Der Herr der Ringe
und anderen Geschöpfen, die womöglich noch furchterregender wären; aber in diesem Augenblick reichte ihm der erste Anblick von Menschen in ihren hohen Häusern vollkommen, ja für das dunkle Ende eines anstrengenden Tages war eigentlich das schon zu viel. Er malte sich schwarze Pferde aus, die fertig gesattelt im Schatten des Wirtshaushofes stünden, und Schwarze Reiter, die oben aus den dunklen Fenstern starrten.
»Wir werden doch nicht etwa hier übernachten, Herr?«, rief er aus. »Wenn es Hobbits in dieser Gegend gibt, warum suchen wir uns dann nicht welche, die uns aufnehmen wollen? Es wäre mehr wie zu Hause.«
»Was hast du gegen das Gasthaus?«, fragte Frodo. »Tom Bombadil hat es empfohlen. Drinnen wird es wohl ziemlich wie zu Hause sein.«
Selbst von außen sah das Gasthaus für Augen, die mit ihm vertraut waren, sehr einladend aus. Es hatte eine Front zur Straße und zwei Flügel nach hinten, die in die niedrigen Hänge des Berges hineingebaut waren, sodass die rückwärtigen Fenster im zweiten Stock zu ebener Erde lagen. Ein großes Tor führte zu einem Hof, der zwischen den beiden Flügeln lag, und links unter dem Torbogen war der Hauseingang, den man über ein paar breite Stufen erreichte. Die Tür stand offen, und Licht strömte heraus. Über dem Torbogen hing eine Lampe und darunter ein großes Wirtshausschild: Ein fettes weißes Pony, das sich auf den Hinterbeinen aufbäumt. Über der Tür stand in weißen Buchstaben: ZUM TÄNZELDEN PONY, BESITZER GERSTENMANN BUTTERBLUME. Aus vielen der unteren Fenster schimmerte Licht durch dicke Vorhänge.
Als sie noch zögernd draußen in der Dämmerung standen, stimmte drinnen jemand ein fröhliches Lied an, und viele vergnügte Stimmen fielen laut im Chor ein. Die Hobbits lauschten einen Augenblick diesen ermutigenden Klängen und saßen dann von ihren Ponys ab. Das Lied war zu Ende, und lautes Lachen und Klatschen erscholl.
Sie führten ihre Ponys unter dem Torbogen durch, ließen sie im Hof stehen und gingen dann die Stufen hinauf. Frodo ging voran und wäre fast mit einem untersetzten, dicken Mann mit einer Glatze und einem roten Gesicht zusammengestoßen. Er trug eine weiße Schürze und stürzte mit einem Tablett voller Bierkrüge aus einer Tür heraus und durch eine andere wieder hinein.
»Können wir …«, begann Frodo.
»Eine Sekunde, bitte schön«, rief der Mann über die Schulter und verschwand in einem Gewirr von Stimmen und einer Wolke von Rauch. Einen Augenblick später war er wieder draußen und wischte sich die Hand an der Schürze ab.
»Guten Abend, kleiner Herr!«, sagte er, indem er sich bückte. »Was habt Ihr für Wünsche?«
»Betten für vier Leute und Unterkunft für fünf Ponys, wenn es sich machen lässt. Seid Ihr Herr Butterblume?«
»Jawohl, mein Name ist Gerstenmann. Gerstenmann Butterblume, zu Euren Diensten! Ihr seid aus dem Auenland, nicht wahr?«, sagte er, und dann schlug er sich plötzlich auf die Stirn, als ob er versuchte, sich an etwas zu erinnern. »Hobbits!«, rief er. »Was fällt mir denn dabei ein? Darf ich nach Euren Namen fragen, Herr?«
»Herr Tuk und Herr Brandybock«, stellte Frodo vor. »Und das ist Herr Gamdschie. Mein Name ist Unterberg.«
»Na, so was«, sagte Herr Butterblume und schnalzte mit den Fingern. »Nun ist es wieder weg! Aber es wird mir wieder einfallen, wenn ich Zeit zum Nachdenken habe. Ich laufe mir gewiss schon die Hacken ab, aber ich werde sehen, was ich für Euch tun kann. Wir haben heutzutage nicht oft Gäste aus dem Auenland, und es würde mir leidtun, wenn ich Euch nicht aufnehmen könnte. Aber heute Abend ist ein derartiger Betrieb im Haus, wie wir ihn lange nicht hatten. Wenn es einmal regnet, dann gießt es gleich, wie wir in Bree sagen.
He, Kunz!«, schrie er. »Wo steckst du denn, du wollfüßiges Faultier! Kunz!«
»Komme schon, Herr, komme schon!« Ein vergnügt aussehender Hobbit schoss aus einer Tür heraus, und als er die neuen Gäste sah, blieb er wie angewurzelt stehen und starrte sie höchst neugierig an.
»Wo ist Hinz?«, fragte der Wirt. »Das weißt du nicht? Dann such ihn. Schneller, schneller! Ich habe keine sechs Beine, und sechs Augen auchnicht! Sage Hinz, da sind fünf Ponys im Stall unterzubringen. Er muss irgendwie Platz schaffen.« Kunz trottete grinsend und zwinkernd davon.
»Ja, was wollte ich denn sagen?«, fragte Herr Butterblume und schlug sich an die Stirn. »Eins verdrängt das andere, sozusagen. Ich habe so viel um die Ohren heute Abend,
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