Der Herzog Von Köln
kerchscher Zeitrechnung.«
»Und nach universaler Zeitrechnung?«
Der Seemann runzelte die Brauen. »Tja, am elften des dritten Monats.«
»Vor drei Monaten«, stellte d’Averc fest.
Coryanthum starrte im unsteten Licht auf den Franzosen. »Vor drei Monaten? Was meint Ihr damit?«
»Man gab euch Drogen ein«, erklärte ihm Falkenmond. »Unter ihrem Einfluss veranlasste man euch zu den abscheulichsten Missetaten, die ein Pirat nur verüben kann. Weißt du etwas über den Kult des Wahnsinnigen Gottes?«
»Ein wenig. Er soll irgendwo in der Ukraine beheimatet sein, man sagt, dass seine Anhänger in letzter Zeit in andere Gebiete vordringen, angeblich sollen sie sogar bis zum Meer vorgestoßen sein.«
»Ist dir klar, dass dieses Schiff unter der Flagge des Wahnsinnigen Gottes segelt? Dass du noch vor ein paar Stunden gewütet und dich in Blutlust vor Lachen gewälzt hast? Sieh dir deinen Körper an …« Falkenmond beugte sich über ihn und zertrennte die Bande. »Lang an deinen Hals.«
Coryanthum von Kerch erhob sich langsam. Erstaunt betrachtete er seine Nacktheit, während seine Finger das Halsband betasteten. »Ich – ich verstehe nicht. Ist dies ein Trick?«
»Ein sehr schlimmer Trick, mit dem wir jedoch nichts zu tun haben«, brummte Oladahn. »Man hat euch mit Drogen vollgestopft, die euch wahnsinnig machten. In dem Zustand brachte man euch dazu, alles zu töten, was euch in den Weg kam, und die Beute einzusammeln. Sicher war euer Kapitän der einzige, der wusste, was mit euch geschehen würde. Er ist ziemlich wahrscheinlich nicht mehr an Bord. Erinnerst du dich an etwas? Wohin sollte eure Fahrt gehen?«
»Ich erinnere mich an absolut nichts.«
»Zweifellos setzte der Kapitän sich noch vor Anbruch der Fahrt ab und beabsichtigte, später an Bord zu kommen, um das Schiff in den Hafen zurückzubringen«, vermutete d’Averc. »Vielleicht gibt es ein Schiff, das ständige Verbindung mit allen anderen hält, wenn sie alle mit solchen Narren wie diesem hier bemannt sind.«
»Es muss ein größerer Vorrat dieser Droge an Bord zu finden sein«, meinte Oladahn. »Zweifellos nahmen die Männer sie regelmäßig ein. Coryanthum konnte sie nur deshalb nicht nehmen, weil wir ihn gebunden hatten – nur darum kam er zu sich.«
»Wie fühlst du dich?« erkundigte sich Falkenmond.
»Schwach – irgendwie ohne Leben und Gefühle.«
»Verständlich«, brummte Oladahn. »Es ist bestimmt eine Droge, die schließlich den Tod herbeiführt. Ein grauenhafter Plan. Man nimmt Nichtsahnende, füttert sie mit einem Mittel, das sie wahnsinnig macht und später tötet, benutzt sie zum Morden und Plündern und sammelt die Beute ein. Ich habe noch nie von etwas Ähnlichem gehört. Ich dachte, der Kult des Wahnsinnigen Gottes bestünde lediglich aus echten Fanatikern, doch nun scheint mir eine sehr kaltblütige und berechnende Intelligenz dahinterzustecken.«
»Auf den Meeren auf jeden Fall«, sagte Falkenmond. »Ich möchte mir den vorknöpfen, der dafür verantwortlich ist. Er allein mag wissen, wo Yisselda zu finden ist.«
»Ich schlage vor, wir holen erst einmal das Segel ein«, meinte d’Averc. »Die Flut wird uns in den Hafen treiben, und ich glaube, unser Empfang ließe zu wünschen übrig, wenn man das Segel sähe. Wir wollen doch die Schätze, die hier an Bord liegen, nutzbringend anwenden. Wir sind jetzt reiche Leute!«
»Ihr seid nach wie vor mein Gefangener, d’Averc«, erinnerte Falkenmond ihn. »Aber es stimmt, wir könnten einen kleinen Teil der Schätze 1 für unsere Weiterreise verwenden und den größeren einem ehrlichen Mann anvertrauen, damit er sich um die Entschädigung jener bemühe, die durch die wahnsinnigen Piraten Verluste erlitten.«
»Und dann?« fragte Oladahn.
»Dann setzen wir erneut Segel – und warten darauf, dass der Eigner nach seinem Schiff sucht.«
»Können wir sicher sein, dass er das tun wird? Was ist, wenn er von unserem Besuch in Simferopol erfährt?«
Falkenmond lächelte grimmig. »Dann wird er uns zweifellos erst Recht suchen.«
8 Der Mann des Wahnsinnigen Gottes
So wurden die Schätze in Simferopol verkauft. Einen Teil des Erlöses benutzte Falkenmond, um Proviant, eine neue Ausrüstung und Ersatz für die Pferde zu erstehen, die sie in Zonguldak hatten zurücklassen müssen. Den Rest übergab er zur Verwaltung einem Kaufmann, der ihm als der ehrlichste der ganzen Krim empfohlen worden war. Kurz nach ihnen war auch die Lächelnde Maid im Hafen eingelaufen.
Weitere Kostenlose Bücher