Der Herr der Ringe
wimmelnden Hügel brütet und sie alle in seinem Bann hält, so rannten Saurons Geschöpfe, Ork oder Troll oder Biest, durch Zauber geknechtet, sinnlos hierhin und dorthin; und manche erschlugen sich gegenseitig oder stürzten sich in Gräben oder flohen jammernd, um sich in Löchern und an dunklen, lichtlosen Orten fern jeder Hoffnung zu verstecken. Doch die Menschen aus Rhûn und Harad, Ostlinge und Südländer, erkannten, dass der Krieg verloren war, und sahen die königliche Würde und die Macht der Heerführer des Westens. Und jene, die am tiefsten und längsten in böser Knechtschaft gewesen waren, die den Westen hassten und doch stolze und kühne Männer waren, sammelten sich nun ihrerseits, um sich einem letzten, verzweifelten Kampf zu stellen. Aber der größte Teil floh, soweit möglich, nach Osten; und einige warfen ihre Waffen fort und flehten um Gnade.
Dann überließ Gandalf Aragorn und den anderen Heerführern all diese Fragen der Schlacht und des Oberbefehls, und er stand auf der Kuppe desHügels und rief; und herab zu ihm kam der große Adler, Gwaihir, der Herr der Winde, und stand vor ihm.
»Zweimal hast du mich getragen, Gwaihir, mein Freund«, sagte Gandalf. »Aller guten Dinge sind drei, wenn du willst. Du wirst merken, dass ich nicht eine viel größere Last bin als damals, als du mich von Zirakzigil davongetragen hast, wo mein altes Leben ausbrannte.«
»Ich würde dich tragen«, antwortete Gwaihir, »wohin du willst, und wärest du auch aus Stein.«
»Dann komm, und lass deinen Bruder mit uns gehen, und irgendeinen anderen deines Volkes, der sehr geschwind ist. Denn wir müssen schneller sein als jeder Wind und die Nazgûl überflügeln.«
»Der Nordwind weht, aber wir werden schneller fliegen als er«, sagte Gwaihir. Und er hob Gandalf hoch und eilte nach Süden, und mit ihm flogen Landroval und der junge und schnelle Meneldor. Und sie flogen über Udûn und Gorgoroth und sahen unter sich das ganze Land, zerstört und in Aufruhr, und vor sich den lodernden Schicksalsberg, der sein Feuer ausspie.
»Ich bin froh, dass du hier bei mir bist. Hier am Ende aller Dinge, Sam.«
»Ja, ich bin bei dir, Herr«, sagte Sam und legte Frodos verwundete Hand sanft an seine Brust. »Und du bist bei mir. Und die Reise ist zu Ende. Aber nachdem ich den ganzen Weg hergekommen bin, will ich noch nicht aufgeben. Das ist nicht meine Art, wenn du mich verstehst.«
»Es mag nicht deine Art sein, Sam«, sagte Frodo. »Aber so sind die Dinge nun mal in der Welt. Hoffnungen täuschen. Es kommt ein Ende. Nur noch kurze Zeit brauchen wir zu warten. Wir sind umringt von Zerstörung und Untergang, und es gibt kein Entkommen.«
»Nun, Herr, wenigstens könnten wir ein bisschen weiter weggehen von diesem gefährlichen Ort, von diesen Schicksalsklüften, wenn das ihr Name ist. Können wir das nicht? Komm, Herr Frodo, lass uns jedenfalls den Pfad hinuntergehen.«
»Gut, Sam. Wenn du gehen willst, komme ich mit«, sagte Frodo; und sie standen auf und gingen langsam die sich schlängelnde Straße hinunter; und als sie gerade zu dem bebenden Fuß des Berges kamen, stießen die Sammath Naur einen großen Rauch und Dampf aus. Die Wand des Kegels riss auf, und ein gewaltiger feuriger Auswurf floss langsam, aber wie ein Wasserfall donnernd, an der östlichen Bergseite hinab.
Frodo und Sam konnten nicht weitergehen. Die letzte Kraft von Geist und Leib schwand rasch dahin. Sie hatten einen niedrigen Aschenhügel erreicht, der sich am Fuß des Berges angesammelt hatte; aber von hier gab es kein Entkommen. Er war jetzt eine Insel, die nicht lange bestehen bleiben würde inmitten der Folterung des Orodruin. Ringsum klaffte die Erde, und aus tiefen Rissen und Gräben quollen Rauch und Dämpfe hervor. Hinter ihnenwurde der Berg erschüttert. Große Spalten hatten sich an seiner Flanke aufgetan. Langsame Ströme von Feuer flossen über die langen Hänge auf sie zu. Bald würden sie unter ihnen begraben sein. Ein Regen von heißer Asche fiel auf sie nieder.
Jetzt standen sie; und Sam hielt immer noch die Hand seines Herrn und streichelte sie. Er seufzte. »In was für einer Geschichte wir gelandet sind, Herr Frodo, nicht wahr?«, sagte er. »Ich wünschte, ich könnte es hören, wenn sie erzählt wird! Glaubst du, sie werden sagen: Jetzt kommt die Geschichte von dem neunfingrigen Frodo und dem Ring des Schicksals? Und dann werden alle still sein, wie wir es waren, als sie uns in Bruchtal die Geschichte von Beren, dem Einhändigen,
Weitere Kostenlose Bücher