Der Herzausreißer
Kuppler, »der da ist spottbillig und noch gut zu gebrauchen. Was ist mit dir, Lalouët, willst du ihn nicht für deine Gören? Die kann er auf jeden Fall noch hüten.«
»Und zeigen kann er ihnen auch noch einiges!«, sagte ein Mann.
»Das ganz gewiss, und ob!« pflichtete der Kuppler bei. »Na komm schon her, alter Knacker!«
Er hieß ihn aufstehen. Der andere, ganz krumm und gebeugt, trat einen Schritt vor.
»Na zeig den Herrschaften schon, was du in der Hose hast!«, sagte der Kuppler.
Mit zitternden Fingern begann der Alte, seine Hose aufzuknöpfen. Das Innere des Hosenbunds glänzte abgenutzt und fettig. Die Leute brüllten vor Lachen.
»Seht euch das an!«, rief Lalouët. »Der hat ja wirklich noch was drin!«
Er beugte sich über den Alten und wog das armselige Schlappgemächt in der Hand, wobei er sich vor Lachen krümmte.
»Ach, ja! Abgemacht! Den nehm ich«, sagte er zum Kuppler. »Ich geh dir hundert Francs dafür.«
»Topp«, sagte der Kuppler.
Jacquemort wusste zwar, dass solches auf dem Lande üblich war, es war jedoch das erste Mal, dass er einem Alteleutemarkt beiwohnte, und das Spektakel erstaunte ihn.
Der Alte knöpfte sich wieder zu und wartete.
»Marsch, alter Esel!«, sagte Lalouët und versetzte ihm einen Fußtritt, dass er strauchelte. »Los, ihr Rangen, amüsiert euch.«
Der Alte setzte sich mit kleinen Schritten in Bewegung. Zwei Kinder lösten sich aus der Gruppe, das eine fing an, ihm mit einer Gerte den Rücken durchzupeitschen, und das andere klammerte sich an seinen Hals, um ihn zu Fall zu bringen. Der Greis fiel der Länge nach hin, mit der Nase in den Staub. Keiner der Umstehenden schaute hin. Nur Jacquemort beobachtete wie gebannt die Kinder. Der Alte erhob sich auf die Knie, seine aufgeschürfte Nase blutete, und er spuckte irgendetwas aus. Jacquemort wandte sich ab und schloss sich wieder der Hauptgruppe an. Der Kuppler war gerade dabei, eine ungefähr siebzigjährige, kleine dicke Frau feilzubieten, deren spärliches fettstarrendes Haar unter einem alten schwarzen Kopftuch hervorlugte.
»Na wie wär’s, die ist noch in gutem Zustand«, sagte er. »Wer will noch mal, wer hat noch nicht? Und Zähne hat sie auch keine. Das hat seine Vorteile.«
Jacquemort fühlte sich etwas angeekelt. Er musterte aufmerksamer die ihn umgebenden Gesichter. Es waren Männer zwischen fünfunddreißig und vierzig, stämmig, zäh, die Mütze genau waagrecht auf den Kopf gestülpt. Anscheinend eine ausdauernde und widerstandsfähige Rasse. Manch einer trug einen Schnurrbart. Zum Beweis dafür.
»Lumpige sechzig Francs für die Adèle!«, fuhr der Kuppler fort. »Und auch noch zahnlos, wohlgemerkt, bei dem Preis. Ein glatter Knüller. Was ist mit dir, Chrëtien? Und dir, Nufère?«
Er versetzte der Alten einen kräftigen Klaps auf den Rücken.
»Steh auf, dummes Aas, damit man dich sieht! Na also, wenn das kein Geschäft ist!«
Die Alte erhob sich.
»Dreh dich«, befahl der Kuppler. »Zeig den Herrschaften deinen Hintern. Seht euch das an, Leute!«
Jacquemort zwang sich, nicht hinzuschauen. Die Alte stank zu grauenhaft, so dass er sich abwenden musste. Nur schemenhaft nahm er die schauerliche, krampfadernübersäte Fettmasse wahr.
»Fünfzig ...«, kreischte eine Stimme.
»Nimm sie, sie gehört dir!«, rief der Kuppler.
Noch bevor die Alte Zeit gehabt hätte, ihren Kattunkittel wieder herunterzuschlagen, versetzte er ihr einen gewaltigen Stoß in den Rücken, Jacquemort stand neben einem riesigen braunen Koloss von Kerl, der aus vollem Halse lachte. Er legte ihm die Hand auf den Arm.
»Warum lachen Sie?«, fragte er. »Schämen Sie sich denn nicht?«
Der andere brach urplötzlich sein Gelächter ab.
»Was, meinen Sie, soll ich mich ...?«
»Ob Sie sich nicht schämen«, wiederholte Jacquemort sanft. »Es sind alte Leute.«
Noch ehe er wusste, wie ihm geschah, traf ihn ein Faustschlag. Seine Lippe spaltete sich über einem Eckzahn. Blut schoss ihm in den Mund. Er taumelte und fiel vom Gehsteig auf die Straße. Man beachtete ihn nicht. Die Versteigerung ging weiter.
Er rappelte sich auf und klopfte sich mit der flachen Hand den Staub von der Hose. Er stand hinter einem Halbkreis dunkler und feindlicher Rücken.
»Dieser hier«, rief die Stimme des Marktschreiers, »hat ein Holzbein! Sowas wird immer wieder gern gesehen. Hundertzehn Francs zum ersten! Hundertzehn!«
Jacquemort entfernte sich. Am Ende des Platzes schien es in einer Nebenstraße einige Läden zu geben. Dahin ging
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