Der Herr der Ringe

Der Herr der Ringe

Titel: Der Herr der Ringe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J. R. R. Tolkien
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Auf diese Weise verging die Zeit ohne Ereignisse bis zum siebenten Tag.
    Das Wetter war immer noch grau und bedeckt, und der Wind wehte von Osten, doch als aus dem Abend Nacht wurde, klarte der Himmel weit im Westen auf, und Lachen von schwachem Licht, gelb und blassgrün, taten sich unter den grauen Wolkenufern auf. Dort konnte man die weiße Sichel des Neumonds auf den fernen Seen schimmern sehen. Sam sah es und runzelte die Stirn.
    Am nächsten Tag begann sich auf beiden Seiten die Landschaft rasch zu verändern. Die Ufer stiegen an und wurden steinig. Bald kamen sie durch ein felsiges Bergland, und auf beiden Ufern waren steile Hänge, versteckt unter dichtem Gestrüpp von Weißdorn und Schlehen und einem Gewirr von Heckenwinden und Brombeeren. Dahinter standen niedrige abbröckelnde Felsklippen und Schlote aus grauem, verwittertem Gestein, mit dunklem Efeu überzogen; und hinter diesen wiederum erhoben sich hohe Bergkämme, gekrönt mit windzerzausten Tannen. Sie näherten sich dem grauen Bergland des Emyn Muil, der südlichen Grenze von Wilderland.
    Es gab viele Vögel auf den Klippen und Felsenschloten, und den ganzen Tag über hatten Schwärme von Vögeln, die sich schwarz gegen den fahlen Himmel abhoben, hoch in den Lüften gekreist. Als sie an jenem Tag lagerten, hatte Aragorn die Vögel misstrauisch beobachtet und sich gefragt, ob Gollum irgendein Unheil gestiftet hatte und die Nachricht über ihre Reise sich jetzt in der Wildnis verbreitete. Später, als die Sonne unterging und die Gemeinschaft sich zur Weiterfahrt bereitmachte, zeigte er auf einen dunklen Fleck im schwächer werdenden Licht: ein großer Vogel, der hoch und noch fern war, bald kreisend, bald langsam nach Süden fliegend.
    »Was ist das, Legolas?«, fragte er. »Ist es, wie ich glaube, ein Adler?«
    »Ja«, antwortete Legolas. »Es ist ein Adler, ein jagender Adler. Ich frage mich, was das bedeutet. Es ist weit vom Gebirge.«
    »Wir wollen nicht aufbrechen, ehe es ganz dunkel ist«, sagte Aragorn.
    Die achte Nacht ihrer Fahrt brach an. Es war still und windlos; der graue Ostwind hatte sich gelegt. Die schmale Mondsichel war früh im bleichen Sonnenuntergang verschwunden, aber hoch oben war der Himmel klar, und obwohl fern im Süden große Wolken standen, die noch schwach schimmerten, blinkten im Westen helle Sterne.
    »Kommt!«, sagte Aragorn. »Wir wollen noch eine Nachtfahrt wagen. Jetzt nähern wir uns Bereichen des Flusses, die ich nicht gut kenne; denn ich bin in diesen Gegenden noch nie zu Wasser unterwegs gewesen, jedenfalls nicht zwischen hier und den Stromschnellen von Sarn Gebir. Aber wenn meine Berechnungen richtig sind, müssen sie noch viele Meilen entfernt sein. Immerhin gibt es schon gefährliche Stellen, ehe wir dorthin kommen; Felsen und steinige Werder im Strom. Wir müssen sehr aufpassen und dürfen nicht schnell paddeln.«
    Sam im vordersten Boot wurde das Amt des Ausgucks übertragen. Er legte sich in den Bug und starrte in die Finsternis. Die Nacht wurde dunkel, aber die Sterne hoch oben waren seltsam hell, und ein Widerschein lag auf der Oberfläche des Flusses. Es ging auf Mitternacht zu, sie waren eine Zeitlang getrieben und hatten kaum die Paddel benutzt, als Sam plötzlich aufschrie. Nur wenige Klafter vor ihnen ragten dunkle Umrisse aus dem Strom, und er hörte das Strudeln von dahinschießendem Wasser. Eine reißende Strömung schwenkte nach links, zum östlichen Ufer, wo die Durchfahrt frei war. Als sie dorthin mitgerissen wurden, konnten sie, jetzt von ganz nah, sehen, wie der Strom gegen scharfe Felsen schäumte, die wie eine Reihe Zähne aus dem Wasser ragten. Die Boote waren dicht zusammengedrängt.
    »Hoi! Aragorn!«, schrie Boromir, als sein Boot das vordere rammte. »Das ist Irrsinn! Wir können die Stromschnellen nicht bei Nacht bezwingen! Kein Boot kann Sarn Gebir überstehen, sei es bei Tage oder bei Nacht!«
    »Zurück! Zurück!«, rief Aragorn. »Wendet! Wendet, wenn ihr könnt!« Er stieß sein Paddel ins Wasser und versuchte, das Boot anzuhalten und beizudrehen.
    »Ich habe mich verrechnet«, sagte er zu Frodo. »Ich wusste nicht, dass wir schon so weit waren. Der Anduin fließt schneller, als ich geglaubt hatte. Sarn Gebir muss schon ganz nahe sein.«
    Unter großen Mühen brachten sie die Boote zum Stehen und herum; aber zuerst konnten sie gegen die Strömung nur langsam vorankommen und wurden die ganze Zeit immer näher an das östliche Ufer getrieben. Dunkel und unheilvoll türmte es sich

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