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Der Herr der Ringe

Der Herr der Ringe

Titel: Der Herr der Ringe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J. R. R. Tolkien
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und frohlocke, du Volk vom Turme der Wacht,
    Nicht vergeblich habt ihr gewacht!
    Das Schwarze Tor ist zerbrochen,
    Euer König hat es durchschritten,
         Er ist siegreich.
    Singet und freut euch, ihr Kinder des Westens,
    Euch kehrt der König zurück,
    Unter euch wird er weilen
         Zeit eures Lebens!
    Der Baum, der verdorrte, wird wieder neu,
    An hohem Ort wird ihn pflanzen der König,
         Segen wird ruhen auf der Stadt.
    Und das Volk sang in allen Straßen der Stadt.
    Es folgten goldene Tage, und Frühling und Sommer vereinten sich und schwelgten gemeinsam in den Feldern von Gondor. Und jetzt brachten schnelle Reiter von Cair Andros Nachrichten über alles, was geschehen war, und die Stadt machte sich bereit für die Ankunft des Königs. Merry wurde zum König gerufen, und er fuhr mit den Wagen, die Vorräte nach Osgiliath brachten, und von dort zu Schiff nach Cair Andros; aber Faramir ging nicht, denn nun, da er geheilt war, hatte er sein Amt als Truchsess übernommen, wenngleich nur für kurze Zeit, und seine Aufgabe war es, alles vorzubereiten für den Einen, der an seine Stelle treten sollte.
    Und Éowyn ging nicht, obwohl ihr Bruder Botschaft geschickt und sie gebeten hatte, zum Feld von Cormallen zu kommen. Und Faramir wunderte sich darüber, aber er sah sie selten, da er mit vielerlei Dingen beschäftigt war; und sie wohnte noch in den Häusern der Heilung und ging allein im Garten spazieren, und ihr Gesicht wurde wieder bleich, und es schien, dass in der ganzen Stadt sie allein leidend und kummervoll war. Und der Vorsteher der Häuser war besorgt und sprach mit Faramir.
    Da kam Faramir und suchte sie, und wiederum standen sie zusammen auf den Wällen; und er sagte zu ihr: »Éowyn, warum verweilt Ihr hier und geht nicht zu dem Freudenfest in Cormallen jenseits von Cair Andros, wo Euer Bruder Euch erwartet?«
    Und sie sagte: »Wisst Ihr das nicht?«
    Aber er antwortete: »Zwei Gründe mag es geben, aber welcher der richtige ist, weiß ich nicht.«
    Und sie sagte: »Ich will keine Rätsel raten. Sprecht deutlicher.«
    »Wenn Ihr es wünscht, Herrin«, sagte er. »Ihr geht nicht, weil nur Euer Bruder Euch rief und es Euch jetzt keine Freude bereiten würde, Herrn Aragorn, Elendils Erben, in seiner Siegerehre zu sehen. Oder weil ich nicht gehe und Ihr mir noch nahe sein wollt. Und vielleicht aus beiden Gründen, und Ihr selbst vermögt Euch nicht zu entscheiden. Éowyn, liebt Ihr mich nicht, oder wollt Ihr nicht?«
    »Ich wünschte, von einem anderen geliebt zu werden«, antwortete sie, »und ich will keines Mannes Mitleid.«
    »Das weiß ich«, sagte er. »Ihr wünschtet von Herrn Aragorn geliebt zu werden. Weil er edel und mächtig ist und Ihr nach Ruhm und Glanz trachtetet und über die gemeinen Wesen, die auf der Erde kriechen, weit erhaben sein wolltet. Und wie ein großer Hauptmann einem jungen Krieger, so erschien er Euch bewundernswert. Und das ist er auch, ein Herr unter den Menschen, der größte, den es jetzt gibt. Aber als er nur Verständnis und Mitleid für Euch hatte, da wolltet Ihr lieber gar nichts haben, es sei denn einen tapferen Tod in der Schlacht. Schaut mich an, Éowyn!«
    Und Éowyn sah Faramir lange und unverwandt an; und Faramir sagte: »Verachtet Mitleid nicht, das die Gabe eines gütigen Herzens ist, Éowyn! Aber ich biete Euch nicht mein Mitleid an. Denn Ihr seid eine edle Frau und eine tapfere Frau und habt Ruhm errungen, der nicht vergessen werden soll; und Ihr seid eine so schöne Frau, finde ich, dass selbst Worte in der Elbensprache es nicht auszudrücken vermögen. Und ich liebe Euch. Einstmals hatte ich Mitleid mit Eurem Kummer. Doch jetzt, wäret Ihr auch sorgenlos und ohne Furcht und würde es Euch an nichts mangeln, wäret Ihr die glückliche Königin von Gondor, ich würde Euch dennoch lieben. Éowyn, liebt Ihr mich denn nicht?«
    Da wandelte sich Éowyns Herz, oder sie verstand es endlich. Und plötzlich verging ihr Winter, und die Sonne beschien sie.
    »Ich stehe in Minas Anor, auf dem Turm der Sonne«, sagte sie, »und siehe! Der Schatten ist dahingegangen! Ich will nicht länger eine Schildmaid sein oder mit den großen Reitern wetteifern und mich nicht nur an den Gesängen des Mordens erfreuen. Ich will eine Heilerin sein und alles lieben, was wächst und nicht unfruchtbar ist.« Und wieder schaute sie Faramir an. »Nicht länger wünsche ich eine Königin zu sein«, sagte sie.
    Da lachte Faramir fröhlich. »Das ist gut«, sagte er, »denn ich bin

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