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Der Herr der Ringe

Der Herr der Ringe

Titel: Der Herr der Ringe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J. R. R. Tolkien
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Angehörigen Nachricht, heißt es. Boromir war mein Bruder.«
    Ein Schatten des Kummers zog über sein Gesicht. »Erinnert Ihr Euch an etwas Besonderes, das zur Ausrüstung des Herrn Boromir gehörte?«
    Frodo dachte einen Augenblick nach, fürchtete, es könne wieder eine Falle sein, und fragte sich, wie diese Auseinandersetzung wohl enden würde. Mit knapper Not hatte er den Ring vor dem überheblichen Zugriff von Boromir bewahrt, und wie es ihm nun unter so vielen kriegerischen und starken Menschen ergehen würde, wusste er nicht. Dennoch hatte er im Grunde seines Herzens das Gefühl, dass Faramir, obwohl er seinem Bruder sehr ähnlich sah, ein weniger eigennütziger und ernsterer und klügerer Mann war. »Ich erinnere mich, dass Boromir ein Horn bei sich trug«, sagte er schließlich.
    »Ihr erinnert Euch gut und wie einer, der ihn wirklich gesehen hat«, sagte Faramir. »Dann könnt Ihr es vielleicht vor Eurem geistigen Auge sehen: ein großes Horn des Auerochsen aus dem Osten, mit Silber beschlagen und mit altertümlichen Buchstaben beschriftet. Dieses Horn hat seit vielen Generationen der älteste Sohn unseres Hauses getragen; und es heißt, wenn es in der Not irgendwo innerhalb der Grenzen, die das Reich Gondor einst hatte, geblasen werde, verhalle sein Ruf nicht ungehört.
    Fünf Tage, ehe ich mich zu dieser Wanderung aufmachte, heute vor elf Tagen etwa um diese Stunde, hörte ich das Horn erschallen: vom Norden her, wie es schien, aber undeutlich, als wäre es nur ein Echo im Geist. Für eine böse Vorbedeutung hielten wir es, mein Vater und ich, denn wir hatten keine Nachrichten von Boromir gehabt, seit er fortgegangen war, und kein Wächter an unseren Grenzen hatte ihn zurückkommen sehen. Und in der dritten Nacht danach widerfuhr mir etwas noch Seltsameres.
    Ich saß des Nachts an den Wassern des Anduin in der grauen Dunkelheit unter dem jungen, blassen Mond und bewachte den ewig dahinziehenden Strom; und das traurige Schilf raschelte. So bewachen wir immer die Ufer nahe Osgiliath, das unsere Feinde jetzt teilweise besetzt haben; denn von dort machen sie Ausfälle, um unsere Lande zu verwüsten. Doch in jener Nacht schlief die ganze Welt zur Mitternachtsstunde. Dann sah ich ein Boot oder glaubte es zu sehen, das auf dem Wasser trieb, grau schimmernd, ein kleines Boot von seltsamer Form mit einem hohen Bug, und niemand war da, der es ruderte oder steuerte.
    Ein Schrecken befiel mich, denn es war von einem bleichen Licht umgeben. Doch stand ich auf und ging ans Ufer und begann hinauszuwaten in den Strom, denn ich wurde zu ihm hingezogen. Dann drehte das Boot auf mich zu und verlangsamte seine Geschwindigkeit und trieb gemächlich in Reichweite meiner Hand an mir vorbei, doch wagte ich nicht, es zu berühren. Es lag tief im Wasser, als sei es schwer beladen, und mir schien, als es unter meinem Blick vorbeizog, dass es fast ganz mit klarem Wasser gefüllt sei, von dem das Licht ausging; und umgeben vom Wasser lag ein schlafender Krieger.
    Ein geborstenes Schwert lag auf seinen Knien. Ich sah viele Wunden an ihm. Es war Boromir, mein Bruder, tot. Ich erkannte seine Rüstung, sein Schwert, sein geliebtes Gesicht. Eins nur vermisste ich: sein Horn. Eins nur kannte ich nicht: einen schönen Gürtel um seinen Leib, der aussah, als bestünde er aus verschlungenen goldenen Blättern. Boromir! , rief ich. Wo ist dein Horn? Wohin gehst du? O Boromir! Doch er war fort. Das Boot drehte wieder in die Strömung und verschwand schimmernd in der Nacht. Traumhaft war es, und doch kein Traum, denn es gab kein Erwachen. Und ich zweifle nicht daran, dass er tot ist und den Strom hinabgefahren ist zum Meer.«
    »O weh!«, sagte Frodo. »Fürwahr, das war Boromir, wie ich ihn kannte. Denn der goldene Gürtel war ihm in Lothlórien von Frau Galadriel geschenkt worden. Sie war es, die uns so kleidete, wie Ihr uns seht, in Elben-Grau. Diese Spange ist von derselben Machart.« Er zeigte auf das grüne und silberne Blatt, das seinen Mantel unterhalb des Halses zusammenhielt.
    Faramir betrachtete die Brosche genau. »Sie ist schön«, sagte er. »Ja, es ist dieselbe Machart. Ihr seid also durch das Land Lórien gekommen? Laurelindórenan wurde es einst genannt, aber nun ist es schon lange aus dem Wissen der Menschen entschwunden«, fügte er leise hinzu und betrachtete Frodo mit einem neuen Erstaunen in seinen Augen. »Vieles, was mir an Euch seltsam erschien, beginne ich jetzt zu verstehen. Wollt Ihr mir nicht mehr sagen? Denn es ist

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