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Der Herzausreißer

Der Herzausreißer

Titel: Der Herzausreißer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Boris Vian
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großartig«, bemerkte er. »Kann ich noch was davon haben?«
    »Fühlen Sie sich ganz wie zu Hause«, sagte Angel. »Nur keine Umstände.«
    Und wieder Schweigen.
    »Ich sehe mal nach Ihrer Frau«, sagte Jacquemort, indem er sich erhob. »Sie wird sich langweilen so allein.«
    »Oh ja«, sagte Angel. »Gewiss. Kommen Sie nachher wieder zu mir runter, ich hole mittlerweile das Auto aus der Garage, dann fahren wir miteinander die Betten holen.«
    »Also bis gleich«, sagte Jacquemort, der nun aus dem Zimmer trat und auf die Treppe zuging.
    Er klopfte sachte an Clémentines Zimmertür, und sie antwortete, man möge eintreten. Was er tat.
    In Clémentines Bett lagen Clémentine und die drei Säuglinge. Zwei rechts und einer links.
    »Ich bin es«, sagte Jacquemort. »Ich bin gekommen, um nachzusehen, ob Sie irgendetwas brauchen.«
    »Nichts«, sagte sie. »Sind die Betten bald fertig?«
    »Sie müssen fertig sein«, sagte Jacquemort.
    »Wie sehen sie aus?«, fragte sie.
    »Nun ja ...«, antwortete der Psychiater. »Ich glaube, er hat sie mehr oder weniger nach seiner Vorstellung gemacht. Zwei Plätze der Länge nach nebeneinander und einer quer.«
    »Ein größeres also?«, wollte Clémentine wissen.
    »Ich habe es ihm jedenfalls gesagt«, beschied Jacquemort sich klugerweise festzustellen.
    »Sind Sie ordentlich untergebracht?«, fragte Clémentine nach einer Weile Nachdenkens.
    »Mir geht es ausgezeichnet«, versicherte Jacquemort.
    »Sie brauchen also nichts?«
    »Gar nichts ...«
    Einer der kleinen Racker begann sich zu bewegen und unruhig zu werden. In seinem Bauch rumpelte es plötzlich, und sein Affengesichtchen entspannte sich. Clémentine lächelte. Sie tätschelte ihm den Bauch.
    »Da drinnen«, sagte sie, »sitzt sie, die böse kleine Blähung, nicht wahr, mein Knirps.«
    Das zweite begann zu raunzen. Clémentine hob den Blick zur Pendeluhr und sah hierauf Jacquemort an.
    »Zeit zum Stillen«, sagte sie.
    »Dann gehe ich jetzt«, sagte Jacquemort leise.
    Geräuschlos verließ er das Zimmer.
    Clémentine nahm den Säugling und betrachtete ihn. Es war Noël. Sein Mund zog sich in den Winkeln auseinander, und heraus kam dabei ein bibberndes Knarzgeräusch. Schnell legte sie ihn hin und machte eine Brust frei. Darauf nahm sie das Kind wieder hoch und legte es dran. Es fing so zu saugen an, dass es beinah nicht mehr zum Atmen kam. Da nahm sie es mit einem raschen Schwung von der Brustwarze weg. Ein dünner Milchstrahl spritzte hoch im Bogen heraus und fiel auf die feste Halbkugel zurück. Wütend über Clémentines Tat heulte Noël los. Sie legte ihn wieder an die Brust, und er fing, noch etwas quengelnd, sofort wieder mit wilder Gier zu trinken an. Wieder hob sie ihn weg.
    Er schrie noch ärger auf. Clémentine fasste neugieriges Interesse. Sie fing wieder von vorne an. Viermal hintereinander. Halb wahnsinnig vor Zorn nahm Noël eine violette Färbung an. Und auf ein Mal schien es, als wollte er ersticken. Er hatte den Mund schauderhaft zu einem lautlosen Schrei geweitet und Tränen kullerten über seine vor Wut schwarzen Wangen herunter. Clémentine packte sogleich fürchterliche Angst, und sie schüttelte ihn.
    »Noël ..., Noël ..., nun komm schon ...«
    Sie wurde immer verzweifelter. Sie fing an zu rufen. Und da kriegte Noël plötzlich wieder Luft für ein neues Gebrüll. In aller Eile und mit zitternden Händen gab sie ihm wieder die Brust.
    Sogleich beruhigt, begann er wieder gierig zu saugen. Sie strich ihm mit der Hand über die feuchte Stirn. Nie wieder würde sie ihm mit dergleichen kommen.
    Endlich gesättigt, hörte Noël wenige Minuten später auf zu trinken. Er schluckte leer, rülpste ein bisschen und fiel fast unmittelbar darauf in einen von großen Seufzern durchsetzten Schlummer.
    Als sie den Letzten nahm, bemerkte sie, dass er sie ansah. Mit seinem kräuseligen Haarflaum und den schon weit offenen Augen hatte er etwas Beunruhigendes, Hintergründiges an sich, wie ein kleiner fremder Gott. Ein seltsames Lächeln des Einverständnisses spielte in seinem Gesicht.
    Er trank seinen Teil. Von Zeit zu Zeit brach er ab, sah sie an, und ohne den Blick von ihr zu wenden, behielt er ihre Brustwarze im Mund, ohne jedoch hinunterzuschlucken.
    Als er fertig war, legte sie ihn wieder an ihre linke Seite zurück und kehrte ihm den Rücken. Schwaches Atmen hauchte durchs Zimmer.
    Noch verwirrt, streckte sie sich wieder lang hin und ließ ihre Gedanken treiben. Von den drei kleinen Windelbündeln stieg der

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