Der Herr der Ringe
kein König. Dennoch will ich die Weiße Herrin von Rohan ehelichen, wenn es ihr Wille ist. Und wenn sie will, dann lasst uns den Fluss überqueren und in glücklicheren Tagen im schönen Ithilien wohnen und dort einen Garten anlegen. Alles wird da voll Freude wachsen, wenn die Weiße Herrin kommt.«
»Dann muss ich mein eigenes Volk verlassen, Mann von Gondor?«, fragte sie. »Und möchtet Ihr, dass Euer stolzes Volk von Euch sagt: ›Da geht ein Ritter, der eine wilde Schildmaid aus dem Norden zähmte! Gab es keine Frau aus dem Geschlecht von Númenor, die er hätte erwählen können?‹«
»Das möchte ich«, sagte Faramir. Und er nahm sie in die Arme und küsste sie unter dem sonnigen Himmel, und es kümmerte ihn nicht, dass sie hoch oben auf den Wällen standen und für viele sichtbar waren. Und tatsächlich sahen viele sie und das Licht, das um sie schien, als sie Hand in Hand von den Wällen hinab zu den Häusern der Heilung gingen.
Und zu dem Vorsteher der Häuser sagte Faramir: »Hier ist Frau Éowyn von Rohan, und jetzt ist sie geheilt.«
Und der Vorsteher sagte: »Dann entlasse ich sie aus meiner Obhut und sage ihr Lebewohl, und möge sie nie wieder Verletzungen oder Krankheiten erleiden. Ich übergebe sie der Obhut des Truchsessen der Stadt, bis ihr Bruder zurückkehrt.«
Aber Éowyn sagte: »Nun, da ich Erlaubnis habe zu gehen, möchte ich bleiben. Denn dieses Haus ist für mich von allen Behausungen die glücklichste geworden.« Und sie blieb dort, bis König Éomer kam.
Alles wurde nun in der Stadt bereitgemacht; und es strömte viel Volk zusammen, denn die Nachricht hatte sich in allen Teilen Gondors verbreitet, von Min-Rimmon bis nach Pinnath Gelin und zu den fernen Meeresküsten, und alle, die in die Stadt kommen konnten, eilten sich, zu kommen. Und die Stadt war wieder voll von Frauen und schönen Kindern, die, mit Blumen beladen, in ihre Heime zurückgekehrt waren; und aus Dol Amroth kamen die Harfner, die im ganzen Land am kunstvollsten harften; und es waren Leute da, die Fiedel spielten und auf Flöten und silbernen Hörnern bliesen, und die Sänger aus den Tälern des Lebennin mit ihren klaren Stimmen.
Schließlich kam ein Abend, da konnte man von den Wällen die Zelte auf dem Felde sehen, und die ganze Nacht brannten Lichter, denn die Männer warteten auf die Morgendämmerung. Und als die Sonne an dem klaren Morgen über dem Gebirge im Osten aufging, auf dem kein Schatten mehr lag, da läuteten alle Glocken, alle Banner entrollten sich und flatterten im Wind; auf dem Weißen Turm der Veste wurde die Standarte der Truchsessen, silbern wie Schnee in der Sonne, die kein Wappen und kein Emblem trug, zum letzten Mal über Gondor aufgezogen.
Nun führten die Heerführer des Westens ihre Heere zur Stadt, und das Volk sah sie herankommen, Reihe um Reihe, blitzend und schimmernd im Sonnenaufgang und wie silberne Wellen wogend. Und so kamen sie zum Torweg und hielten eine Achtelmeile vor den Mauern an. Bis jetzt waren noch keine neuen Torflügel eingesetzt, sondern nur ein Schlagbaum über den Eingang zur Stadt gelegt worden, und dort standen Krieger in Silber und Schwarz mit gezogenen Langschwertern. Vor dem Schlagbaum standen Faramir, der Truchsess, und Húrin, der Verwahrer der Schlüssel, und die anderen Hauptleute von Gondor und Frau Éowyn von Rohan mit Elfhelm dem Marschalk und vielen Rittern der Mark; und auf beiden Seiten des Tors standeine dichte Menge schönen Volkes in vielfarbigen Gewändern und mit Blumengebinden.
So war nun ein großer Platz vor den Mauern von Minas Tirith freigeblieben, und auf allen Seiten war er gesäumt von den Rittern und Kriegern von Gondor und Rohan und von dem Volk der Stadt und aus allen Teilen des Landes. Stille senkte sich auf alle, als aus dem Heer die Dúnedain in Silber und Grau vortraten; und vor ihnen ging mit langsamen Schritten Herr Aragorn. Er trug einen schwarzen Panzer, mit Silber gegürtet, und einen langen Umhang aus reinem Weiß, am Hals von einem großen grünen Edelstein zusammengehalten, der weithin leuchtete; doch sein Kopf war unbedeckt bis auf einen Stern auf seiner Stirn an einem schmalen Silberreif. Mit ihm kamen Éomer von Rohan und der Fürst Imrahil und Gandalf, ganz in Weiß gekleidet, und vier kleine Gestalten, über die viele Menschen staunten.
»Nein, Base, das sind keine Knaben«, sagte Ioreth zu ihrer Verwandten aus Imloth Melui, die neben ihr stand. »Es sind Periannath aus dem fernen Land der Halblinge, wo sie Fürsten
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