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Der Herr der Tränen

Der Herr der Tränen

Titel: Der Herr der Tränen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sam Bowring
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Despirrow.«
    »Lass mich los«, knurrte Despirrow. Forger ließ ihn los, und Despirrow versuchte, seine Landung so würdevoll wie möglich zu gestalten. Er brauchte einen Moment, um seinen zerzausten Kragen zu richten und sein Hemd zu glätten.
    »Ich kann allein gehen«, sagte er, »wenn du die Reise nicht zu machen wünschst. Sobald Braston tot ist, kann ich schneller zurückkehren.«
    »Du beabsichtigst wirklich zurückzukehren?«
    »Geeint haben wir eine bessere Chance gegen sie, meinst du nicht? Das ist der Grund, warum ich überhaupt hierhergekommen bin.«
    Forgers Blick trübte sich kurz, dann sagte er: »Ja.«
    »Was hast du hier überhaupt getan?«
    »Tallahos Heer macht sich bereit, gegen Ander zu marschieren. Wir brechen morgen früh auf … nun, sobald ›morgen‹ aufhört, ein so relativer Ausdruck zu sein.«
    »Du beabsichtigst, von Neuem zu erobern?«
    »Natürlich.«
    »Nun, lass mich meine Rolle spielen.«
    »Es sind viele Wegstrecken bis nach Althala.«
    »Ich werde es schaffen. Und ich werde für uns einen Vorteil gewinnen.«
    Forger wandte sich ab. »Also schön. Aber beeil dich. Wir werden zwar nicht verhungern, aber doch verdammt hungrig werden.«
    Despirrow nickte und machte sich sofort auf den Weg – für den Fall, dass Forger seine Meinung änderte.

DAS LANGE WARTEN
    Obwohl Yalenna wusste, dass Despirrow überall auf der Welt sein konnte, hatte sie auch das Gefühl, als könne er gleich hinter jeder Ecke auftauchen. Sie betrachtete Jandryn, befand, dass kein Grund bestand, sich um ihn zu sorgen, und beschleunigte ihren Schritt auf dem Weg zu Brastons Quartieren.
    Vielleicht war Despirrow zurückgekommen, um seine Arbeit zu beenden.
    Als sie Brastons Schlafgemach erreichte, fand sie die Wachen vor, die Jandryn erwähnt hatte; einer der Männer hatte die Hand ausgestreckt, um die Tür zu öffnen. Ein Heiler wartete geduldig, durchgelassen zu werden, und er hielt etwas in der Hand, das aussah wie Lilienwasser. Was die Tür selbst betraf, so war sie geschlossen, und es gab während des Stillstands der Zeit keine Möglichkeit, sie zu öffnen.
    Sie beugte sich vor, um durchs Schlüsselloch zu spähen. Mondlicht fiel durch ein geschlossenes Fenster in das Schlafzimmer. Braston lag in seinem Bett, ein zerschundener Klumpen; es war niemand sonst da, und es gab keinerlei Zeichen von Gefahr.
    Sie richtete sich auf.
    Nun.
    Despirrow machte wahrscheinlich das Gleiche wie früher und ließ irgendwo seinen Zorn an einem armen Mädchen aus, und die Zeit würde weiterlaufen, sobald er damit fertig war.
    Sie beschloss, nach Rostigan zu suchen. Sie wollte ohnehin mit ihm sprechen, und da ihr eigenes Bett plötzlich so hart wie Stein war, konnte sie es geradeso gut gleich tun. Also ging sie durch die Burg und musste manchmal einen Umweg machen, um unverrückbaren Hindernissen auszuweichen. Irgendwann kam sie auf den Platz hinaus und überquerte ihn auf dem Weg zu den Kasernen. Die Zeit des Abendessens war jedoch schon vorüber, und die Türen der Speisehalle waren geschlossen.
    Seufzend über die Unannehmlichkeiten des Zeitstillstands, ging Yalenna um das Gebäude herum. Es war eine warme Nacht, und in vielen Schlafsälen standen die Fenster offen. Sie betrachtete eins nach dem anderen und erblickte Soldaten in verschiedenen Stadien der Wachheit oder Entkleidung, und mehr als einmal fühlte sie sich wie ein ungebetener Beobachter. Sie hoffte, dass Rostigans Fenster offen sein würde – wenn nicht, würde er gefangen sein, genau wie Braston. Es war ein beunruhigender Gedanke, dass sie womöglich die einzige Wächterin war, die sich frei bewegen konnte – aber selbst wenn das der Fall war, würde es nicht lange dauern.
    Beim fünfzigsten oder sechzigsten Fenster entdeckte sie endlich Rostigans Zimmer. Das Fenster stand weit offen, dank sei der Großen Magie, und er lag im Bett, Tarzi neben sich. Er schlief tief und fest, ohne etwas davon zu ahnen, dass die Zeit erstarrt war. Vielleicht war es nicht nötig, ihn zu stören, befand sie.
    Da sie nichts Besseres zu tun hatte, setzte sie sich unter das Fenster, um darauf zu warten, dass Despirrow seinen Zauber beendete. Trotz des harten Sitzplatzes schlossen sich ihre eigenen Augen, und sie schlief ein.
    Salarkis ritt ein Pferd, als die Zeit anhielt.
    Er war sich nicht ganz sicher, warum er weiterritt. Es war nicht nötig, nicht für einen Mann, der binnen einem Wimpernschlag überallhin reisen konnte. Vielleicht war es gerade deshalb, denn er wollte einen

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