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Der Herr der Ringe

Der Herr der Ringe

Titel: Der Herr der Ringe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J. R. R. Tolkien
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Orkbande verfolgten?«
    »O ja«, sagte Sam. »Und ich erinnere mich noch an mehr. Mir gefallen meine Gedanken nicht; aber wenn ich an dieses und jenes denke und an Herrn Bilbos Geschichten und all das, dann glaube ich, ich könnte dem Geschöpf einen Namen geben, auf gut Glück geraten. Einen hässlichen Namen. Gollum vielleicht?«
    »Ja, das habe ich schon eine ganze Weile gefürchtet«, sagte Frodo. »Schon seit der Nacht auf dem Flett. Ich vermute, er hat in Moria auf der Lauer gelegen und dort unsere Fährte aufgenommen; aber ich hatte gehofft, dass unser Aufenthalt in Lórien ihn wieder von der Spur abbringen würde. Das elende Geschöpf muss sich in den Wäldern am Silberlauf verborgen und unseren Aufbruch beobachtet haben!«
    »So wird’s wohl sein«, sagte Sam. »Und auch wir sollten lieber ein bisschen wachsamer sein, sonst spüren wir irgendwann in diesen Nächten hässliche Finger um unseren Hals, falls wir überhaupt rechtzeitig aufwachen, um noch etwas zu spüren. Und das war’s, worauf ich hinauswollte. Nicht nötig, Streicher oder die anderen heute Nacht zu stören. Ich will Wache halten. Ich kann morgen schlafen, da ich ja in einem Boot doch bloß Gepäck bin, wie man sagen könnte.«
    »Könnte man«, antwortete Frodo. »Und man könnte auch sagen: Gepäck mit Augen. Du sollst Wache halten; aber nur, wenn du versprichst, mich für die zweite Hälfte der Nacht zu wecken, falls nicht vorher etwas geschieht.«
    Mitten in der Nacht fuhr Frodo aus tiefem, dunklem Schlaf auf, als Sam ihn schüttelte. »Es ist eine Schande, dich zu wecken«, flüsterte Sam, »aber du hast es gewollt. Es gibt nichts zu berichten, oder nicht viel. Ich glaubte, vor einiger Zeit ein leises Plätschern und ein schnüffelndes Geräusch zu hören; aber des Nachts hört man eine Menge solcher Geräusche an einem Fluss.«
    Er legte sich nieder, und Frodo setzte sich, in seine Decken gehüllt, hin und kämpfte gegen seine Müdigkeit an. Minuten oder Stunden waren langsam verstrichen, und nichts war geschehen. Frodo wollte gerade der Versuchung nachgeben, sich wieder hinzulegen, als eine dunkle Gestalt, kaum sichtbar, auf eines der vertäuten Boote zuschwamm. Eine lange weißliche Hand kam aus dem Wasser und packte den Bordrand; zwei blasse, lampenähnliche Augen schimmerten kalt, als sie in das Boot hineinstarrten; dann schauten sie auf und erblickten Frodo auf dem Werder. Sie waren nicht mehr als zwei oder drei Ellen entfernt, und Frodo hörte ein schwaches Zischen, als das Geschöpf Luft holte. Er stand auf, zog Stich aus der Scheide und trat auf die Augen zu. Sofort ging ihr Licht aus. Es gab noch ein Zischen und ein Platschen, und das dunkle, baumstammähnliche Wesen schoss flussabwärts davon in die Nacht. Aragorn bewegte sich im Schlaf, drehte sich um und setzte sich auf.
    »Was ist los?«, flüsterte er, sprang auf und kam zu Frodo. »Ich spürte irgendetwas im Schlaf. Warum hast du dein Schwert gezogen?«
    »Gollum«, antwortete Frodo. »Oder zumindest vermute ich es.«
    »Ah«, sagte Aragorn. »Dann weißt du also Bescheid über unseren kleinen Wegelagerer? Er ist durch ganz Moria hinter uns hergetrottet und bis hinunter zum Nimrodel. Seit wir mit den Booten unterwegs sind, hat er auf einem Baumstamm gelegen und mit Händen und Füßen gepaddelt. Ich habe ein- oder zweimal nachts versucht, ihn zu schnappen, aber er ist schlauer als ein Fuchs und schlüpfrig wie ein Fisch. Ich hatte gehofft, bei der Flussfahrt könnten wir ihn abhängen, aber er ist ein zu geschickter Wassermann.
    Morgen werden wir versuchen müssen, schneller voranzukommen. Lege du dich jetzt hin, ich werde für den Rest der Nacht wachen. Ich wollte, ichkönnte diesen Wurm packen. Wir könnten ihn uns nützlich machen. Aber wenn es mir nicht gelingt, dann müssen wir versuchen, ihn abzuschütteln. Er ist sehr gefährlich. Abgesehen von einem nächtlichen Mord, kann er auch jeden Feind, der in der Nähe ist, auf unsere Fährte setzen.«
    Die Nacht verging, ohne dass Gollum auch nur seinen Schatten zeigte. Danach war die Gemeinschaft sehr auf der Hut, aber sie sahen nichts mehr von Gollum, solange die Fahrt dauerte. Wenn er sie noch weiter verfolgte, dann war er sehr vorsichtig und listig. Auf Aragorns Geheiß paddelten sie jetzt lange Strecken ohne Pausen, und die Ufer zogen rasch vorbei. Aber sie sahen wenig vom Land, denn sie fuhren meist des Nachts und in der Dämmerung und ruhten am Tage und legten sich so versteckt hin, wie das Land es nur zuließ.

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