Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Herr der Ringe

Der Herr der Ringe

Titel: Der Herr der Ringe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J. R. R. Tolkien
Vom Netzwerk:
Plötzlich lachte Gandalf. »Aber was würden sie im Lied sagen? Jene, die von weither hinaufschauten, glaubten, ein Gewitter tobe auf dem Berg. Donner hörten sie, und Blitze, sagten sie, schlugen auf Celebdil ein und sprangen zurück als züngelnde Flammen. Ist das nicht genug? Ein mächtiger Rauch stieg um uns auf, Brodem und Dampf. Eis fiel wie Regen. Ich warf meinen Feind nieder, und er stürzte von der Höhe und zertrümmerte die Seite des Berges, wo er bei seinem Fall aufschlug. Dann umfing mich Dunkelheit, und ich irrte umher außerhalb von Gedanken und Zeit, und ich wanderte auf Wegen, die ich nicht nennen will.
    Nackt wurde ich zurückgeschickt – für eine kurze Zeit, bis meine Aufgabe erfüllt ist. Und nackt lag ich auf dem Berggipfel. Der Turm hinter mir war zu Staub zerfallen, das Fenster verschwunden; die eingestürzte Treppe versperrt durch verbranntes und zerbrochenes Gestein. Ich war allein, vergessen, ohne Entrinnen auf der rauhen Zinne der Welt. Dort lag ich und starrte empor, während die Sterne im Kreise zogen, und jeder Tag war so lang wie ein Lebensalter auf der Erde. Schwach drangen an mein Ohr die gesammelten Geräusche aller Lande: Geburt und Tod, Singen und Weinen und das langsame, immerwährende Ächzen von überlastetem Gestein. Und so fand mich schließlich wiederum Gwaihir, der Herr der Winde, und er hob mich auf und trug mich davon.
    ›Immer ist es mein Schicksal, deine Last zu sein, Freund in Not‹, sagte ich.
    ›Eine Last bist du gewesen‹, antwortete er, ›aber jetzt nicht. Leicht wie eine Schwanenfeder bist du nun in meinen Klauen. Die Sonne scheint durch dich hindurch. Ich glaube wirklich nicht, dass du mich noch brauchst: Ließe ich dich fallen, würdest du im Wind dahintreiben.‹
    ›Lass mich nicht fallen!‹, keuchte ich, denn ich spürte wieder Leben in mir. ›Trage mich nach Lothlórien!‹
    ›Das ist auch der Befehl der Frau Galadriel, die mich ausgesandt hat, nach dir zu suchen‹, antwortete er.
    So kam ich nach Caras Galadhon und erfuhr, dass ihr erst kürzlich aufgebrochen wart. Ich verweilte in der alterlosen Zeit dieses Landes, wo die Tage Heilung bringen, nicht Verfall. Heilung fand ich, und ich wurde in Weiß gekleidet. Rat gab ich und erhielt Rat. Von dort kam ich auf seltsamen Wegen, und Botschaften bringe ich einigen von euch. Für Aragorn wurde mir Folgendes aufgetragen:
    Elessar, Elessar, wo sind nun die Dúnedain?
    Eure Sippe soll nicht mehr ferne sein.
    Bald schlägt die Stunde der Wiederkehr:
    Schon reiten die Grauen von Norden her.
    Doch dunkel liegt vor Euch der Pfad:
    Die Fahrt durch das Land der Toten naht.
    Legolas sandte sie dieses Wort:
    Legolas Grünblatt, Ihr lebtet bisher
    Im Wald voller Freude. Meidet das Meer!
    Habt Ihr einmal das Schreien der Möwen gehört,
    Ist der Friede der Bäume für Euch zerstört.«
    Gandalf schwieg und schloss die Augen.
    »Dann hat sie mir keine Botschaft geschickt?«, fragte Gimli und senkte den Kopf.
    »Dunkel sind ihre Worte«, sagte Legolas, »und wenig bedeuten sie denen, die sie erhalten.«
    »Das ist kein Trost«, sagte Gimli.
    »Wie denn?«, sagte Legolas. »Hättest du es lieber, wenn sie offen zu dir von deinem Tod spräche?«
    »Ja, wenn sie nichts anderes zu sagen hätte.«
    »Was sagt ihr?«, fragte Gandalf und öffnete die Augen. »Ja, ich glaube, ich kann erraten, was ihre Worte bedeuten mögen. Entschuldige, Gimli. Ich habe noch einmal über die Botschaften nachgegrübelt. Doch, sie hat dir eine Nachricht gesandt, und sie ist weder unverständlich noch traurig.
    ›Gimli, Glóins Sohn‹, sagte sie, ›bestellt die Grüße seiner Herrin. Lockenträger, wo immer Ihr geht, begleiten Euch meine Gedanken. Doch nehmt Euch in Acht, dass Ihr Eure Axt an den richtigen Baum legt!‹«
    »In einer glücklichen Stunde bist du zu uns zurückgekehrt, Gandalf«, rief Gimli und machte einen Luftsprung, während er laut in der seltsamen Zwergensprache sang. »Kommt, kommt!«, rief er. »Da Gandalfs Kopf jetzt heilig ist, lasst uns einen anderen finden, den zu spalten richtig ist!«
    »Da werden wir nicht weit zu suchen brauchen«, sagte Gandalf und stand von seinem Sitz auf. »Kommt! Wir haben die Zeit aufgebraucht, die einem Wiedersehen getrennt gewesener Freunde zugebilligt werden muss. Jetzt ist Eile vonnöten.«
    Er hüllte sich wieder in seinen alten zerlumpten Mantel und ging voran. Die anderen folgten ihm; rasch stiegen sie von der hohen Felsplatte hinunter und nahmen den Weg zurück durch den Wald

Weitere Kostenlose Bücher